rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Berücksichtigung von 65 Besuchsfahrten im Jahr zu der nach einem Schlaganfall pflegebedürftigen, nach dem Klinikaufenthalt zusammen mit dem Ehemann in einer weit entfernten Seniorenwohnanlage lebenden Mutter als außergewöhnliche Belastung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Aufwendungen für Besuche zwischen nahen Angehörigen sind regelmäßig ebenso wenig als außergewöhnlich, sondern typisierend als durch allgemeine Freibeträge und etwaige andere steuerliche Ermäßigungen abgegolten anzusehen wie Aufwendungen für sonstige Formen der Kontaktpflege etwa durch Telefongespräche. Das gilt auch, wenn der besuchte Angehörige erkrankt oder pflegebedürftig ist und Fahrten in kürzeren zeitlichen Abständen oder über größere Entfernungen durchgeführt werden.

2. Lebt die seit einem Schlaganfall pflegebedürftige Mutter (Pflegestufe 2) nicht mehr allein in einem eigenen Haushalt, sondern ist sie zunächst in stationärer Behandlung und daran anschließend zusammen mit ihrem nicht i. S. einer Pflegestufe pflegebedürftigen Ehemann in einer Seniorenwohnanlage für betreutes Wohnen untergebracht, so handelt es sich bei den 65 Fahrten des Sohnes in die 432 km entfernte Klinik bzw. in die knapp 500 km entfernte Seniorenwohnanlage um nicht zum Steuerabzug nach § 33 Abs. 1, 2 EStG berechtigende übliche Besuchsfahrten, wenn auch keine ärztlichen Bescheinigungen zur Notwendigkeit der Besuche zur Linderung der Krankheit der Mutter vorgelegt werden können.

 

Normenkette

EStG § 33 Abs. 1-2

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens haben die Kläger zu tragen.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die Kläger Fahrtkosten für Besuchsfahrten zur pflegebedürftigen Mutter des Klägers als außergewöhnliche Belastungen gem. § 33 Abs. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) abziehen können.

Die Mutter des Klägers erlitt im Januar 2008 einen Schlaganfall und war deshalb bis Mai 2008 in der … Klinik (in P.) in stationärer Behandlung. Infolge des Schlaganfalls ist sie seitdem pflegebedürftig (Pflegestufe 2). Nach der Entlassung aus der Klinik lebte die Mutter des Klägers zusammen mit ihrem Ehemann (dem Vater des Klägers) in einer Seniorenwohnanlage für betreutes Wohnen (in Z.). Vom Juni 2008 bis zu seinem Tod im Juni 2009 war der Vaters des Klägers rechtlicher Betreuer der Mutter des Klägers; seit Juli 2009 ist es der Kläger.

In ihrer Einkommensteuererklärung machten die Kläger für die ihnen nach ihren Angaben entstandenen Fahrtkosten für die Besuche der Mutter in die Klinik und in die Seniorenwohnanlage i.H.v. insgesamt 8.037 EUR für 65 Fahrten (26.790 km je 0,30 EUR) als außergewöhnliche Belastungen geltend (davon entfielen 11.970 km auf 35 Fahrten je 342 km in die Klinik und 14.820 km auf 30 Fahrten je 494 km in die Seniorenwohnanlage).

Das damalige Finanzamt … ließ im streitgegenständlichen Einkommensteuerbescheid vom 11. März 2010 die Fahrtkosten nicht zum Abzug zu und begründete dies damit, dass die Anzahl der Fahrten nicht das normale Maß überstiegen hätten und die Betreuung der Mutter erst 2009 in Kraft getreten sei.

Im dagegen angestrengten Einspruchsverfahren trugen die Kläger im Wesentlichen vor, dass die Elternbesuche bei diesen Entfernungskilometern das normale Maß deutlich überschritten hätten und dem FA ein Ermessensspielraum, insbesondere unter sittlich-moralischen Gesichtspunkten, zustünde. In der Einspruchsentscheidung vom 24. September 2010 versagte das damalige Finanzamt … den Abzug der Fahrtkosten, weil die Besuchsfahrten weder außergewöhnlich noch zwangsläufig gewesen seien.

Dagegen richtet sich die vorliegende Klage, mit der die Kläger weiterhin den Abzug der Fahrtkosten als außergewöhnliche Belastungen begehren.

Die Kläger haben schriftsätzlich – sinngemäß – beantragt,

dass der Einkommensteuerbescheid vom 11. März 2010 in Gestalt des Einspruchsbescheides vom 5. April 2010 mit der Maßgabe geändert wird, dass die Fahrtkosten i.H.v. 8.037 EUR als außergewöhnliche Belastungen zum Abzug zugelassen werden und die Einkommensteuer entsprechend herabgesetzt wird.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das beklagte Finanzamt (FA), welches während des Klageverfahrens (zum 1. Juni 2013) durch gesetzlichen Organisationsakt Rechtsnachfolger das vormaligen Finanzamt … geworden ist, bezieht sich im Wesentlichen auf den bisherigen Sachvortrag.

Im Erörterungstermin haben die Kläger auf Nachfrage des Berichterstatters klargestellt, dass keine ärztlichen Bescheinigungen zur Notwendigkeit der Besuche zur Linderung der Krankheiten der Mutter existieren. Auch aus dem von den Klägern dem Berichterstatter vorgelegten (nicht zur Gerichtsakte genommenen) Entlassungsschreiben der … Klinik (vom 3. April 2008), welches eine Beschreibung der Diagnose, den Behandlungsverlauf und die Empfehlung zu einer Betreuung enthält, ergibt sich keine medizinische Indikation für die Besuchsfahrten. Nachdem der Berichterstatter auf die nach seiner Ansicht einschlägigen Grundsätze der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) und dem folgend der F...

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