Entscheidungsstichwort (Thema)
Fahrten eines Lehrers zur Arbeitsstätte. Aufwendungen eines Deutsch- und Geschichtelehrers am Gymnasium für schöngeistige und allgemeinbildende Literatur. Einkommensteuer 1999
Leitsatz (redaktionell)
1. Bei einem Lehrer an einer allgemeinbildenden Schule sind Fahrten zur Arbeitsstätte ohne Einzelnachweis für nicht mehr als 192 Tage anzuerkennen. Einen Rechtssatz der Art, dass jeder Arbeitnehmer Anspruch auf die Anerkennung von 230 Fahrtagen hätte, gibt es nicht.
2. Aufwendungen eines Deutsch- und Geschichtelehrers am Gymnasium für schöngeistige und allgemeinbildende Literatur sind grundsätzlich Aufwendungen der Lebensführung. Eine nahezu ausschließlich berufliche Verwendung ist allerdings möglich, wenn der Lehrer dasselbe Buch zweimal besitzt oder es z. B. zum konkreten Einsatz bei bestimmten Lehrveranstaltungen angeschafft hat.
Normenkette
EStG § 9 Abs. 1 Sätze 1, 3 Nr. 4, § 12 Nr. 1
Tenor
Die Klage wird auf Kosten des Klägers abgewiesen.
Tatbestand
Der Kläger ist Studienrat und lehrt am Domgymnasium … die Fächer Deutsch und Geschichte.
Er reichte am 20. April 2000 bei dem Beklagten seine Einkommensteuererklärung für 1999 ein, in deren Rahmen erfolgende Werbungskosten geltend machte:
(Tabelle 1)
– |
Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte mit dem Pkw an insgesamt 230 Tagen, einfache Entfernung 25 km (230 Tage × 25 km × 0,70 DM) |
4.025 |
– |
Beiträge zu Berufsverbänden lt. Anlage |
282 |
– |
Arbeitsmittel/Fachliteratur lt. Anlage |
3.871 |
– |
Arbeitszimmer lt. Anlage |
2.400 |
– |
Telephonkosten lt. Anlage |
307 |
– |
Reisekosten lt. Anlage |
92 |
– |
Sonstige Kosten lt. Anlage |
979 |
|
Insgesamt |
11.956 |
Die Kosten für Arbeitsmittel und Fachliteratur setzten sich zusammen aus
- DM 1.992,00 Arbeitsmittel
- DM 1.879,00 Literatur
Zu den sonstigen Kosten sollten gehören
- DM 30,00 Kontoführungsgebühren (pauschal)
- DM 139,00 ADAC
- DM 199,00 Handy
- DM 610,08 GEZ/Kabel
Mit Bescheid vom 30. November 2000 setzte der Beklagte Einkommensteuer von DM 9.072,00 fest. Er erkannte DM 8.411,00 Werbungskosten an. In der Anlage zum Bescheid teilte er mit, die Kosten für Arbeitsmittel könnten ohne Nachweis nicht anerkannt werden. Aufwendungen für Literatur seien lediglich mit DM 518,00 zu berücksichtigen. Es handelte sich dabei um verschiedene Titel aus einer Literaturliste mit insgesamt 105 Titeln, die der Kläger zwischenzeitlich eingereicht hatte. Denn er habe in den Veranlagungszeiträumen 1992 bis 1998 bereits Aufwendungen für Fachliteratur in Höhe von DM 17.063,51 als Werbungskosten anerkannt. Nach der allgemeinen Lebenserfahrung sei davon auszugehen, dass die Anschaffung von Basisliteratur für die Erteilung von Lehrstoffen bei Aufwendungen von DM 17.063,51 abgeschlossen sei und davon ausgegangen werden könne, dass ergänzende Basisliteratur nur noch in geringem Umfange angeschafft werde. Dem werde mit der Berücksichtigung von DM 518,00 Rechnung getragen. Darüber hinaus seien die Kosten vorrangig privat veranlasst und daher nicht abzugsfähig. Aus den gleichen Gründen könnten Kosten für … Beiträge, Handy-Kosten und Fernsehgebühren nicht berücksichtigt werden.
Welche Kosten tatsächlich Eingang in den anerkannten Betrag von DM 8.411,00 gefunden haben, hat der Beklagte in späteren Schreiben dargestellt. Sie sind der folgenden Tabelle zu entnehmen:
(Tabelle 2)
– |
Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte mit dem Pkw an insgesamt 230 Tagen, einfache Entfernung 25 km (230 Tage × 25 km × 0,70 DM) |
4.025 |
– |
Beiträge zu Berufsverbänden |
282 |
– |
Fachliteratur |
518 |
– |
Arbeitszimmer |
2.400 |
– |
Telephonkosten |
307 |
– |
sonstige Kosten: AfA Kopierer 350 Kontoführungsgebühr 30 Reisekosten 92 Telefonkosten 307 Tasche 100 |
879 |
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Insgesamt |
8.411 |
Mit Schreiben vom 08. Dezember 2000, eingegangen bei dem Beklagten am 21. Dezember 2000, stellte der Kläger einen Antrag auf „schlichte Änderung” des Einkommensteuerbescheides 1999. Arbeitsmittel und Fachliteratur seien in vollem Umfange zu berücksichtigen. Dem Begriff der Basisliteratur fehle die Rechtsquelle. Zu unterscheiden sei zwischen Fachliteratur und allgemeinbildender Literatur. Die vorgenommene Deckelung sei einkommensteuerrechtlich nicht belegt und absolut unzutreffend. Als Lehrer am Gymnasium (Studienrat) habe er wissenschaftlich fundierten Unterricht zu bieten, der sich an den neuesten Erkenntnissen zu orientieren habe.
Mit Schreiben vom 21. März 2001, eingegangen bei dem Beklagten am 23. März 2001, legte er Untätigkeitseinspruch ein, den der Beklagte mit Einspruchsbescheid vom 06. Juni 2001 als unzulässig verwarf, da er vorzeitig erhoben worden sei. Dagegen legte der Kläger keine Klage ein.
In dem folgenden Schriftwechsel teilte der Beklagte dem Kläger mit, dass er zwar zusätzliche Arbeitsmittel anerkennen, jedoch wegen der nach seiner Auffassung zu hoch angesetzten Fahrtkosten sowie fehlerhaft doppelt berücksichtigter Telefonkosten eine Fehlerkorrektur nach § 177 Abs. 2 Abgabenordnung – AO – beabsichtige. Der Kläger seinerseits teilte dem Beklagten mit, dass nach seiner Auffassung sein Antrag auf schlichte Änderung eine s...