Entscheidungsstichwort (Thema)
Klagebegründung bei beschlagnahmten Unterlagen und zu hoch geschätzten Besteuerungsgrundlagen
Leitsatz (redaktionell)
1. Klagt ein Steuerpflichtiger gegen Steuerbescheide mit geschätzten Besteuerungsgrundlagen und kann er aufgrund der auf Veranlassung der Steuerfahndung beschlagnahmten Unterlagen keine Steuererklärung abgeben, muss er als Klagebegründung zumindest substantiiert darlegen, weshalb die geschätzten Besteuerungsgrundlagen zu hoch angesetzt worden sind.
2. Bei fehlenden Unterlagen ist anhand zugänglicher Erkenntnisquellen (Recht auf Akteneinsicht) zumindest eine substantiierte Schätzung vorzunehmen. Für eine ausreichende Bezeichnung des Klagbegehrens gem. § 65 Abs. 1 FGO ist die bloße Ankündigung einer noch einzureichenden Steuererklärung oder die Behauptung, die Besteuerungsgrundlagen seien zu hoch geschätzt, nicht ausreichend.
Normenkette
FGO § 65 Abs. 1-2; AO § 162
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Tatbestand
Nachdem die Klägerin für das Jahr 2007 keine Steuererklärungen beim Beklagten eingereicht hatte, erließ dieser am 14. Juli 2009 Bescheide über Körperschaftsteuer sowie Umsatzsteuer 2007 sowie über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Körperschaftsteuer zum 31. Dezember 2007, in denen er die Besteuerungsgrundlagen gem. § 162 der Abgabenordnung (AO) schätzte. Er setzte die Körperschaftsteuer für 2007 auf 0,00 EUR fest (geschätzter Steuerbilanzgewinn von 5.000,00 EUR sowie Verbrauch des Verlustvortrags aus 2006 in gleicher Höhe). Den verbleibenden Verlustvortrag zur Körperschaftsteuer zum 31. Dezember 2007 stellte er mit 110.936,00 EUR fest. Die Umsatzsteuer setzte er unter Schätzung abziehbarer Vorsteuerbeträge von 400,00 EUR auf - 400,00 EUR fest. Die Bescheide ergingen nicht unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.
Hiergegen legte die Klägerin mit Schreiben vom 24. Juli 2009 Einspruch ein. Sie trug zur Begründung vor, dass ihre Buchführungsunterlagen auf Grund eines Beschlusses des Amtsgerichts B. vom 10. April 2008 auf Veranlassung der Steuerfahndung beschlagnahmt worden seien. Um die Steuererklärungen sachgerecht erstellen zu können, seien die beschlagnahmten Unterlagen unerlässlich. Es werde daher eine Fristverlängung zur Abgabe der Steuererklärungen bis vier Wochen nach Wiedererhalt der Unterlagen beantragt. Ohne die Unterlagen sei eine weitere Begründung nicht möglich.
Der Beklagte wies die Einsprüche mit Einspruchsentscheidung vom 22. April 2010 als unbegründet zurück, da die Einsprüche trotz bestehendem Recht zur Akteneinsicht in die beschlagnahmten Unterlagen nicht begründet worden seien.
Die hiergegen gerichtete Klage ist bei Gericht am 01. Juni 2010 eingegangen.
Die Klägerin trägt vor, dass für sie auf Grund der Beschlagnahme der Buchführungsunterlagen keine Möglichkeit bestanden habe, den Jahresabschluss sowie die Steuererklärungen für 2007 zu erstellen.
Durch richterliche Verfügung ist der Klägerin gemäß § 65 Abs. 2 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) aufgegeben worden, bis zum 29. September 2010 den Gegenstand des Klagebegehrens zu bezeichnen. Hierauf hat die Klägerin mit am 28. September 2010 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz erklärt, dass die Beschlagnahme der Buchführungsunterlagen noch andauere, da die Ermittlungen noch nicht abgeschlossen worden seien. Die Klägerin habe immer wieder versucht, die Unterlagen kopiert zu bekommen um den Jahresabschluss für 2007 zu fertigen. Das Fertigen von Kopien sei von der Klägerin aber aus Kostengründen abgelehnt worden, da verlangt worden sei, dass die Klägerin die hierfür entstehenden Kosten übernehme. Nach Rückgabe der Unterlagen könne die Klägerin binnen sechs Wochen den Jahresabschluss nebst den Steuererklärungen für 2007 erstellen. Hinsichtlich der Körperschaftsteuer 2007 sei eventuell im Jahr 2007 ein Verlust entstanden, was aber erst nach Erstellung des Jahresabschlusses festgestellt werden könne.
Mit Gerichtsbescheid vom 13. Januar 2014, zugestellt am 16. Januar 2014, hat das Gericht die Klage als unzulässig abgewiesen. Hiergegen hat die Klägerin am 30. Januar 2014 einen Antrag auf mündliche Verhandlung gestellt.
Sie trägt ergänzend vor, dass die Herausgabe der beschlagnahmten Unterlagen noch nicht habe erreicht und daher noch keine Steuererklärungen hätten gefertigt werden können. Der Betrieb der Klägerin sei stillgelegt und sämtliches Personal entlassen. Auch die Bankverbindung sei aufgekündigt worden. Die Klägerin habe von der Möglichkeit der Akteneinsicht und der dortigen Fertigung von Kopien keinen Gebrauch machen können, da für die hierdurch entstehenden Kosten keine Liquidität vorhanden gewesen sei. Dem Antrag, die Kopien kostenlos zu erstellen, sei nicht entsprochen worden.
Die Klägerin ist zur mündlichen Verhandlung nicht erschienen.
Die Klägerin hat schriftsätzlich beantragt,
die Steuerbescheide über Umsatzsteuer und Körperschaftsteuer 2007 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er trägt vor, dass die Ei...