Entscheidungsstichwort (Thema)
Nach abgeschlossener Ausbildung (Bestehen der Bachelor-Prüfung) auf 400 EUR-Basis durchgeführtes Praktikum keine kindergeldrechtliche Berufsausbildung
Leitsatz (redaktionell)
1. Ein Kind kann sich auch dann noch in Berufsausbildung i.S. von § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG befinden, wenn es nach einer erfolgreich absolvierten Ausbildung in ernsthafter und nachhaltiger Weise zusätzliche Qualifikationen erwirbt, sofern diese als Grundlage für die Ausübung des angestrebten Berufs geeignet sind.
2. Wird ein Praktikum nach Abschluss der geregelten Berufsausbildung (hier: Bestehen der Bachelor-Prüfung in einem Dualen Kompaktstudiengang Betriebswirtschaft) freiwillig aufgenommen, liegt nur dann weiter eine kindergeldrechtliche Berufsausbildung vor, wenn – zur Abgrenzung von einem niedrig bezahlten Arbeitsverhältnis – die Ausbildungsinhalte nicht nur sachlich, sondern auch zeitlich begrenzt werden.
3. Es spricht gegen die Wertung eines nach Studienabschluss fortgeführten Praktikums als Berufsausbildung, wenn u.a. der schriftlich getroffene Praktikumsvertrag keine konkrete Beschreibung der Praktikantentätigkeit enthält, es keinen Ausbildungsplan mit zeitlichen Vorgaben gibt, das Praktikum auch nicht von theoretischem Unterricht begleitet wird und ferner das Entgelt auch nach dem Studienabschluss kontinuierlich bei 400 EUR monatlich bleibt, obwohl das Kind schon drei Jahren Praktikumserfahrung im selben Unternehmen hat und nunmehr 40 Stunden in der Woche arbeitet.
Normenkette
EstG § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. a
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob ein nach abgeschlossener Ausbildung durchgeführtes Praktikum als Berufsausbildung zu werten ist.
Der Sohn der Klägerin, B. geb. …1985, war vom 01.10.2005 bis zum 02.11.2009 (Bestehen der Bachelor-Prüfung) an der Hochschule M. für den Dualen Kompaktstudiengang Betriebswirtschaft eingeschrieben. Mit der Assekuranz Kontor A. GmbH hatte er am 25.6.2006 einen Vertrag zur Ableistung der Praxisphasen abgeschlossen, um den Zulassungsvoraussetzungen zum dualen Studium zu genügen. Das Praktikum sollte vom 15.6.2006 bis zum 30.4.2010 dauern. Bezüglich des Inhalts im Einzelnen wird auf den sich in den Akten befindlichen Vertrag (GA Bl 4 ff) verwiesen. Mit Schreiben vom 17. November 2009 (unter dem Briefkopf des Instituts für Wirtschafts- und Finanzanalytik) hatte Herr A. dem Sohn der Klägerin mitgeteilt, dass die Praktikumsmaßnahme bis Mai 2010 verlängert werden müsse. Ab dem 01. Mai 2010 übte er eine selbstständige Tätigkeit (Vermittlung von Versicherungen und Bausparverträgen lt. Gewerbeanmeldung vom 25. Mai 2010) innerhalb der Assekuranz Kontor A. GmbH aus.
Der Beklagte hob die Festsetzung des Kindergeldes nach Abschluss des Studiums auf und forderte überzahlte Beträge (Dezember 2009 bis Mai 2010) zurück.
Mit ihrem Einspruch trug die Klägerin vor, B. habe bis Mai 2010 ein „Praktikum als Anschlusspraktikum für das berufspraktische Praktikum mit dem Abschluss des Dualen Studiums abgelegt”. Erst ab dem Monat Mai 2010 habe er eine Vollbeschäftigung aufgenommen.
Die Beklagte wies den Einspruch zurück. Das Praktikum stelle keine Berufsausbildung dar. Die Klägerin habe nicht glaubhaft machen bzw. beweisen können, dass das Praktikum ein Teil des Dualen Studiums gewesen sei bzw. dafür erforderlich gewesen wäre.
Dagegen hat die Klägerin Klage erhoben. B. habe die Ausbildung mit dem Ziel vollzogen, das familiengeführte Unternehmen, welches seit 22 Jahren existent sei, zu übernehmen. Der Abschluss Bachelor of Arts allein rechtfertige noch keine Anstellung als Führungskraft. Der Inhaber des Unternehmens (Kindsvater J. A.) habe die weitere Praktikumsmaßnahme vereinbart, weil er der Ansicht war, dass bei B. die Fach- und Sozialkompetenz noch nicht vollumfänglich vorlagen. So habe er seinem Sohn mit Schreiben vom 17. November 2009 aufgegeben, sich im Rahmen der Praktikumsmaßnahme mit der Thematik „1. Produktbezogenes Fachwissen (siehe Lernkomplexe 1) 2. Ableitung zur Ausbildung von Verkäufern (siehe Anlage 2)” zu beschäftigen. Das Praktikum müsse als Teil der Berufsausbildung angesehen werden, weil es einen hinreichenden Bezug zum Berufsziel innehatte. Das Praktikum habe eine fundierte detaillierte Ausbildung zu Grunde gehabt, die darauf angezielt war, unter fachkundiger Anleitung für die Ausübung des angestrebten Berufes die wesentlichen Kenntnisse und Fähigkeiten in der Praxis zu vermitteln. Herr J. A., der an der Fachhochschule M. als Dozent eine Tätigkeit innehabe und dort Wissen im Bereich Wirtschaft vermittle, habe B. ausgebildet. Außerdem sei bei dem Dualen Studiengang empfohlen und auch darauf hingewiesen worden, dass es für den Erfolg des Studierenden von größerer Bedeutung sei, nach dem Studium noch ein Firmenpraktikum zu absolvieren für einen erfolgreichen Start in das berufliche Leben. Entsprechend § 2 der Studien- und Prüfungsordnung sei Ziel des Dualen Studi...