rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Befugnis zur Änderung einer bestandskräftigen Kindergeldfestsetzung. Familienleistungsausgleich

 

Leitsatz (amtlich)

1. Hat die Kindergeldkasse die Kindergeldfestsetzung für ein im Laufe des Jahres volljährig gewordenes Kind hinsichtlich der Einkünfte und Bezüge-Grenze zunächst vorläufig erlassen, so erklärt sie diesen Bescheid für endgültig, wenn sie nach Ablauf des betreffenden Jahres dem Kindergeldberechtigten mitteilt, dass die Einkünfte und Bezüge des Kindes geprüft worden sind und das Kindergeld zurecht gezahlt worden ist.

2. Stellt die Behörde später fest, dass sie ihrer Berechnung rechtsirrtümlich den Einkünfte-Grenzbetrag für 12 Monate und nicht nur für die Monate nach dem 18. Geburtstag zugrunde gelegt hat und richtigerweise in dem Jahr nur ein Kindergeldanspruch bis zum Eintritt der Volljährigkeit des Kindes bestanden hat, ist sie nicht mehr zu einer rückwirkenden Änderung ihres bestandskräftigen Bescheids berechtigt.

 

Normenkette

EStG § 70 Abs. 2, § 32 Abs. 4 Sätze 2, 4; AO 1977 § 165 Abs. 2 S. 1, § 173 Abs. 1 Nr. 1, § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2; EStG § 70 Abs. 3, § 31 S. 3

 

Tenor

Der Bescheid vom 03. Juli 1997 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 20. August 1997 wird aufgehoben

Die Kosten des Rechtsstreits hat der Beklagte zu tragen.

Die Kostenentscheidung ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs des Klägers abwenden, soweit nicht der Kläger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

 

Gründe

Der Kläger hat eine am 05. März 1978 geborene Tochter A. … Diese erzielte in der Zeit von April bis Dezember 1996 eigene Einkünfte und Bezüge in Höhe von DM 9.533,00.

Der Beklagte setzte zunächst mit Bescheid vom 03. April 1996 das Kindergeld für die Tochter des Klägers vorläufig fest. Er wies in dem Bescheid darauf hin, dass noch eine Überprüfung der Einkünfte der Tochter stattfinden werde, die dazu führen könne, dass erhaltenes Kindergeld zurückzuzahlen sei.

Mit Bescheid vom 18. April 1997 teilte der Beklagte dem Kläger mit, dass er die Berechnung der eigenen Einkünfte und Bezüge der Tochter des Klägers für 1996 durchgeführt habe, dass der Grenzbetrag nicht überschritten sei und dass folglich das Kindergeld und der kindergeldbezogene Zuschlag zu Recht gezahlt worden seien. Am 03. Juli 1997 erließ der Beklagte einen Bescheid über geänderte Kindergeldfestsetzung, mit dem er das Kindergeld für die Tochter des Klägers für die Zeit von April bis Dezember 1996 auf 0 festsetzte. Er stützte die Änderung auf § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO und teilte dem Kläger dazu mit, dass das Kindergeld von Januar bis März 1996 ohne Prüfung der Einkommensverhältnisse der Tochter gezahlt worden sei. Daher hätten die besonderen Anspruchsvoraussetzungen des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 EStG nur ab April 1996 vorgelegen, so dass sich der Jahresbetrag von DM 12.000,00 um 3/12 auf DM 9.000,00 mindere. Die eigenen Einkünfte und Bezüge der Tochter des Klägers im fraglichen Zeitraum hätten den Grenzbetrag überschritten, weshalb dem Kläger von April bis Dezember 1996 kein Kindergeld zustehe.

Der Einspruch des Klägers gegen den Änderungsbescheid blieb ohne Erfolg.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid vom 03. Juli 1997 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 20. August 1997 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er trägt vor, dass der Kläger selbst ihn, den Beklagten, innerhalb der Einspruchsfrist darauf aufmerksam gemacht habe, dass die Festsetzung vom 18. April 1997 einen Fehler enthielt, indem sie von einem Grenzbetrag von DM 12.000,00 ausging, obwohl der Anspruchszeitraum nur die Monate April bis Dezember 1996 umfasste. Damit habe der Kläger eine Änderung der Festsetzung beantragt. Diesem Antrag sei mit dem hier angefochtenen Bescheid entsprochen worden.

Die Klage ist zulässig und begründet.

Die am 15. Juni 1998 bei dem Gericht eingegangene Klage ist insbesondere nicht wegen der Versäumung der Klagefrist unzulässig. Die Einspruchsentscheidung erging am 20. August 1997. Sie enthielt nach der Aktenlage keine Rechtsmittelbelehrung, so dass die Klage gemäß § 55 Abs. 2 FGO innerhalb eines Jahres seit der Bekanntgabe erhoben werden konnte. Diese Frist ist gewahrt.

Die Klage ist auch begründet. Der angegriffene Änderungsbescheid ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten.

Die Tochter des Klägers hatte in der Zeit von April bis Dezember 1996 zwar eigene Einkünfte und Bezüge, die den maßgeblichen Grenzbetrag von DM 9.000,00 überschritten. Der Beklagte hatte jedoch trotz dieser Tatsache mit Bescheid vom 18. April 1997 Kindergeld für die Tochter des Klägers festgesetzt. Er war danach nicht befugt, diesen Bescheid zu ändern. Es ist nicht ersichtlich, dass der Kläger beantragt hätte, den Bescheid zu seinen Ungunsten zu ändern.

Der Beklagte konnte die Änderung der Kindergeldfestsetzung vom 18. April 1997 nicht auf § 165 AO stützen. Nach § 165 Abs. 2 Satz 1 AO, der gemäß § 3...

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