Entscheidungsstichwort (Thema)
Nichtigkeit eines vom unzuständigen FA erlassenen Gewerbesteuermessbescheids. Unzulässigkeit einer bedingt eingelegten Klage. Gewerbesteuermessbetrag 1997
Leitsatz (redaktionell)
1. Ein Gewerbesteuermessbescheid ist nicht allein wegen örtlicher Unzuständigkeit des FA aufzuheben, denn diese bewirkt nicht zwangsläufig die Zuteilung an eine nicht hebeberechtigte Gemeinde. Der verwaltungsinternen Mitteilung des Gewerbesteuermessbetrags an die vom FA für hebeberechtigt gehaltene Gemeinde kommt keine Bindungswirkung zu, sie steht vielmehr unter dem Vorbehalt einer abweichenden Entscheidung im Zuteilungsverfahren nach § 190 AO 1977.
2. Soll das FA ein Schreiben nur dann als Klage ansehen, wenn es weiter an seiner Rechtsauffassung festhält, hängt die Klageerhebung von einer Bedingung ab, so dass die Klage unzulässig ist.
Normenkette
AO 1977 §§ 127, 125 Abs. 1 Nr. 1, § 190; FGO § 40 Abs. 1
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
Der Kläger wird im Finanzamt W. zur Einkommensteuer veranlagt. Da die ihn betreffenden steuerlich relevanten Sachverhalte für die Jahre 1985 bis 1992 nicht mehr aufgeklärt werden konnten, hatte der Kläger mit dem Finanzamt W. eine diese Veranlagungszeiträume betreffende Verständigung getroffen, die für die Einkommensteuer 1991 vorsah, dass die Steuer auf DM 0 festzusetzen war. Nachdem das Finanzamt für Fahndung und Strafsachen L. – Steuerfahndung – festgestellt hatte, dass eine Frau … B. die Firma „K.” bei der Gemeinde K. angemeldet und die Geschäfte auf Grund eines Treuhandvertrags für den Kläger geführt hatte, setzte der Beklagte unter Zugrundelegung eines durch die Steuerfahndung im Einvernehmen mit dem Kläger geschätzten Gewinns von DM 97.500 den einheitlichen Gewerbesteuermessbetrag gegenüber dem Kläger durch den Bescheid vom 26. August 1996 auf DM 1.875 fest. Den hiergegen gerichteten Einspruch des Klägers vom 18. September 1996 wies der Beklagte durch den Einspruchsbescheid vom 10. Februar 1997 zurück.
Der Kläger hat in einem an den Beklagten gerichteten Schreiben vom 17. Februar 1997 nochmals „Einspruch” erhoben. In diesem Schreiben heißt es weiter: „Wenn Sie dem Einspruch nicht abhelfen wollen, darf ich Sie bitten, diesen Einspruch als Klageerhebung beim Finanzgericht des Landes Sachsen-Anhalt in Dessau zu betrachten”. Der Beklagte hat das Schreiben an das Gericht weitergeleitet. Der Kläger macht im Wesentlichen geltend, dass er die Geschäfte der Firma von seinem Wohnsitz und Büro in M. aus geführt habe. In K. habe sich zwar in den Betriebsräumen eines Werkes für … eine Betriebsstätte befunden. Hierbei habe es sich nur um das Büro des Geschäftsführers dieser Firma gehandelt, das sie ab und zu, maximal ein- bis zweimal monatlich für eine Stunde, genutzt hätten. Er – der Kläger – verfüge in seinem PKW über eine komplette Telefon- und Telefaxverbindung, über die er die Geschäfte der Firma abgewickelt habe, wenn er sich nicht in seinem Büro in M. aufgehalten habe. Es sei zwar ursprünglich geplant gewesen, das Büro in K. auszubauen. Dies habe sich aber zerschlagen, nachdem die Treuhänderin, Frau B. schwer erkrankt sei. Arbeitnehmer habe die Firma nicht beschäftigt und Maschinen seien ebenfalls nicht bestellt worden. Im Übrigen sei die Erhebung der Gewerbesteuer auch verfassungswidrig, was das Niedersächsische Finanzgericht in seinen Entscheidungen vom 23. Juli 1997 (IV 317/91, Entscheidungen der Finanzgerichte – EFG – 1997, 1456) und vom 24. Juni 1998 (IV 317/91, EFG 1998, 1428) bestätigt habe. Dies gelte insbesondere, soweit die sog. Abfärberegelung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes – EStG – auf ihn als wissenschaftlichen Unternehmensberater Anwendung gefunden habe.
Der Kläger beantragt,
den Gewerbesteuermessbescheid vom 26. August 1996 und den hierzu ergangenen Einspruchsbescheid vom 10. Februar 1997 ersatzlos aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte führt an, selbst wenn sich die Geschäftsleitung der Firma in M. befunden haben sollte, wäre es zumindest nach § 127 der Abgabenordnung – AO – unschädlich, dass er den in Streit stehenden Bescheid erlassen habe.
Der Kläger ist trotz ordnungsgemäßer Ladung, in der ihm vorsorglich aufgegeben wurde, eine eventuelle Verhinderung aus gesundheitlichen Gründen durch amtsärztliche Bescheinigung nachzuweisen, nicht zur mündlichen Verhandlung erschienen. Er hatte am Abend vor der mündlichen Verhandlung per Telefax beantragt, den Termin aufzuheben, weil er überraschend erkrankt sei. Eine amtsärztliche Bescheinigung legte er wegen – wie er behauptet – finanzieller Schwierigkeiten nicht vor.
Entscheidungsgründe
Da der Kläger ordnungsgemäß geladen war, durfte der Senat die mündliche Verhandlung durchführen und zur Sache entscheiden. Der Kläger war in der Ladung darauf hingewiesen worden, dass bei seinem Ausbleiben ohne ihn verhandelt und entschieden werden konnte (§ 91 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung – FGO –). Zwar kann ein Termin aus erheblich...