Entscheidungsstichwort (Thema)
Umsatzsteuerliche Behandlung der von einer gemeinnützigen GmbH für die Benutzung einer Eissporthalle vereinnahmten Entgelte. Voraussetzungen des § 65 AO für die Annahme eines Zweckbetriebs bei Unterhaltung eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs
Leitsatz (redaktionell)
1. Mit dem Betrieb einer Eislaufhalle und deren Überlassung für den Eislauf, das (Sledge-)Eishockey und im Sommer gelegentlich für das Inlineskaten fördert eine gemeinnützige GmbH den Sport i. S. v. § 52 Abs. 2 Nr. 2 AO in Gestalt des Eissports und des Skatesports.
2. Mit der Gestattung der entgeltlichen Nutzung der Eislaufhalle zum Eislaufen, (Sledge-)Eishockeyspielen und Inlineskaten unterhält die Klägerin einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb nach § 14 Satz 1 AO; dabei handelt es sich allerdings um einen für die Steuervergünstigung nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG unschädlichen Zweckbetrieb i. S. d. § 65 AO, und zwar nicht nur hinsichtlich des Publikumseislaufs, sondern auch insoweit, als die Halle Sportvereinen entgeltlich überlassen wird, die diese ihrerseits ihren Mitgliedern zur Durchführung von Eissport oder Skatesport zur Verfügung stellen.
3. Bei ortsbezogenen Leistungen, zu denen auch die Überlassung einer Eisfläche in einer stationären Eislaufhalle gehört, beschränkt sich die Nachfragegruppe auf Personen im Umkreis. Anbieter von ortsbezogenen Leistungen können daher von vornherein nur örtlich beschränkt in Wettbewerb mit anderen Anbietern treten.
4. Der Umstand, dass der Betrieb der Eislaufhalle nur mit öffentlichen Zuschüssen aufrechterhalten werden konnte, erlaubt nicht den Schluss, dass es sich wegen eines vermeidbaren Eingriffs in den Wettbewerb um keinen Zweckbetrieb handelte und deshalb der ermäßigte Umsatzsteuersatz versagt werden muss.
Normenkette
AO § 65 Nr. 3, §§ 14, 52 Abs. 1, 2 Nr. 2, § 58 Nr. 4; UStG 1993 § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a; UStG 1999 § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a
Nachgehend
Tenor
Die Umsatzsteuerbescheide für 1998 und 1999 vom 3. November 2004 und der Umsatzsteuerbescheid für 2000 vom 20. Dezember 2006, alle in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 24. Januar 2008, werden dahin geändert, dass die Umsatzsteuer 1998 auf ./. … EUR, die Umsatzsteuer 1999 auf ./. … EUR und die Umsatzsteuer 2000 auf ./. … EUR festgesetzt wird.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.
Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren war notwendig.
Die Entscheidung ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten vor dem Hintergrund der Wettbewerbsklausel des § 65 Nr. 3 AO darüber, ob die Entgelte, die eine gemeinnützige Gesellschaft mit beschränkter Haftung (nachfolgend abgekürzt: GmbH) für die Benutzung ihrer Eislaufhalle zum Eislaufen und zu ähnlichen sportlichen Betätigungen einnimmt, dem ermäßigten Steuersatz gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a des Umsatzsteuergesetzes in der in den Streitjahren geltenden Fassung (UStG) unterliegen.
…
Die Klägerin verfolgt nach ihrer Satzung ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke. Gegenstand ihres Unternehmens ist die Förderung des öffentlichen Gesundheitswesens und die Förderung des Sports in ….
…
Sie betreibt u.a. eine Eislaufhalle.
…
Zum Kreis der Benutzer der Eislaufhalle zählen überwiegend Kinder und Jugendliche. Sie besuchen die Eislaufhalle sowohl als Einzelpersonen als auch als Mitglieder von Schulklassen und Sportvereinen. Die Benutzer der Eislaufhalle stammen ganz überwiegend aus dem Stadtgebiet … und der näheren Umgebung. Ca. 89 % der Besucher kommen aus einem Umkreis von bis zu 50 km. …
Mit Schreiben vom 6. Dezember 2004 legte die Klägerin gegen den geänderten Umsatzsteuerbescheid für 1998 und den Umsatzsteuerbescheid für 1999 vom 3. November 2004 Einspruch ein. Gegen den Umsatzsteuerbescheid für 2000 vom 20. Dezember 2006 legte sie mit Schreiben vom 24. Januar 2007 Einspruch ein. Zur Begründung ihrer Einsprüche trug sie Folgendes vor:
Die Überlassung der Eislaufhalle an Vereine, Gruppen und die Öffentlichkeit zum Eislaufen stelle einen Zweckbetrieb dar, dessen Umsätze gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG mit 7 % zu besteuern seien. Sie diene dazu, die steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke der Klägerin zu verwirklichen. Als gemeinnützige GmbH habe sie keine „Mitglieder” und müsse daher nach außen treten, um ihre satzungsmäßigen Zwecke zu verwirklichen. Die Überlassung der Eislaufhalle an Vereine, Gruppen und die Öffentlichkeit sei der einzige Weg, um kostendeckend in … eine Eislaufmöglichkeit anzubieten. Die Nachfrage nach Eislaufgelegenheiten sei in … zwar vorhanden, aber begrenzt. Anders als in Süddeutschland fehle ...