Entscheidungsstichwort (Thema)
EuGH-Vorlage zur Vereinbarkeit des Zuschlags nach § 162 Abs. 4 AO (wegen unzureichender Erfüllung der Aufzeichnungspflichten für Auslandssachverhalte gemäß § 90 Abs. 3 AO) mit Unionsrecht
Leitsatz (redaktionell)
Dem Gerichtshof der Europäischen Union wird folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:
Sind die die Niederlassungsfreiheit gewährleistenden Art. 43 EGV bzw. 49 AEUV (bzw. die die Dienstleistungsfreiheit gewährleistenden Art. 49 EGV bzw. Art. 56 AEUV) so auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung entgegenstehen, wonach der Steuerpflichtige bei Sachverhalten, die Vorgänge mit Auslandsbezug betreffen, über die Art und den Inhalt seiner Geschäftsbeziehungen mit nahestehenden Personen Aufzeichnungen zu erstellen hat, welche auch die wirtschaftlichen und rechtlichen Grundlagen für eine den Grundsatz des Fremdvergleichs beachtende Vereinbarung von Preisen und anderen Geschäftsbedingungen mit den Nahestehenden umfassen, und wonach dann, wenn der Steuerpflichtige die genannten Aufzeichnungen auf Anforderung der Finanzverwaltung nicht vorlegt, oder die vorgelegten Aufzeichnungen im Wesentlichen unverwertbar sind, nicht nur widerlegbar vermutet wird, dass seine im Inland steuerpflichtigen Einkünfte, zu deren Ermittlung die Aufzeichnungen dienen, höher als die von ihm erklärten Einkünfte sind und, wenn in solchen Fällen die Finanzbehörde eine Schätzung vorzunehmen hat und diese Einkünfte nur innerhalb eines bestimmten Rahmens, insbesondere nur auf Grund von Preisspannen bestimmt werden können, dieser Rahmen zu Lasten des Steuerpflichtigen ausgeschöpft werden kann, sondern außerdem ein Zuschlag festzusetzen ist, der mindestens 5 % und höchstens 10 % des ermittelten Mehrbetrags der Einkünfte, aber mindestens 5.000 Euro, und bei verspäteter Vorlage von verwertbaren Aufzeichnungen bis zu 1.000.000 Euro, mindestens jedoch 100 Euro für jeden vollen Tag der Fristüberschreitung, beträgt, wobei von der Festsetzung eines Zuschlags nur dann abzusehen ist, wenn die Nichterfüllung der Aufzeichnungspflichten entschuldbar erscheint oder ein Verschulden nur geringfügig ist?
Normenkette
AO § 90 Abs. 3, § 162 Abs. 3-4; EGV Art. 43, 49; AEUV Art. 49, 56; AStG § 1 Abs. 2
Nachgehend
Tenor
1. Dem Gerichtshof der Europäischen Union wird folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:
Sind die die Niederlassungsfreiheit gewährleistenden Art. 43 EGV bzw. 49 AEUV (bzw. die die Dienstleistungsfreiheit gewährleistenden Art. 49 EGV bzw. Art. 56 AEUV) so auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung entgegenstehen, wonach der Steuerpflichtige bei Sachverhalten, die Vorgänge mit Auslandsbezug betreffen, über die Art und den Inhalt seiner Geschäftsbeziehungen mit nahestehenden Personen Aufzeichnungen zu erstellen hat, welche auch die wirtschaftlichen und rechtlichen Grundlagen für eine den Grundsatz des Fremdvergleichs beachtende Vereinbarung von Preisen und anderen Geschäftsbedingungen mit den Nahestehenden umfassen, und wonach dann, wenn der Steuerpflichtige die genannten Aufzeichnungen auf Anforderung der Finanzverwaltung nicht vorlegt, oder die vorgelegten Aufzeichnungen im Wesentlichen unverwertbar sind, nicht nur widerlegbar vermutet wird, dass seine im Inland steuerpflichtigen Einkünfte, zu deren Ermittlung die Aufzeichnungen dienen, höher als die von ihm erklärten Einkünfte sind und, wenn in solchen Fällen die Finanzbehörde eine Schätzung vorzunehmen hat und diese Einkünfte nur innerhalb eines bestimmten Rahmens, insbesondere nur auf Grund von Preisspannen bestimmt werden können, dieser Rahmen zu Lasten des Steuerpflichtigen ausgeschöpft werden kann, sondern außerdem ein Zuschlag festzusetzen ist, der mindestens 5 Prozent und höchstens 10 Prozent des ermittelten Mehrbetrags der Einkünfte, aber mindestens 5.000 Euro, und bei verspäteter Vorlage von verwertbaren Aufzeichnungen bis zu 1.000.000 Euro, mindestens jedoch 100 Euro für jeden vollen Tag der Fristüberschreitung, beträgt, wobei von der Festsetzung eines Zuschlags nur dann abzusehen ist, wenn die Nichterfüllung der Aufzeichnungspflichten entschuldbar erscheint oder ein Verschulden nur geringfügig ist.
2. Das Verfahren wird bis zur Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union ausgesetzt.
Tatbestand
I.
Sachverhalt
Die Klägerin wendet sich mit ihrer Klage bei dem Finanzgericht Bremen gegen die Festsetzung eines Zuschlags nach § 162 Abs. 4 Abgabenordnung (AO) für die Veranlagungszeiträume 2007 bis 2010 in Höhe von 20.000 Euro pro Jahr, insgesamt 80.000 Euro.
Die Klägerin ist eine Kommanditgesellschaft, die ihren Sitz in den Streitjahren in Bremen hatte. Gegenstand ihres Unternehmens war das Halten und Verwalten von Beteiligungen, insbesondere von in Deutschland ansässigen Unternehmen, sowie die Erbringung von Service-, Beratungs- und Managementleistungen gegenüber verbundenen Unternehmen und Dritten. Sie hielt 100 % der Anteile an einer Tochter-GmbH mit Sitz in Deutschland, welche wiederum 100...