Tenor
1. Das Verfahren wird ausgesetzt.
2. Es wird die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts darüber eingeholt, ob § 33 a Abs. 2 Nr. 1 EStG in der Fassung des Haushaltsbegleitgesetzes 1983 vom 20. Dezember 1982 (BGBl. I 1982, 1857 – Art. 1 Nr. 8 a –) mit dem Grundgesetz vereinbar ist.
3. Der Beschluß ist unanfechtbar.
Tatbestand
A
Streitig ist, ob § 33 a Abs. 2 Nr. 1 EStG in der für das Streitjahr 1984 geltenden Fassung (im folgenden EStG) mit dem Grundgesetz (GG) vereinbar ist.
Die zusammenveranlagten Kläger haben zwei Töchter, die im Veranlagungszeitraum das 18. Lebensjahr vollendet hatten (1961 und 1965 geboren) und sich noch in der Berufsausbildung befanden. Die ältere Tochter studierte während des ganzen Jahres an der … Universität in B., wo sie auch wohnte. Die jüngere Tochter besuchte bis zum … das Gymnasium in Bremen, das sie mit dem Abitur verließ. Ab … studierte sie an der Universität in O. und wohnt seitdem auch dort, bis Ende … lebte sie im Haushalt der Kläger. Beide Töchter waren im Streitjahr auch in geringem Umfang beruflich tätig und erzielten einen Bruttoarbeitslohn von … DM (ältere Tochter) und … DM (jüngere Tochter). Für beide Kinder erhielt der Kläger Kindergeld nach dem Bundeskindergeldgesetz (BKGG). In ihrer Einkommensteuererklärung beantragten die Kläger die Gewährung der Ausbildungsfreibeträge nach § 33 a Abs. 2 Nr. 1 EStG für die beiden Töchter. Im Steuerbescheid vom … legte das Finanzamt (FA) der Berechnung der zu gewährenden Ausbildungsfreibeträge die in § 33 a Abs. 2 Nr. 1 a und b EStG vorgesehenen Beträge von … DM bzw. … DM zugrunde und gewährte unter Berücksichtigung der eigenen Einkünfte der Töchter einen Ausbildungsfreibetrag von insgesamt … DM (… DM für die ältere Tochter und … DM für die jüngere Tochter). Der Einspruch der Kläger gegen diesen Steuerbescheid, mit dem sie die Verfassungswidrigkeit des § 33 a Abs. 2 Nr. 1 EStG geltend machten, hatte keinen Erfolg.
Mit ihrer Klage machen die Kläger geltend, die in § 33 a Abs. 2 Nr. 1 EStG enthaltenen Ausbildungsfreibeträge, insbesondere die durch das Haushaltsbegleitgesetz 1983 gekürzten Freibeträge seien im Hinblick auf die ihnen als Eltern unterhaltsberechtigter Kinder obliegende Unterhaltspflicht realitätsfremd und damit verfassungswidrig. Es liege ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG und das daraus abzuleitende Gebot der Steuergerechtigkeit vor. Außerdem verstoße die Regelung gegen Art. 6 Abs. 1 GG, wonach Ehe und Familie unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung stehen. Die Kläger führen dies unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG), insbesondere die Entscheidungen vom 22. Februar 1984 1 BvL 10/80 (BVerfGE 66, 214) und vom 4. Oktober 1984 1 BvR 789/79 (BVerfGE 67, 290) aus. Aus dieser Rechtsprechung ergebe sich, daß der Gesetzgeber für die Berücksichtigung zwangsläufiger Unterhaltsaufwendungen – diese seien im Streitfall gegeben – keine realitätsfremden Grenzen ziehen dürfe. Daß die in § 33 a Abs. 2 Nr. 1 EStG festgesetzten Ausbildungsfreibeträge mit 1.200 DM für im Haushalt des Steuerpflichtigen untergebrachte und mit 2.100 DM für auswärts untergebrachte Kinder realitätsfern seien, folge aus der Höhe der im Sozialhilferecht bestehenden Regelsätze. Danach beliefen sich die Sozialhilfeleistungen bei einem über 18 Jahre alten Kind, das im Haushalt der Eltern lebe, auf 607 DM monatlich und für ein auswärts untergebrachtes Kind über 18 Jahre auf 783 DM monatlich. Im Hinblick auf diese Beträge seien die Ausbildungsfreibeträge des § 33 a Abs. 2 Nr. 1 EStG auch unter Berücksichtigung des Kindergeldes nach dem BKGG und des Kinderfreibetrags nach § 32 a Abs. 8 EStG in keiner Weise angemessen.
Die Kläger beantragen,
die Einspruchsentscheidung vom … aufzuheben und unter Änderung des Einkommensteuerbescheides für 1984 vom … die Einkommensteuer unter Gewährung eines höheren Ausbildungsfreibetrags niedriger festzusetzen.
Das FA beantragt,
die Klage abzuweisen.
Eine Gewährung höherer Ausbildungsfreibeträge widerspreche dem eindeutigen Wortlaut des wirksam zustandegekommenen EStG. Die von den Klägern für ihre Rechtsauffassung angeführten Entscheidungen des BVerfG gäben für die Entscheidung im Streitfall nichts her, da sie zu § 33 a Abs. 1 EStG ergangen seien.
Die Beteiligten haben übereinstimmend auf mündliche Verhandlung verzichtet (§ 90 Abs. 2 FGO).
Entscheidungsgründe
B
I.
Die Entscheidung des Rechtsstreits hängt von der Gültigkeit des § 33 a Abs. 2 Nr. 1 EStG i.d.F. des HessRelG begleit gr. 1983 v. 2. Dez. 1981 (BGBl. I 1982, 185) ab:
Ist die Bestimmung gültig, muß die Klage abgewiesen werden. Ist sie verfassungswidrig, kann der angefochtene Einkommensteuerbescheid, soweit er auf ihr beruht, keinen Bestand haben.
II.
§ 33 a Abs. 2 Nr. 1 EStG verstößt sowohl gegen Art. 3 Abs. 1 als auch gegen Art. 6 Abs. 1 GG.
1. Die Bestimmung verstößt gegen Art. 3 Abs. 1 GG:
1.1. Die Einkommensbesteuerung hat sich nach der persönlichen Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen zu richten. Die...