Entscheidungsstichwort (Thema)

Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Aufforderung zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung setzt nicht voraus, daß die Finanzbehörde zuvor vergeblich versucht hat, eine eidesstattliche Versicherung nach § 249 Abs. 2 AO zu erhalten.

 

Normenkette

BGB § 226; AO § 284 Abs. 3, 1; GG Art. 2

 

Tatbestand

Der Beklagte betreibt gegen den Kläger, einen freiberuflich tätigen Wirtschaftsprüfer und Fachanwalt für Steuerrecht, die Zwangsvollstreckung wegen Abgabenrückständen in Höhe von rund ... Der Kläger lebt seit Ende 1999 von seiner Ehefrau getrennt, gegenüber der der Beklagte ebenfalls ein Vollstrekkungsverfahren betreibt. Der Beklagte erließ antragsgemäß Aufteilungsbescheide für die Einkommensteuer 1990 bis 1997. Am 20. April 2000 unternahm er den Versuch einer Sachpfändung in der Kanzlei des Klägers, der jedoch erfolglos blieb. Gleichfalls erfolglos verlief der Versuch einer Sachpfändung in der Wohnung des Klägers. Am ... hatten die Eheleute dem Beklagten die ausgefüllten und unterschriebenen Formblätter „Vollstr. 72 - Darstellung der wirtschaftlichen Verhältnisse zum Januar 2000“ eingereicht.

Mit Schreiben vom 8. Juni 2000 forderte der Beklagte den Kläger mittels Vordruck auf, am 17. Juli 2000 nach § 284 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO 1977) mitübersandte Vermögensverzeichnisse ausgefüllt vorzulegen sowie für seine Forderungen den Grund und die Beweismittel zu bezeichnen und nach § 284 Abs. 3 AO 1977 zu Protokoll an Eides Statt zu versichern, daß er seine Angaben in und zu dem Vermögensverzeichnis nach bestem Wissen und Gewissen richtig und vollständig gemacht habe. Hiergegen legte der Kläger nach einer Vorsprache in der Vollstreckungsstelle des Beklagten, die am ... stattfand, Einspruch ein. In seinem Einspruchsbegründungsschreiben vom ... bat er um eine Unterredung mit dem Vorsteher des Beklagten. Daraufhin wurde der Termin ..., nicht aber die Ladung als solche (= der Bescheid vom ...) vom Beklagten aufgehoben und der Kläger hierüber telephonisch benachrichtigt. Eine eidesstattliche Versicherung über seine Vermögensverhältnisse hat der Kläger unstreitig bislang noch nie abgegeben.

Am ... fand das gewünschte Gespräch des Klägers mit dem Vorsteher des Beklagten ... und der zuständigen Sachgebietsleiterin ... sowie der Sachbearbeiterin statt. In einem Aktenvermerk der Sachbearbeiterin über das Gespräch vom gleichen Tage, welcher vom Vorsteher und von der Sachgebietsleiterin abgezeichnet wurde, heißt es auszugsweise:

„... legte dar, daß vorübergehende Schulden akzeptabel sind, d. h. für ca. 1/2 bis 1 Jahr, nicht aber eine schlechte wirtschaftliche Situation über mehrere Jahre (hier sind es bereits 3-4 Jahre). Da die Rückstände in nicht unerheblichem Maße (u. a. auch durch die Schätzungen der letzten Jahre und die daraus resultierenden laufenden Vorauszahlungen) gestiegen, auch Umsatzsteuern in den Rückständen enthalten sind und die geschilderte Zukunftsaussicht nicht zu beurteilen ist, ist die geforderte eidesstattliche Versicherung ermessensgerecht und somit vertretbar.

... verwies gleichzeitig auf die Tatsache, daß alle vor einer Ladung zur e. V. möglichen Vollstreckungsmaßnahmen ausgeschöpft wurden, nunmehr aber unter Berücksichtigung der Verhältnismäßigkeit keine andere Möglichkeit als die Abgabe der e. V. besteht.

Ferner wurde dargelegt, daß der eingereichte VO 72 auch nicht als ausreichend angesehen werden muß. Auch eine Versicherung an Eides Statt gemäß § 95 AO könne nicht als hinreichende Sicherheit wahrheitsgemäßer Auskünfte akzeptiert werden. Lt. BFH-Urteil ist allein § 284 AO i. V. m. § 807 ZPO maßgebend (BStBl 92 II S. 57).

Abschließend wurde von ... darauf hingewiesen, daß im Falle von Abgabenrückständen insbesondere bei Rechtsanwälten lt. OFD eine Berichtspflicht hinsichtlich der finanziellen Situation besteht. Außerdem muß ggf. geprüft werden, ob ein Insolvenzverfahren angemessen ist.

... muß folglich eine ablehnende Einspruchsentscheidung erwarten.“

Mit Einspruchsentscheidung ... unterschrieben von ..., wies der Beklagte den Einspruch gegen den Bescheid vom ... als unbegründet zurück. In den Gründen des Bescheids wird auf einen Steuerrückstand in Höhe von 615.801,94 DM hingewiesen. Weiter wurde ausgeführt, daß von künftigen Vollstreckungsmaßnahmen keine vollständige Befriedigung des Steuergläubigers zu erwarten sei. Die Vorlage des ausgefüllten Vordrucks „Vollstr. 72“ durch den Kläger genüge den Anforderungen an eine mit hinreichender Sicherheit wahrheitsgemäße Auskunft nicht. Das Gleiche gelte für eine Versicherung an Eides Statt gemäß § 95 AO 1977 (Hinweis auf BFH-Urteil vom 24. September 1991 VII R 34/90, Sammlung der amtlich veröffentlichten Urteile des BFH - BFHE 151, 111, Bundessteuerblatt - BStBl - 1992, 57). Der BFH habe entschieden, daß allein eine eidesstattliche Versicherung eines Vermögensverzeichnisses gemäß § 284 AO 1977 i. V. m. § 807 ZPO maßgebend sei und diese seitens der Behörde verlangt werden könne, auch wenn die Bereitschaft b...

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