Entscheidungsstichwort (Thema)
Kindergeldanspruch für volljähriges, nach § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 EStG berücksichtigungsfähiges Kind bei zeitweiser Vollzeiterwerbstätigkeit
Leitsatz (redaktionell)
Ist ein grundsätzlich das ganze Jahr hindurch nach § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. a, c EStG berücksichtigungsfähiges volljähriges Kind einige Monate lang einer Vollzeitwerbstätigkeit nachgegangen und würde es unter Einbeziehung der dabei erzielten Einkünfte auf das Jahr gesehen über dem Grenzbetrag des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG liegen, liegt das Kind aber bei isolierter Betrachtung nur der Monate, in denen es keiner Vollzeiterwerbstätigkeit nachgegangen ist, in diesen Zeiträumen unter dem anteiligen Grenzbetrag des § 32 Absatz 4 S. 2 EStG, so besteht nach dem Grundsatz der Meistbegünstigung ein Kindergeldanspruch für die Zeiträume, in denen das Kind keiner Vollzeiterwerbstätigkeit nachgegangen ist.
Normenkette
EStG § 32 Abs. 4 S. 2; EstG § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. a; EStG § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. c
Nachgehend
Tenor
Der Aufhebungs-, Rückforderungs- und Ablehnungsbescheid vom 28. November 2008 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 20. Februar 2009 wird aufgehoben und die Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin für ihren Sohn G. für die Monate Januar und September bis Dezember 2008 Kindergeld zu gewähren.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Festsetzung von Kindergeld für die Monate Januar 2008 und September bis Dezember 2008.
Der am 15. April 1988 geborene Sohn der Klägerin G. W. beendete am 23. Januar 2008 seine Ausbildung zum Anlagenmechaniker bei der … GmbH & Co. KG. Zum 24. Januar 2008 nahm er bei der … GmbH & Co. KG eine zum 31. Dezember 2008 befristete Vollzeitbeschäftigung als Monteur auf, die er durch Kündigung zum 22. August 2008 beendete. Die Entlohnung für die Vollbeschäftigung erfolgte nach der Berufsgruppe M 1 mit einem Tariflohn von 8,08 EUR bei einer wöchentlichen Normalarbeitszeit von 40 Stunden. Ab dem 01. September 2008 besuchte der Sohn sodann die Berufsbildende Schulen III in M. zur Erlangung der Fachhochschulreife Schwerpunkt Metalltechnik.
Den Antrag auf Gewährung von Kindergeld für den Streitzeitraum lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 28. November 2008 mit der Begründung ab, dass die Einkünfte und Bezüge des Sohnes den Grenzbetrag nach § 32 Abs. 4 Satz 2 Einkommensteuergesetz (EStG) voraussichtlich überschreiten würden. In die Grenzbetragsberechnungen bezog die Beklagte die Einkünfte aus der Vollzeitbeschäftigung mit ein. Das bereits ausgezahlte Kindergeld für den Monat Januar 2008 forderte die Beklagte zurück und gewährte ab Januar 2009 Kindergeld.
Hiergegen richtete sich der Einspruch der Klägerin vom 22. Dezember 2008, eingegangen bei der Beklagten am 29. Dezember 2008. Die Klägerin vertrat die Ansicht, dass die Zeiten der Vollzeitbeschäftigung nicht in die Grenzbetragsbetragsberechnungen mit einbezogen werden könnten, da in diesen Monaten kein Anspruch auf Kindergeld bestanden habe.
Mit Einspruchsbescheid vom 20. Februar 2009 wies die Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Sie vertrat grundsätzlich die Ansicht, dass zwar ein Anspruch auf Kindergeld auch für den Streitzeitraum bestanden habe, aufgrund der Überschreitung des Grenzbetrages jedoch kein Kindergeld gewährt werden könne. In den Zeiten der Vollzeitbeschäftigung habe das Kind die Anspruchsvoraussetzungen des § 32 Abs. 4 Satz 1 Buchstabe 2c EStG erfüllt, da sich das Kind mindestens seit Februar 2008 um die Fortsetzung seiner Ausbildung und Aufnahme in der Fachoberschule beworben habe. Die insoweit erzielten Einkünfte seien daher voll in die Grenzbetragsberechnungen einzubeziehen.
Am 23. März 2009 hat die Klägerin Klage erhoben. Unter Verweis auf die Urteile des Bundesfinanzhofes vom 23. Februar 2006, III R 8/05 und III R 46/05 sowie Beschluss vom 31. Juli 2008, III B 64/07, vertrat sie die Ansicht, dass in Zeiten der Vollzeiterwerbstätigkeit das Kind nicht zu berücksichtigen sei, da in dieser Zeit keine typische Unterhaltssituation für sie mehr bestanden habe und mithin die Einkünfte dieses Zeitraums nicht einbezogen werden dürften. Ohne diese Einkünfte würden die verbleibenden Bezüge des Ausbildungsmonats Januar 2008 den Grenzbetrag nicht überschreiten, andere Einkünfte und Bezüge habe das Kind nicht gehabt.
Die Klägerin beantragt,
den Ablehnungs- und Erstattungsbescheid vom 28. November 2008 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 20. Februar 2009 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, der Klägerin Kindergeld für die Monate Januar und September...