Entscheidungsstichwort (Thema)
Bei doppelstöckigen Personengesonengesellschaften vollständige gewerbesteuerliche Erfassung des Gewinns aus der Veräußerung von Anteilen der Obergesellschaft bei der Obergesellschaft, auch soweit der Gewinn auf stillen Reserven der Untergesellschaften beruht
Leitsatz (redaktionell)
1. Wird bei einer doppelstöckigen Personengesellschaft ein Mitunternehmeranteil der Obergesellschaft veräußert, gehört zum Gewerbeertrag der Obergesellschaft auch der Veräußerungsgewinn, der auf dem Wegfall des negativen Kapitalkontos beruht, wenn das negative Kapitalkonto des Mitunternehmers auf negativen Kapitalkonten der Obergesellschaft bei Untergesellschaften beruht.
2. Der Gewerbeertrag der Obergesellschaft ist auch weder nach § 9 Nr. 2 GewStG noch nach § 9 Nr. 3 GewStG um einen bei der Untergesellschaft entstandenen Veräußerungsgewinn zu mindern; der Veräußerungsgewinn ist nicht (nach dem Verhältnis der stillen Reserven) zwischen Obergesellschaft und Untergesellschaft aufzuteilen (vgl. FG München, Gerichtsbescheid v. 26.8.2022, 2 K 1842/21).
3. Die gewerbesteuerliche Erfassung des Veräußerungsgewinns, auch soweit er auf stillen Reserven der Untergesellschaften beruht, bei der Obergesellschaft ist auch nicht sachlich unbillig im Sinne von § 163 Abs. 1 Satz 1 AO.
Normenkette
GewStG § 7 Sätze 1, 2 Nr. 2, § 9 Nr. 2 S. 1, Nr. 3; EStG § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2; AO § 163 Abs. 1 S. 1
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Berücksichtigung vortragsfähiger Gewerbeverluste von Untergesellschaften einer doppelstöckigen Personengesellschaft bei der gewerbesteuerlichen Ermittlung des Veräußerungsgewinns bei einer Obergesellschaft.
Die Klägerin ist eine Kommanditgesellschaft.
Komplementärin ist die … (GmbH). Ihre Einlage betrug bis zum 30. Juni 2016 … EUR. Einzige Kommanditistin war bis zum 30. Juni 2016 die … (A-KG) mit einer Einlage von … EUR. Ebenfalls bis zum 30. Juni 2016 war … (B) als atypisch stiller Gesellschafter mit einer Einlage von … EUR beteiligt. Die A-KG war zudem alleinige Gesellschafterin der GmbH.
Mit Vertrag vom 15. September 2016 übertrug die A-KG ihren Kommanditanteil an der Klägerin für einen Kaufpreis von … EUR an B mit Wirkung zum 1. Juli 2016. Weiterhin trat die A-KG ihre Anteile an der GmbH an B ab. Die A-KG verpflichtete sich gegenüber B, die Klägerin von aus der Veräußerung resultierenden Gewerbesteuern freizustellen.
Danach waren bis zum 31. Dezember 2016 die GmbH ohne Einlage und B als Kommanditist mit einer Einlage von … EUR beteiligt.
Die Klägerin betätigt sich als Reederei für Schifffahrtsgesellschaften, an denen sie beteiligt ist. Diese wurden als GmbH & Co KG gegründet und betreiben die Handelsschifffahrt im internationalen Verkehr.
Zu diesen Gesellschaften gehören die Schifffahrtsgesellschaft …B-KG) und die …(C-KG), an denen die Klägerin als einzige Kommanditistin beteiligt war. Die Untergesellschaften B-KG und die C-KG ermittelten ihre Gewinne nicht nach § 5a EStG, sondern durch Bestandsvergleich nach § 5 EStG. Die Klägerin hatte ihre Beteiligungen an den beiden Untergesellschaften in 2012 erworben.
Zum 31. Dezember 2015 wurden bei der B-KG und der C-KG für die Klägerin folgende verrechenbaren Verluste nach § 15a EStG festgestellt:
B-KG |
… EUR |
C-KG |
… EUR |
Summe |
… EUR |
Mit Bescheiden vom 16. März 2017 wurden zum 31. Dezember 2015 bei der B-KG und der C-KG folgende vortragsfähigen Gewerbeverluste nach § 10a GewStG festgestellt:
Die Veräußerung der Kommanditbeteiligung an der Klägerin vom 15. September 2016 wurde in den Steuererklärungen für die B-KG und die C-KG durch den Ansatz von Veräußerungsgewinnen berücksichtigt.
In den Gewerbesteuermessbescheiden 2016 vom 14. und 18. Juni 2018 für die B-KG und die C-KG wurde die Veräußerung der Kommanditbeteiligung an der Klägerin nicht berücksichtigt. In den Erläuterungen wurde dazu ausgeführt, dass der Veräußerungsgewinn auf Grund der Anteilsveräußerung auf der Ebene der Klägerin der Gewerbesteuer unterliege.
Im Bescheid für 2015 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für die Klägerin wurden „anteilige verrechenbare Verluste nach § 15a EStG aus Beteiligungen an anderen Personengesellschaften am Ende des Wirtschaftsjahres” in Höhe von … EUR festgestellt.
In ihrer Gewerbesteuererklärung 2016 gab die Klägerin den Gewinn aus Gewerbebetrieb mit … EUR an. Der Veräußerungsgewinn wurde, soweit er auf die Besteuerungsgrundlagen der B-KG und der C-KG entfällt, in den Gewerbesteuererklärungen der B-KG und der C-KG erfasst. Dort wurde er in die Kürzung nach § 9 Nr. 3 S. 2 GewStG (Kürzung für Handelsschifffahrt im internationalen Verkehr) einbezogen. Danach wurden bisher dort jeweils festgestellte vortragsfähige Gewerbeverluste zum Stand vom 31.12.2015 auf der Ebene der B-KG und der C-KG verrechnet.
Mit Bescheid für 2016 über die einheitliche und gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen wurden die Einkün...