Entscheidungsstichwort (Thema)
Verkauf eines Binnenschiffs keine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung im Ganzen. Vorsteuerabzug bei zu Unrecht erfolgter Rechnungsberichtigung. Umsatzsteuer 1999
Leitsatz (amtlich)
1. Verkauft der Eigentümer eines von zwei Tankmotorschiffen an den bisherigen Mieter, liegt keine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung eines Unternehmens oder eines gesondert geführten Betriebs vor, wenn nur das Schiff allein, nicht aber die übrigen Vermögenswerte, personellen Mittel und geschäftlichen Beziehungen mitübertragen werden.
2. Der Rechnungsempfänger muss den Vorsteuerabzug nicht berichtigen, wenn der Rechnungsaussteller nunmehr zu Unrecht von einer nicht steuerbaren Lieferung ausgeht und eine Rechnung ohne Steuerausweis erstellt.
Normenkette
UStG 1996 § 1 Abs. 1a Sätze 1-2; UStG 1999 § 14 Abs. 2 S. 2; UStG § 17 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, § 15 Abs. 1 Nr. 1, § 17 Abs. 1 S. 3
Tenor
1. Die Umsatzsteuer 1999 wird unter Änderung des Umsatzsteuerbescheides 1999 vom 29. Dezember 2000 auf 21.477,33 EUR herabgesetzt.
2. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren wird für notwendig erklärt.
3. Die Kosten des Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.
4. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des gegen ihn zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht zuvor der Kläger Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Der Kläger erwarb im September 1998 das im Binnenschiffsregister des Amtsgerichts W. (BSR-Nr.) eingetragene Tankmotorschiff 1 (im folgenden: TMS 1) von dem Beigeladenen. Dieses kann aufgrund seiner Bauart und Ausrüstung bei schwerem Wetter nicht auf See bleiben und wird ausschließlich für die Binnenschifffahrt eingesetzt. Nach § 4 des Kaufvertrages vom 3. September 1998 war als Kaufpreis ein Betrag von 750.000,– zuzüglich der Mehrwertsteuer von 120.000,– DM vereinbart. Der Beigeladene wies in der Rechnung vom 3. September 1998 die Umsatzsteuer i.H.v. 120.000,– DM offen aus. Der Kläger zahlte daraufhin den Kaufpreis zuzüglich der Umsatzsteuer an den Beigeladenen.
Der Beigeladene änderte die Rechnung vom 3. September 1998 dahingehend, dass nur noch ein Kaufpreis von 150.000,– DM und keine Umsatzsteuer ausgewiesen wurde. Eine telefonische Nachfrage des Beklagten ergab, dass die geänderte Rechnung einen Schreibfehler enthält und der Kaufpreis 750.000,– DM beträgt. Unter Datum vom 27. September 1999 erteilte der Beigeladene erneut eine geänderte Rechnung, die einen Kaufpreis von 750.000,– DM auswies.
Im Januar 1999 ging bei dem Beklagten ein Schreiben des Rechtsanwaltes des Beigeladenen ein, wonach es sich bei der Lieferung des TMS 1 um eine Geschäftsveräußerung im Ganzen handeln solle.
Daraufhin setzte der Beklagte die Umsatzsteuervorauszahlung für den Monat September 1998 mit Bescheid vom 16. Februar 1999 unter Versagung des mit der Schiffslieferung in Zusammenhang stehenden Vorsteuerabzuges von 120.000,– DM fest. Hiergegen legte der Kläger erfolglos Einspruch ein. Im Klageverfahren (Az.: 3 K 348/99) stellte der Beklagte den Kläger durch den Erlass des Änderungsbescheides vom 27. August 1999 klaglos. Er berücksichtigte den begehrten Vorsteuerabzug im Billigkeitswege (§ 163 der Abgabenordnung –AO–), woraufhin der Rechtsstreit übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt wurde. Im Hinblick auf die geänderte Rechnung erließ der Beklagte unter Datum vom 19. August 1999 einen geänderten Bescheid über die Umsatzsteuervorauszahlung für den Monat Januar 1999 und machte den Vorsteuerabzug von 120.000,– DM auf der Grundlage von § 14 Abs. 2 i.V.m. § 17 Abs. 1 des Umsatzsteuergesetzes – UStG – rückgängig. Der Kläger legte gegen den Änderungsbescheid am 24. August 1999 Einspruch ein, den der Beklagte mit Bescheid vom 25. Februar 2000 zurückwies.
Mit der hiergegen am 17. März 2000 erhobenen Klage führt der Kläger aus, die Rechnung sei keiner Berichtigung zugänglich. Denn eine Berichtigung setze schon begrifflich eine zunächst fehlerhafte bzw. unzutreffende Rechnung voraus. Im Übrigen bestehe für eine Rechnungsberichtigung kein Raum, da die an den Beigeladenen gezahlte Umsatzsteuer nicht an ihn zurückgezahlt worden sei. Auch liege keine Geschäftsveräußerung im Ganzen vor, da das veräußerte TMS 1 für sich alleine keinen Betrieb darstelle. Er habe lediglich das Schiff nicht aber sonstige Werte oder Geschäftsverbindungen übernommen. Zudem sei der Beigeladene im Zeitpunkt der Veräußerung Schiffseigner des gecharterten TMS 2 gewesen und habe nach dem Verkauf des TMS 1 die Anschaffung eines größeren Tankmotorschiffes beabsichtigt. Er, der Kläger, habe das TMS 1 bereits seit dem Jahr 1997 in seinem eigenen Betrieb mit seinem eigenen Personal eingesetzt. Der Beigeladene habe in seiner Gewerbeabmeldung vom 24. September 1998 die vollständige Aufgabe seines Betriebes erklärt und angegeben, in seinem abgemeldeten Betrieb zwei Arbeitnehmer beschäftigt zu haben. Da das TMS 1 zum Zeitpunkt der Betriebsaufgabe des Beigeladene...