rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Abgeltungsteuer: Von derselben natürlichen Person beherrschte Schwester-Kommanditgesellschaften als einander nahestehende Personen i.S. des § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a EStG. Zusammenrechnung der unmittelbaren Stimmrechte als Kommanditist mit den mittelbar als Gesellschafter der Komplementär-GmbH ausgeübten Stimmrechten bei der KG. Anwendung von § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a EStG nicht nur bei missbräuchlicher Gestaltung und auch für vor dem 1.1.2009 erfolgte Kapitalüberlassungen
Leitsatz (redaktionell)
1. Erzielt eine Kommanditgesellschaft ohne gewerbliche Prägung aus der verzinslichen Kapitalüberlassung an eine Schwester-Kommanditgesellschaft Kapitaleinkünfte, so handelt es sich bei den Personengesellschaften mit der Folge der Nichtanwendung des Abgeltungsteuersatzes (§ 32d Abs. 1 Satz 1 EStG) auf die Kapitaleinkünfte um „einander nahestehende Personen” i.S. des § 32 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a EStG, wenn beide Gesellschaften von einer natürlichen Person beherrscht werden.
2. Ist eine natürliche Person alleiniger Kommanditist sowie alleiniger Gesellschafter der Komplementär-GmbH der darlehensgebenden KG und hält er bei der Schwester-KG zwar nur ein Drittel der Kommanditanteile, ist er dort aber ebenfalls alleiniger Gesellschafter der Komplementär-GmbH und verfügt er bei Zusammenrechnung der unmittelbaren Stimmrechte aus seiner Kommanditbeteiligung mit den ihm mittelbar zuzurechnenden Stimmrechten der Komplementär-GmbH insgesamt über die Mehrheit der Stimmrechte bei der Schwester-KG, so beherrscht die natürliche Person beide Schwester-Kommanditgesellschaften. Der Abgeltungsteuersatz kann demnach nicht auf die Kapitaleinkünfte der darlehensgebenden KG angewendet werden, wenn nach dem Gesellschaftsvertrag Gesellschafterbeschlüsse mit einfacher Stimmenmehrheit zustande kommen. Eine Zusammenrechnung der eigenen Stimmrechte der natürlichen Person und der Stimmrechte der Komplementär-GmbH ist weder wegen zwischen den Gesellschaftern KG bestehender Treuepflichten noch wegen gesundheitlicher Beeinträchtigungen der natürlichen Person noch wegen des Umstands ausgeschlossen, dass für die Komplementär-GmbH zwei weitere Personen alleinvertretungsberechtigt sind.
3. Einen beherrschenden Einfluss auf eine Personengesellschaft kann grundsätzlich ausüben, wer gemessen an dem vereinbarten Stimmrechtsverhältnis in der Lage ist, seine Mitgesellschafter zu überstimmen (vgl. BFH, Urteil v. 11.12.1990, VIII R 14/87, BStBl 1991 II S. 510).
4. Die Anwendung des § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a EStG setzt nicht die Feststellung einer missbräuchlichen Gestaltung im Einzelfall voraus. Insbesondere kommt es nicht darauf an, ob die Kapitalüberlassung vor oder nach Einführung der Abgeltungsteuer zum 1.1.2009 erfolgt ist und ob die Kapitalüberlassung fremdüblich gestaltet wurde.
Normenkette
EStG § 32d Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a, § 20 Abs. 1 Nr. 7, § 11 Abs. 1, § 52a Abs. 15
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Anwendung des sogenannten Abgeltungsteuersatzes gemäß § 32d Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) für Einkünfte aus Kapitalvermögen.
Bei der Klägerin handelt es sich um eine Kommanditgesellschaft ohne gewerbliche Prägung. Sie betätigte sich als Grundstücksverwaltungsgesellschaft, bevor sie 2007 das letzte Vermietungsobjekt veräußerte.
Im Jahr 2008 überließ die Klägerin der Grundstücksverwaltung M. KG verzinslich Kapital. Die hieraus resultierenden Zinsen wurden der Klägerin in den Folgejahren auf einem Verrechnungskonto der M. KG gutgeschrieben. In 2013 erfolgten Gutschriften in Höhe von … Euro und in 2014 in Höhe von … Euro. Die M. KG berücksichtigte die Beträge als Betriebsausgaben.
In den Streitjahren waren an der Klägerin G. als alleiniger Kommanditist mit einer Kommanditeinlage in Höhe von … DM und die L. GmbH als persönlich haftende Gesellschafterin beteiligt. Laut Gesellschaftsvertrag der Klägerin vom … war die L. GmbH zur Vertretung und Geschäftsführung berechtigt. G. war als Prokurist der Klägerin im Handelsregister eingetragen.
An der M. KG waren zunächst G als alleiniger Kommanditist mit einer Kommanditeinlage in Höhe von … DM und die L. GmbH als persönlich haftende Gesellschafterin beteiligt. Im Jahr 2012 traten die Ehefrau und der Sohn des G., M. und H., in die M. KG ein. Seitdem belief sich die Kommanditeinlage für alle drei Kommanditisten auf jeweils … Euro. Die L. GmbH war als alleinvertretungsberechtigte Geschäftsführerin im Handelsregister eingetragen.
§ 5 des Gesellschaftsvertrags der M. KG lautet auszugsweise:
„II) Abgestimmt wird nach Kapitaleinlagen. Je DM 1.000 Kapitaleinlage gewähren eine Stimme. Das Stimmrecht des Kommanditisten bestimmt sich nach seiner Kommanditeinlage gemäß § 3 Ziffer III. Für das Stimmrecht der GmbH ist maßgebend ihr Stammkapital.
III) Gesellschafterbeschlüsse kommen mit einfacher Stimmenmehrheit zustande. In Gesellschafterversammlung...