Entscheidungsstichwort (Thema)
Aussetzung der Vollziehung einer Mitteilung über den Beginn der Buchführungspflicht. AG liechtensteinischen Rechts mit Einkünften aus der Vermietung inländischen Grundbesitzes unterhält Gewerbebetrieb
Leitsatz (redaktionell)
1. Bei der Mitteilung über den Beginn der Buchführungspflicht handelt es sich um einen (konstitutiven) Verwaltungsakt i. S. d. § 118 S. 1 AO, der einer Aussetzung der Vollziehung zugänglich ist.
2. Die Subsidiarität von § 141 AO gegenüber § 140 AO führt nicht dazu, dass die Mitteilung nach § 141 Abs. 2 S. 1 AO rechtswidrig ist, wenn eine Verpflichtung zur Buchführung ohnehin bereits nach § 140 AO besteht. Die an sich konstitutive Wirkung der Mitteilung geht in diesem Fall ins Leere.
3. Bei der Prüfung, ob eine für die Buchführungspflicht maßgebliche Gewinngrenze überschritten ist, ist die Finanzbehörde an die zulässigerweise gewählte Gewinnermittlungsart gebunden.
4. Bei einer ausländischen Kapitalgesellschaft bezieht sich die Gewinngrenze nur auf die von dieser im Inland erzielten Gewinne, da nur diese von der beschränkten Steuerpflicht umfasst werden.
5. Eine AG liechtensteinischen Rechts unterhält mit der Vermietung eines im Inland belegenen Grundstücks auch dann einen Gewerbebetrieb, wenn sie weder über eine inländische Betriebsstätte verfügt noch einen inländischen Vertreter bestellt hat. Die Fiktion der gewerblichen Einkünfte macht sie zum gewerblichen Unternehmer i. S. v. § 141 Abs. 1 S. 1 AO.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 1, 3, § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f, Nr. 6; AO §§ 12, 141 Abs. 1 S. 1 Nr. 4, Abs. 2 S. 1, §§ 140, 118 S. 1; FGO § 69 Abs. 3 S. 1, Abs. 2 S. 2
Nachgehend
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Kosten des Verfahrens hat die Antragstellerin zu tragen.
Die Beschwerde wird zugelassen.
Tatbestand
A
Die Beteiligten streiten über die Buchführungspflicht der Antragstellerin.
Die Antragstellerin ist eine Aktiengesellschaft (AG) liechtensteinischen Rechts mit Sitz in …. Nach eigenen Angaben ist sie sowohl in Deutschland als auch in Liechtenstein auf dem Gebiet der Vermietung und Verpachtung tätig. Ebenfalls nach eigenen Angaben verfügt sie über das Grundstück Y in Z (Deutschland). Ein ständiger Vertreter ist für sie nach ihren Angaben in Deutschland nicht tätig. Ihr Geschäftsjahr entspricht dem Kalenderjahr.
Für 2009 erklärte die Antragstellerin Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung o.,g. Grundbesitzes i.H.v. 100.085,– EUR, die sie durch Gegenüberstellung von Einnahmen und Werbungskosten ermittelte. Für 2010 erklärte sie Einkünfte aus Gewerbebetrieb i.H.v. 133.131,82 EUR, die sie nach § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ermittelte.
Mit Schreiben vom … September 2011 teilte der Antragsgegner der Antragstellerin unter der Überschrift „Mitteilung über den Beginn der Buchführungspflicht (Gewerbebetrieb)” mit, sie sei nach § 141 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) ab dem Beginn des Wirtschaftsjahres, das auf die Bekanntgabe der Mitteilung folge, verpflichtet für ihren in Vermietung und Verwaltung von im Bescheid nicht näher bezeichneten Grundbesitz bestehenden Gewerbebetrieb Bücher zu führen und auf Grund jährlicher Bestandsaufnahmen Abschlüsse zu machen. Die Buchführungspflicht bestehe, weil sie mit ihrem Gewerbebetrieb im Wirtschaftsjahr 2010 (und 2009) einen Gewinn von mehr als 50.000,– EUR erzielt habe.
Der gegen die „Mitteilung über den Beginn der Buchführungspflicht” gerichtete Einspruch ging beim Antragsgegner am … September 2011 ein. Die Antragstellerin führte aus, die Ermittlung der Einkünfte sei weder in § 49 Abs. 1 Nr. 2 f) EStG noch in § 50 EStG geregelt. § 2 Abs. 2 und 3 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) beziehe sich auf inländische Gewerbebetriebe, deren Buchführungspflicht sich bereits aus § 140 AO ergebe. § 49 Abs. 1 Nr. 2 f) Satz 2 EStG fingiere zwar inländische Einkünfte aus Gewerbebetrieb, hingegen weder inländisches Betriebsvermögen noch eine inländische Betriebsstätte, so dass eine Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG ausscheide. Sie sei kein gewerblicher Unternehmer i.S.d. § 141 AO und erziele weder Einkünfte nach § 15 Abs. 2 noch Abs. 3 EStG.
Im Verlauf des Einspruchsverfahrens lehnte der Antragsgegner die Aussetzung der Vollziehung ab und führte aus, ab dem Veranlagungszeitraum 2009 erziele die ausländische Kapitalgesellschaft aus der Vermietung und Verpachtung inländischer Grundstücke gewerbliche Einkünfte i.S.d. § 49 Abs. 1 Nr. 2 f) aa) EStG.
Die Antragstellerin sei als AG liechtensteinischen Rechts mit einer solchen deutschen Rechts vergleichbar. § 49 Abs. 1 Nr. 2 f) EStG sei gegenüber dessen Nr. 6 vorrangig und verdränge letztere. Kraft gesetzlicher Fiktion müssten die Einkünfte als Gewinn ermittelt werden. Bestehe eine Buchführungspflicht nach dem deutschen HGB wie im Streitfall nicht, so könne sie sich nur nach § 141 AO ergeben. Die Buchführungspflicht nach § 141 Abs. 1 Nr. 4 AO bestehe ab dem Wirtschaftsjahr 2012. Die Antragstellerin habe die Grenze in den Veranlagungszeiträumen...