Entscheidungsstichwort (Thema)
Auch während der Probezeit oder bei einem befristetes Arbeitsverhältnisse besteht für den Arbeitnehmer keine Auswärtstätigkeit
Leitsatz (redaktionell)
1. Eine die Abzugsfähigkeit der Fahrtkosten eines Arbeitnehmers nicht gem. § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 EStG auf die Entfernungspauschale begrenzende Auswärtstätigkeit scheidet aus, wenn von vornherein aufgrund der arbeitsvertraglichen Regelungen lediglich eine einzige Arbeitsstätte besteht und diese nur 11 km vom Wohnort des Steuerpflichtigen entfernt ist.
2. Bei der Beurteilung der Frage, ob eine Auswärtstätigkeit vorliegt, ist nicht abstrakt auf das Vorliegen eines Probezeitarbeitsverhältnisses oder eine zeitliche Befristung, sondern auf die persönlichen Verhältnisse des jeweiligen Steuerpflichtigen abzustellen.
3. Allein wegen einer vereinbarten Befristung des Arbeitsverhältnisses auf zunächst ein Jahr stellt der in diesem Zeitraum allein angefahrene Betriebssitz des Arbeitgebers keine nur vorübergehende Arbeitsstätte dar. Der Werbungskostenabzug für die Fahrten zwischen Wohnung und einziger Arbeitsstätte sind mit der Entfernungspauschale anzusetzen. Der Ansatz von Reisekosten und Verpflegungsmehraufwendungen kommt nicht in Betracht.
Normenkette
EStG § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4, S. 1, § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 5, § 9 Abs. 5
Nachgehend
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt erhöhte Werbungskosten für Fahrtaufwendungen zwischen Wohnung und Arbeitsstätte sowie Verpflegungsmehraufwendungen.
In der Einkommensteuererklärung 2012 machte der Kläger für 200 Fahrten mit je 22 km Fahrtkosten in Höhe von 1320 EUR als „Reisekosten bei Auswärtstätigkeit” sowie Verpflegungsmehraufwendungen für 200 Tage mit mindestens 8 Stunden Abwesenheit in Höhe von 1200 EUR geltend. Der Kläger gab an, dass er aufgrund seines befristeten Arbeitsvertrages über keine regelmäßige Arbeitsstätte verfüge und somit die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte nach Reisekostengrundsätzen anzusetzen seien. Das gleiche gelte für die Verpflegungsmehraufwendungen.
Der Kläger hatte zum 1. Februar 2012 einen (zunächst) auf ein Jahr befristeten Arbeitsvertrag als Großgerätefahrer in einem Bergwerk abgeschlossen. Die Beschäftigung begann mit einer Probezeit von sechs Monaten, innerhalb der das Arbeitsverhältnis mit einer Frist von einem Monat zum Monatsende gekündigt werden konnte. Vereinbarungen hinsichtlich eines Zeitpunkts, zu dem eine eventuelle Verlängerung des Arbeitsvertrages auszusprechen sei, wurden nicht getroffen. Mit Schreiben des Arbeitgebers vom 22. November 2012 war die Befristung bis zum 31. Januar 2014 verlängert worden, mit Schreiben vom 25. November 2013 sodann bis zum 31. Juli 2014.
Im Einkommensteuerbescheid vom 3. Juli 2013 berücksichtigte der Beklagte die Fahrtkosten lediglich mit der Entfernungspauschale und setzte insoweit Werbungskosten in Höhe von 660 EUR (200 Tage × 11 km × 0,30 EUR) an. Verpflegungsmehraufwendungen berücksichtigte der Beklagte nicht. In den Erläuterungen des Bescheides vertrat er die Ansicht, dass der Kläger über eine regelmäßige Arbeitsstätte verfüge.
Hiergegen richtete sich der Einspruch vom 8. Juli 2013. Der Kläger vertrat die Auffassung, dass in Fällen eines befristeten Arbeitsvertrages keine regelmäßige Arbeitsstätte am Betriebssitz vorliege. Der Arbeitnehmer sei nicht dauerhaft zugeordnet und es sei ihm daher nicht zuzumuten, seinen Lebensmittelpunkt an den Beschäftigungsort zu verlegen. Solange eine Befristung vorliege, sei die Tätigkeit vorübergehend.
Mit Einspruchsentscheidung vom 30. Januar 2014 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Er vertrat die Ansicht, dass der Kläger eine regelmäßige Arbeitsstätte aufsuche, da er einer betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers dauerhaft zugeordnet sei und diese arbeitstäglich aufsuche.
Hiergegen richtet sich die Klage vom Montag, den 3. März 2014. In dieser hält der Kläger an seinem Vortrag fest und gibt an, dass er aufgrund seines befristeten Arbeitsvertrages in der Probezeit von sechs Monaten jederzeit innerhalb kürzester Zeit auch vor dem vereinbarten Fristende hätte gekündigt werden können und sich daher nicht in gebotener Weise auf eine Verkürzung der Wegekosten habe einrichten können. Da eine Fortsetzung des befristeten Arbeitsvertrages zudem vertraglich nicht geregelt gewesen sei, habe er bis zum letzten Tag in Ungewissheit gelebt. Die entstandenen Werbungskosten seien daher nach Reisekostengrundsätzen und nicht mit der Entfernungspauschale gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Einkommensteuergesetz (EStG) in Abzug zu bringen.
Nach Auffassung des Klägers liegt während der Probezeit und auch während der gesamten Zeit der Befristung keine regelmäßige Arbeitsstätte vor. Die Fortsetzung der Beschäftigung sei ungewiss gewesen, der Arbeitgeber habe im Verhältnis zu einer regulären Bes...