Entscheidungsstichwort (Thema)

Berichtigung der fehlerhaft unterbliebenen Erhöhung des EK 04 trotz feststellungsverjährter vEK-Bescheide. Vorrang der materiellen Richtigkeit eines Feststellungsbescheids gegenüber Grundlagenbescheidsfunktion. Wirksamkeit einer Umwandlung mit Eintragung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Erfolgt im Rahmen der Umwandlung einer Zentralgenossenschaftlichen Einrichtung mit Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften als Mitgliedern in eine GmbH die Passivierung des das Stammkapital übersteigenden Betrages nicht gem. § 27 Abs. 2 DMBilG als Sonderrücklage, die in das EK 04 einzustellen ist, sondern zunächst als Verbindlichkeiten aus Gesellschafterdarlehen und nach einem Passivtausch in 1993 als Eigenkapital, kann die anhaltend fehlende Erhöhung des EK 04 im ersten noch änderbaren Bescheid über die gesonderten Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gemäß § 47 KStG berücksichtigt werden, wenn die unterbliebene Berücksichtigung der Erhöhung des EK 04 in den vEK-Gliederungen der Vorjahre mangels Ausschüttungen aus dem EK 02 oder dem EK 04 keine Auswirkung auf die Körperschaftsteuer gehabt hat.

2. Aus § 181 Abs. 5 AO und der lediglich dienenden Funktion von Feststellungsbescheiden folgt, dass die Grundlagenbescheidsfunktion eines Feststellungsbescheides hinter der materiell richtigen Besteuerung zurücktreten kann.

3. Die formwechselnde Umwandlung einer landwirtschaftlichen Genossenschaft in eine GmbH erlangt auch bei Wirksamkeitsmängeln gem. § 37 Abs. 2 LwAnpG mit der Eintragung in das Handelsregister Wirksamkeit.

 

Normenkette

KStG 1991 § 47 Abs. 1, § 30 Abs. 2 Nr. 4; AO § 181 Abs. 5, 1, § 182; DMBilG § 27 Abs. 2 S. 3, § 36 Abs. 4, 1 S. 2, § 54a; LwAnpG 1990 § 37 Abs. 2, § 40

 

Tenor

Unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 16. Dezember 2005 sowie der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 08. Dezember 2006 wird der Beklagte verpflichtet, den Bescheid über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gem. § 47 KStG zum 30. Juni 1996 vom 05. Mai 1999 dahingehend zu ändern, dass der Teilbetrag des verwendbaren Eigenkapitals im Sinne von § 30 Abs. 2 Nr. 4 KStG a.F. – EK 04 – zum 30. Juni 1996 von 122.156,00 DM um 1.556.458,00 DM erhöht auf 1.678.614,00 DM festgestellt wird.

Der Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklage kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten sich darüber, ob der Teilbetrag des verwendbaren Eigenkapitals im Sinne von § 30 Abs. 2 Nr. 4 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) a.F., d.h. das sog. EK 04, auf Grund einer eventuell vorzunehmenden Berichtigung einer der Klägerin zuzurechnenden DM-Eröffnungsbilanz gem. § 36 Abs. 4 des Gesetzes über die Eröffnungsbilanz in Deutscher Mark und über die Kapitalneufestsetzung (DMBilG) jedenfalls zum ersten noch offenen Feststellungszeitpunkt zum 30. Juni 1996 um 1.556.458,00 DM (795.804,34 EUR) zu erhöhen ist bzw. ob die in den Bilanzen der Jahre 1992/1993 vorgenommene Umqualifizierung von „Gesellschafterdarlehen” in „Geschäftsguthaben der verbleibenden Mitglieder” ein Verzicht auf die Darlehensansprüche darstellt, der allenfalls im Jahr 1993 als Einlage zu einer Erhöhung des EK 04 geführt hätte, was aber für die Streitjahre auf Grund der Bestandskraft der Veranlagungen bis 1995 unbeachtlich wäre.

Am 16. Juli 1990 wurde in der Bevollmächtigtenversammlung der Zentralgenossenschaftlichen Einrichtung (ZGE) L beschlossen, dass diese in eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung umgewandelt werden sollte und die Gesellschaft mit einem Stammkapital von 200.000,00 DM zu gründen sei.

Die Klägerin wurde im Nachgang mit Gesellschaftsvertrag vom 08. August 1990 unter der Firma „L GmbH” gegründet. Alleinige Gesellschafter waren die Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften (LPG) Pflanzenproduktionen H, I (später: R/I) und U mit einem Anteil am 200.000,00 DM betragenden Stammkapital von 62,5 v.H (H), 12,5 v.H. (I) und 25 v.H. (U). Wie das Stammkapital aufgebracht werden sollte, war dem Gesellschaftsvertrag nicht zu entnehmen. Der Vertrag enthielt auch keine Aussage darüber, ob die neu gegründete Gesellschaft etwa durch Umwandlung der ehemaligen ZGE … L entstanden ist. An der ZGE … L waren die LPG H, U und I als alleinige Genossen beteiligt. Der Anteil der LPG am Kapital der ZGE … L zum 01. Juni 1990 von 2.178.615,27 DM entsprach exakt dem Verhältnis der späteren Beteiligungen der LPG am Stammkapital der Klägerin. Die LPG wurden später in Agrargenossenschaft H e.G., L Agrar- und Dienstleistungs GmbH I sowie A Uer Naturprodukte AG umgewandelt. Seit dem Jahr 2003 ist die A Uer Naturprodukte AG alleinige Gesellschafterin der Klägerin.

Die Klägerin wurde als „Ler …verarbeitungs GmbH” am 28. November 1990 unter dem Geschäftszeichen HRB … ins Handelsregister B des Amtsgerichts...

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