Entscheidungsstichwort (Thema)
Maßgeblichkeit der im Zeitpunkt der Änderung eines vorläufigen Investitionszulagenbescheids geltenden, gegenüber dem Zeitpunkt des Erlasses des Erstbescheids geänderten Rechtslage. Investitionszulage 1993
Leitsatz (redaktionell)
Ergeht wegen der Ungewissheit der Fertigstellung eines Investitionsvorhabens ein Investitionszulagenbescheid vorläufig unter Geltung des den Zeitraum der Fertigstellung der begünstigten Investitionen gegenüber dem InvZulG 1993 in seiner ursprünglichen Fassung verlängernden, unter dem Vorbehalt der Genehmigung durch die EG-Kommission stehenden § 3 Satz 1 Nr. 3 InvZulG 1993 i.d.F. des Art. 18 JStG 1996, ist bei Erlass des nach § 165 Abs. 2 AO 1977 geänderten Bescheids die zu diesem Zeitpunkt aufgrund der verweigerten Genehmigung wieder geltende ursprüngliche Rechtslage anzuwenden.
Normenkette
InvZulG 1993 § 3 S. 1 Nr. 3, § 7; AO 1977 § 165 Abs. 2; EGVtr Art. 93 Abs. 3 S. 3 (jetzt Art. 88 Abs. 3 S. 3 EG); EG Art. 88 Abs. 3 S. 3; GG Art. 20 Abs. 3; Drittes Finanzmarktförderungsgesetz; JStG 1996 Art. 18
Nachgehend
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.
Tatbestand
Der Kläger befasst sich mit der Frischwasserversorgung und Abwasserbeseitigung. Er begehrte die Gewährung einer Investitionszulage für 1993 von insgesamt 1.418.557,– DM und nannte in dem Antrag als begünstigten Vorgang u. a. … Anzahlungen Anlagen im Bau Übernahme von … AG, … Wasserwerk … 6.660.000,– DM Der Beginn der Herstellung wurde auf den 01. Juli 1993 datiert.
Der Beklagte ließ eine Sonderprüfung durchführen. Der Prüfer übernahm in seinem Bericht vom 14. Dezember 1995 den 01. Juli 1993 als Beginn der Herstellung und stellte fest, dass die Arbeiten noch nicht abgeschlossen waren. Weiter stellte er fest, dass die Anzahlungen in Höhe der von der … AG übernommenen Kreditbelastungen angesetzt worden waren. Er ermittelte anhand der inzwischen vorliegenden Rechnungen die Anzahlungen mit (6.660.000,– DM ./. 2.287.038,– DM =) 4.372.962,– DM und bejahte insoweit einen Zulageanspruch von 8 v.H. Der Beklagte schloss sich dieser Auffassung an und setzte mit Bescheid vom 29. Februar 1996 die Zulage entsprechend fest. In dem Bescheid heißt es:
Der Bescheid ist hinsichtlich der Festsetzung der Investitionszulage für Anzahlungen auf Anschaffungskosten und Teilherstellungskosten teilweise vorläufig nach § 165 AO, weil die Höhe des Zulagesatzes sowie die Berechtigung zur Inanspruchnahme der Zulage erst nach Abschluss der Investitionen überprüft werden können.
Bei Erlass dieses Bescheides galt § 3 InvZulG in der Fassung durch Art. 18 des Jahressteuergesetzes 1996, wonach Investitionen, die nach dem 31. Dezember 1992 und vor dem 01. Juli 1994 begonnen worden waren, vordem 01. Januar 1999 abgeschlossen sein mussten. Diese Regelung stand jedoch, wie der Bundesminister der Finanzen mit Schreiben vom 02. Januar 1996 (BStBl. I 1996 S. 2), mitteilte, unter dem Genehmigungsvorbehalt nach Art. 93 Abs. 3 S. 3 des EG-Vertrages (= Art. 88 Abs. 3 S. 3 EG-Vertrag in der Nummerierung durch den Vertrag von Amsterdam) und durfte erst nach Genehmigung durch die Europäische Kommission durchgeführt werden. Nach Verweigerung der Genehmigung wurde § 3 InvZulG durch das Dritte Finanzmarktförderungsgesetz vom 24. März 1998 wieder dahin geändert, dass die Investitionen bis zum 31. Dezember 1996 fertiggestellt sein mussten.
Am 16. Februar 1998 führte der Beklagte bei der Klägerin eine so genannte Nachschau durch und forderte dann mit Bescheid vom 22. Mai 1998 die Investitionszulage für das Wasserwerk … zurück, weil es nicht im Zulagezeitraum des § 3 Nr. 3 InvZulG 1996 fertiggestellt worden sei. Der Beklagte bezog sich dabei u. a. auf das Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 02. Januar 1996.
Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin Einspruch ein. Sie vertrat die Auffassung, der Vorläufigkeitsvermerk in dem gewährenden Bescheid eröffne dem Beklagten nicht das Recht zur Änderung dieses Bescheides mit der von ihm angeführten Begründung. Auf das Schreiben des Bundesministers der Finanzen vom 02. Januar 1996 könne sich der Beklagte nicht berufen, weil es bei Erlass des gewährenden Bescheides bereits veröffentlicht gewesen sei. Im Übrigen verstoße die Änderung des InvZulG 1996 durch das Dritte Finanzmarktförderungsgesetz gegen das Rückwirkungsverbot.
Der Beklagte wies den Einspruch durch Bescheid vom 02. September 1998 zurück. Der Vorbehalt nach § 165 AO habe sich eindeutig auf den Zeitpunkt des Investitionsabschlusses bezogen. Der Änderungsbescheid sei deshalb durch den Vorbehalt gedeckt. Die Änderung des Investitionszulagengesetzes 1996 durch das Dritte Finanzmarktförderungsgesetz verstoße auch nicht gegen das Rückwirkungsverbot, denn damit sei nur der zuvor geltende Rechtszustand wieder hergestellt worden.
Hiergegen richtet sich die Klage. Die Klägerin ist weiterhin der Meinung, der Beklagte könne sich nicht auf die Vorläufigkeit des gewähren...