rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Umsatzsteuerfreiheit für Leistungen aus medizinischer Fußpflege

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Medizinische Fußpflege (podologische Behandlung) von Patienten, die an Diabetes mellitus erkrankt sind, ist inzwischen prinzipiell als „ähnliche” Tätigkeit i.S. des § 4 Nr. 14 UStG anzuerkennen. Das gilt auch für Umsätze, die schon vor der Änderung der Heilmittelrichtlinien und vor dem In-Kraft-Treten des Gesetzes über den Beruf der Podologin und des Podologen und zur Änderung anderer Gesetze vom 4.12.2001 (PodG) getätigt worden sind. Der Berufsträger, der die Steuerfreiheit seiner Umsätze beansprucht, muss nachweisen, dass er die erforderliche berufliche Befähigung besitzt.

2. Bei einer Podologin, die weder eine irgendwie geartete strukturierte Ausbildung in ihrem Beruf durchlaufen, noch eine Abschlussprüfung absolviert, noch eine Zulassung zu den Krankenversicherungsträgern erhalten hat, reichen allein eine gewisse Berufserfahrung nach Anleitung durch die frühere Arbeitgeberin und langjährige Tätigkeit „learning by doing”) nicht als genügender Ersatz für eine strukturierte Ausbildung in einem Heilhilfsberuf aus.

 

Normenkette

UStG § 4 Nr. 14; EWGRL 388/77 Art. 13 Teil A Abs. 1c

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.

 

Tatbestand

Bis zum Jahre 2001 war der Beruf des medizinischen Fußpflegers (des Podologen) nur in wenigen Bundesländern gesetzlich geregelt. Erst durch das Gesetz über den Beruf der Podologin und des Podologen und zur Änderung anderer Gesetze vom 4. Dezember 2001, Bundesgesetzblatt – BGBl. – I 2001, 3320 – PodG – wurden der Beruf und seine Zulassungsvoraussetzungen allgemein definiert. Nach den am 1. August 2002 in Kraft getretenen neu überarbeiteten Heilmittelrichtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen zu § 124 Sozialgesetzbuch – SGB – V vom 1. Dezember 2003/16. März 2004, Bundesanzeiger 2004, 12183, in der Fassung vom 21. Dezember 2004, Bundesanzeiger 2005, 4995 wurde auch die Behandlung krankhafter Veränderungen ohne Hautdefekt am Fuß infolge Diabetes mellitus (diabetisches Fußsyndrom), allerdings mit ärztlicher Eignungsdiagnose verordnungsfähig und als Heilmittel anerkannt.

Nach ihrem Vorbringen ist die Klägerin seit 1992, zunächst im Angestelltenverhältnis, seit dem 1. August 1999 selbständig als medizinische Fußpflegerin tätig. Sie arbeite, trägt sie vor, fast ausschließlich im medizinischen Bereich. Vornehmlich behandle sie Patienten, die aufgrund ihres Alters, Diabetes oder schwerer Nierenerkrankungen einer besonderen Fußpflege bedürften. Ihre Praxis sei regelmäßig vom Gesundheitsamt überprüft worden. Bei der Berufsgenossenschaft sei sie als medizinische Fußpflegerin eingestuft worden. Sie sei inzwischen zur staatlichen Prüfung nach § 10 Abs. 6 PodG zugelassen worden.

Der Beklagte versagte der Klägerin in den Umsatzsteuerbescheiden für 1999 und 2000 die beantragte Umsatzsteuerfreiheit ihrer Leistungen. Hiergegen richtet sich die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage.

Die Klägerin macht im Wesentlichen geltend, sie habe keine Ausbildung zur Podologin in einer Schule oder einer ähnlichen Institution erfahren und auch keine Fortbildungsmaßnahmen durchlaufen. Sie habe auch – noch – keine Prüfung abgelegt. Sie sei von ihrer früheren Arbeitgeberin angeleitet worden. Infolge der inzwischen über zehnjährigen Tätigkeit als Podologin, überwiegend an alten und zuckerkranken Menschen, verfüge sie über die Voraussetzungen zur Ablegung der staatlichen Prüfung und anschließenden Zulassung als Podologin nach dem PodG. Ihre Tätigkeit habe auch in den Streitjahren dem Berufsbild des Podologen entsprochen, wobei es in Brandenburg keine gesetzliche Möglichkeit der Ausbildung, Prüfung und der Zulassung gegeben habe. Ihre Leistungen müssten deshalb als umsatzsteuerfrei behandelt werden, nachdem erst jetzt die Voraussetzungen einer Prüfung und Zulassung erfüllt werden könnten.

Die Klägerin beantragt,

die Bescheide über die Umsatzsteuer 1999 vom 22. August 2000 und über die Umsatzsteuer 2000 vom 24. Januar 2003 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 21. August 2003 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er verweist darauf, dass die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung nicht vorlägen, weil in den Streitjahren podologische Leistungen nicht in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen aufgenommen gewesen seien.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist nicht begründet. Die angefochtenen Umsatzsteuerbescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Der Beklagte hat die Umsätze der Klägerin in den Jahren 1999 und 2000 zutreffend der Umsatzsteuer unterworfen.

Nach § 4 Nr. 14 Satz 1 UmsatzsteuergesetzUStG – sind von der Umsatzsteuer befreit unter anderem die Umsätze aus der Tätigkeit als Arzt, Zahnarzt, Heilpraktiker, Physiotherapeut (Krankengymnast), Hebamme oder aus einer ähnlichen heilberuflichen Tätigkeit im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EinkommensteuergesetzEStG –. Nach ...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Steuer Office Excellence enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge