rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Voraussetzungen der organisatorischen Eingliederung bei einer gewerbesteuerlichen Organschaft

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Möglichkeit, dem Geschäftsführer – per Gesellschafterbeschluss – Weisungen zu erteilen, die mit der finanziellen Eingliederung zwangsläufig einhergeht, reicht nicht aus, um eine organisatorische Eingliederung zu begründen. Es muss sichergestellt sein, dass diese Weisungen bei der laufenden Geschäftsführung der Organgesellschaft auch tatsächlich ausgeführt werden, die bloße rechtliche Einwirkungsmöglichkeit reicht nicht aus.

2. Ist der einzige Geschäftsführer einer etwaigen Organgesellschaft mit deren Minderheitsgesellschafter identisch, so fehlt es bereits an einem Organ, in dessen Person der Mehrheitsgesellschafter sein Letztentscheidungsrecht verwirklichen könnte.

 

Normenkette

GewStG 1996 § 2 Abs. 2, § 14 Nrn. 1-2; GmbHG §§ 47, 53

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über das Bestehen einer gewerbesteuerlichen Organschaft zwischen der Klägerin als Organgesellschaft und der …-Hausgeräte GmbH (m GmbH) mit Sitz in B. als Organträgerin in der Zeit vom 01. August 1997 bis 30. Juni 1999. Geschäftsführer der m GmbH waren B. F. und H. Holtorf.

Die Klägerin ist eine am 21. Juli 1997 gegründete GmbH. Am Stammkapital der Klägerin waren die m GmbH zu 51 v.H. und R. H. (R H) zu 49 v.H. beteiligt. R H war und ist zugleich alleiniger Geschäftsführer der Klägerin und von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit.

Im Gesellschaftsvertrag der Klägerin war unter § 6 u.a. bestimmt:

„6.2. Gesellschafterbeschlüsse werden grundsätzlich mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst, soweit nicht nach diesem Vertrag oder zwingenden gesetzlichen Regelungen eine andere Mehrheit oder die Drei-Viertel-Mehrheit erforderlich ist. Bei Beschlüssen über die folgenden Angelegenheiten ist die Einfach-Mehrheit aller vorhandenen Stimmen erforderlich:

  • jede Änderung dieses Gesellschaftsvertrags, insbesondere auch die Erhöhung des Stammkapitals;
  • die Aufnahme eines oder mehrerer weiterer Gesellschafter(s) …

6.3. Folgende Geschäfte bedürfen der Zustimmung der Gründungsgesellschafter:

  • die Liquidation der Gesellschaft;
  • die Bestellung, Abberufung und Entlastung von Geschäftsführern;
  • der Abschluss, die Änderung und die Aufhebung von Anstellungsverträgen mit der Geschäftsführung sowie
  • die Beteiligung eines Gesellschafters an anderen gleichartigen Unternehmen.

6.4. Jede volle 100,– DM eines Gesellschaftsanteils gewähren eine Stimme.”

Unter Textziffer 12.3. war im Gesellschaftsvertrag u.a. bestimmt: „… sollte sich in dem Vertrag eine Lücke herausstellen, so soll hierdurch die Gültigkeit der übrigen Regelungen nicht berührt werden. Anstelle der unwirksamen Regelung oder zur Ausfüllung der Lücke soll eine angemessene Regelung gelten, die, soweit nur rechtlich möglich, dem am nächsten kommt, was die Vertragsschließenden gewollt haben oder nach dem Sinn und Zweck des Vertrags gewollt haben würden, falls sie den Punkt bedacht hätten. …”

Am Tage der Gründung der Klägerin schlossen diese und die m GmbH einen Gewinnabführungsvertrag, der nicht notariell beurkundet wurde. Am 08. August 1997 hielten die m GmbH und R H eine außerordentliche Gesellschafterversammlung ab, die dort abgegebenen Erklärungen wurden notariell beurkundet. Vereinbart wurde u.a.:

„Die …-Hausgeräte H. GmbH i.G. führt ihre Geschäfte nach den Weisungen der m GmbH.

Die …-Hausgeräte H. GmbH führt einen pauschalen Gewinnanteil von zunächst monatlich DM 10.000,– beginnend mit dem 01. September 1997 an die m GmbH ab. … Die m GmbH übernimmt ihrerseits einen etwaigen Verlust in Höhe von 51 % der …-Hausgeräte H. GmbH i.G.; § 302 AktG findet entsprechende Anwendung. … Die …-Hausgerüte H. i.G. kann mit Zustimmung der m GmbH in ihrer Handelsbilanz freie Rücklagen bilden, soweit dies bei vernünftiger kaufmännischer Beurteilung wirtschaftlich begründet ist. … Der Vertrag gilt mit Wirkung vom 01.8.1997 …”

Der Gewinnabführungsvertrag wurde nicht in das Handelsregister eingetragen.

Am 01. Dezember 1997 vereinbarten die Klägerin und die m GmbH, dass die Klägerin letzterer montags den nach Handel und Service getrennten Umsatz und den Wareneinkauf der vergangenen Woche sowie ihre Kontostände melde.

Am 28. November 1997 vereinbarten die m GmbH und die Klägerin eine einheitliche Gestaltungsrichtlinie.

Unter dem 16. Dezember 1997 vereinbarten R H und die m GmbH eine Geschäftsordnung der Klägerin. Danach bedurften u.a. folgende Geschäfte der Klägerin der Zustimmung der Gesellschafterversammlung: Erwerb von Anlagevermögen zum Preis von mehr als DM 10.000,–, Veräußerung von Anlagevermögen im Wert von mehr als DM 10.000,–, Abschluss, Änderung und Beendigung von Anstellungsverträgen mit einer Kündigungsfrist von mehr als 1 Jahr oder einem Jahresgehalt von mehr als DM 75.000,– oder einer Beteiligung am Betriebsergebnis oder einen ähnlichen Begünstigung oder mit einem Pensionsrecht ...

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