Entscheidungsstichwort (Thema)
Einheitsbewertung des Grundvermögens in den neuen Bundesländern nach Wegfall der Grundsteuerbefreiung gem. § 43 GrStG bis 31. 12. 1992
Leitsatz (redaktionell)
Bei einem in den neuen Bundesländern belegenen Mietwohngrundstück, das gem. § 43 GrStG bis 31. 12. 1992 von der Grundsteuer befreit war, führt die Vermietung einer Wohneinheit zu gewerblichen Zwecken zu einer Nachfeststellung auf den 1. Januar 1991 und zur Bewertung als Geschäftsgrundstück.
Nach Wegfall der Grundsteuervergünstigung ist auf den 1. Januar 1993 eine Wert- und Artfortschreibung vorzunehmen und das Grundstück als Mietwohngrundstück zu bewerten.
Zum Verhältnis der §§ 132 BewG und §§ 42 ff. GrStG zu §§ 2, 19, 12 und 23 BewG.
Normenkette
BewG § 132 Abs. 1, § 22 Abs. 4, § 2 Abs. 1, § 75 Abs. 1 Nr. 2; GrStG § 43
Nachgehend
Tatbestand
Die Klägerin ist Eigentümerin des Grundstücks W-Str. mit aufstehendem Gebäude. Das 1982 bezugsfertig gewordene Gebäude enthält 106 Wohneinheiten (Nutzfläche 7.336 qm), von denen seit dem 1. November 1990 eine, seit dem 1. Januar 1992 eine zweite und seit dem 1. April 1993 eine dritte Wohneinheit zu gewerblichen Zwecken (Vermietungsbüro 73 qm, Elektrounternehmen 32 qm, Malerbetrieb 32 qm) vermietet sind. Die Steuerbefreiung nach § 43 Grundsteuergesetz - GrStG - endete mit Ablauf des 31. Dezember 1992.
Für 1993 gab die Klägerin eine Grundsteueranmeldung hinsichtlich aller Wohneinheiten (7.336,29 qm x 3,33 DM = 24.429,80 DM) ab, die der Beklagte anerkannte.
Nachdem die Klägerin am 5. Dezember 1995 die Erklärung zur Feststellung des Einheitswertes auf den 1. Januar 1991 abgegeben hatte, erließ der Beklagte unter dem 26. März 1997 im Wege der Nachfeststellung je einen Einheitswert- (Wert-, Art-, Zuordnungs- und Zurechnungsfeststellung) und Grundsteuermessbescheid auf den 1. Januar 1991 bezüglich des Versicherungsbüros - Grundstücksart: Geschäftsgrundstück, Zuordnung als Betriebsgrundstück des gewerblichen Betriebes - und im Wege der Fortschreibung je einen Einheitswert- (Wert- und Artfortschreibung) und Grundsteuermessbescheid auf den 1. Januar 1993 bezüglich aller Wohneinheiten, des Versicherungsbüros und des Elektrounternehmens - Grundstücksart: Mietwohngrundstück; nachträglich mitgeteilte Zuordnung als Betriebsgrundstück des gewerblichen Betriebes.
Die Einsprüche der Klägerin mit dem Begehren völliger Grundsteuerbefreiung bis Ende 1992, da die gewerblich genutzte Wohnfläche von untergeordneter Bedeutung und ab 1993 die Grundsteuer gemäß § 42 ff. GrStG zu veranlagen sei, wies der Beklagte als unbegründet zurück.
In ihrer Klage trägt die Klägerin vor: Der Beklagte habe entgegen der Vorschrift des § 132 Bewertungsgesetz - BewG - einen Teileinheitswert (Geschäftsgrundstück) auf den 1. Januar 1991 festgestellt und diesen Teileinheitswert als Voraussetzung für die Fortschreibung auf den 1. Januar 1993 zu einem Gesamteinheitswert des Mietwohngrundstücks fortgeschrieben. Damit unterlaufe der Beklagte die Spezialvorschrift des § 42 GrStG.
Nach § 132 Abs. 2 BewG seien keine Einheitswerte für Mietwohngrundstücke festzustellen, weder eine Nachfeststellung auf den 1. Januar 1991 noch eine Fortschreibung auf den 1. Januar 1993 seien rechtmäßig. Vorrangig sei die Anwendung des § 42 Abs. 1 GrStG, ggf. unter Aufteilung der Ersatzbemessungsgrundlage nach den Wohn- und den gewerblichen Nutzflächen. Dies gelte auch zum 1. Januar 1991 für den nicht wohnlich genutzten Teil von untergeordneter Bedeutung. Denn insgesamt handele es sich nach § 75 Abs. 1 Nr. 2 in Verbindung mit Abs. 2 BewG bewertungsrechtlich um ein Mietwohngrundstück, weshalb § 132 Abs. 2 Satz 1 BewG schon zum 1. Januar 1991 für den gewerblich genutzten Teil zur Anwendung gelange. Anderenfalls würde bereits zu diesem Stichtag der Vereinfachungsgedanke der Übergangsvorschrift ausgehebelt.
Aufgrund der Eindeutigkeit der Gesetzeslage sei die Nichtigkeit der angegriffenen Verwaltungsakte gegeben.
Die Klägerin beantragt,
die Einheitswertbescheide auf den 1. Januar 1991 und 1993 vom 26. März 1997 in Gestalt der Einspruchsentscheidungen vom 11. Juni 1998 ersatzlos aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Beide Beteiligte beantragen hilfsweise,
die Revision zuzulassen.
Der Beklagte erwidert: Mit zulässiger Feststellung des Einheitswertes für den gewerblich genutzten Teil des Grundstücks auf den 1. Januar 1991 als Geschäftsgrundstück (im Hinblick auf § 19 Abs. 4 BewG) finde auf den 1. Januar 1993 die Ersatzbemessungsgrundlage nach § 132 Abs. 2 BewG keine Anwendung mehr, weil eine wirksame Feststellung für die wirtschaftliche Einheit bereits vorliege. Bei der Feststellung auf den 1. Januar 1993 handele es sich nicht um eine Nachfeststellung (für die § 132 Abs. 2 BewG Anwendung fände), sondern in erster Linie um eine Art- und damit verbunden um eine Wertfortschreibung. Würde für diese Artfortschreibung vom Geschäfts- zum Mietwohngrundstück die hier nicht zutreffende Spezialvorschrift des § 132 Abs. 2 BewG...