Entscheidungsstichwort (Thema)
Kindergeld für ein bei einem privaten Vermittler als arbeitssuchend gemeldetes Kind
Leitsatz (redaktionell)
Es ist ernstlich zweifelhaft, ob nicht ein Kindergeldanspruch auch für ein Kind besteht, das zwar nicht bei der Agentur für Arbeit, aber bei einem privaten Arbeitsvermittler als Arbeitssuchender gemeldet ist. Bei summarischer Prüfung müsste der private Vermittler als Beliehener der Agentur für Arbeit gleichzustellen sein.
Normenkette
EStG 2002 § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 1; FGO § 69 Abs. 3, 2 S. 2
Tenor
Die Vollziehung des Bescheides vom 20. Juni 2005 wird bis zum Ablauf eines Monats nach Bekanntgabe einer abschließenden Entscheidung im Verfahren 6 K 1541/05 ausgesetzt.
Die Kosten des Verfahrens werden der Antragsgegnerin auferlegt.
Tatbestand
Die Antragstellerin ist Mutter ihres im April 1984 geborenen Sohnes A…, der bis April 2004 und ab Oktober 2004 bei der Agentur für Arbeit L… arbeitsuchend gemeldet war.
Da der Sohn der Antragstellerin im Zeitraum von Mai 2004 bis September 2004 weder bei der Agentur für Arbeit L… als arbeitssuchend noch als ausbildungsplatzsuchend gemeldet war und er für diesen Zeitraum auch keine Bewerbungsschreiben, bzw. Absagen von Unternehmen vorlegen konnte, hob die Antragsgegnerin die Festsetzung des Kindergeldes für A… für diesen Zeitraum auf und forderte danach überzahltes Kindergeld in Höhe von EUR 770 von der Antragstellerin zurück.
Der hiergegen erhobene Einspruch hatte keinen Erfolg. Die Antragstellerin hat fristgerecht Klage erhoben, die unter dem Aktenzeichen 6 K 1541/05 geführt wird und die noch nicht entschieden ist.
Die Antragstellerin trägt im wesentlichen vor, ihr Sohn A… sei auch beim Bildungswerk X… e.V. gemeldet gewesen. Dieses habe von 2002 bis Ende 2005 eine Arbeitsvermittlung betrieben.
Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,
die Vollziehung des Bescheides vom 20. Juni 2005 bis zum Ablauf eines Monats nach Bekanntgabe einer abschließenden Entscheidung im Verfahren 6 K 1541/05 auszusetzen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzuweisen.
Entscheidungsgründe
Der Antrag hat in der Sache Erfolg.
Nach § 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 Finanzgerichtsordnung – FGO – kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsaktes ganz oder teilweise aussetzen. Es soll die Vollziehung aussetzen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit bestehen dann, wenn eine summarische Prüfung ergibt, dass neben für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige Anhaltspunkte, die gegen die Rechtmäßigkeit sprechen, ersichtlich sind, die Unsicherheit in der Beurteilung von Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung von Tatfragen auslösen. Dabei braucht der Erfolg nicht wahrscheinlicher zu sein als der Misserfolg. Diese Voraussetzungen sind im Streitfall gegeben.
Nach der im Verfahren auf Aussetzung der Vollziehung gebotenen und auch ausreichenden summarischen Prüfung bestehen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides.
Nach derzeitigem Sach- und Streitstand ist nicht auszuschließen, dass der Sohn der Antragstellerin im streitigen Zeitraum (Mai bis September 2004) als arbeitsloses Kind zu berücksichtigen ist.
Gemäß § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Einkommensteuergesetz – EStG –. Nach dieser Vorschrift wird ein volljähriges Kind, das das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, für das Kindergeld berücksichtigt, wenn es nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht und bei einer Agentur für Arbeit im Inland als Arbeitsuchender gemeldet ist.
Zwar ist der Sohn A… im streitigen Zeitraum nicht bei einer Agentur für Arbeit gemeldet gewesen, sondern möglicherweise bei einem privaten Arbeitsvermittler. Dieser dürfte jedoch nach summarischer Prüfung als Beliehener einer Agentur für Arbeit gleichzustellen sein. Denn da sich die Agentur für Arbeit privater Vermittler bedient, um ihrem staatlichen Auftrag gerecht zu werden, muss eine Registrierung bei diesen die gleichen Rechtsfolgen wie eine Meldung bei der Agentur für Arbeit nach sich ziehen.
Die Antragstellerin wird im Hauptsacheverfahren nachzuweisen haben, dass ihr Sohn tatsächlich, wie vorgetragen, bei einem privaten Arbeitsvermittler gemeldet war.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
Fundstellen
Haufe-Index 1608293 |
EFG 2007, 201 |
Inf 2006, 889 |
NWB direkt 2006, 5 |
WISO-SteuerBrief 2007, 2 |