Entscheidungsstichwort (Thema)
Grobes Verschulden bei Verwendung des „Elster”-Programms der Finanzverwaltung zur Erstellung der Einkommensteuererklärung
Leitsatz (redaktionell)
Der Grundsatz, dass ein Steuerpflichtiger grob fahrlässig handelt, wenn er es unterlässt, die zur Einkommensteuererklärung dazugehörige „Anleitung zur Einkommensteuererklärung” – die sich auch im „Elster”-Programm befindet – im Einzelnen durchzulesen und die darin enthaltenen Erläuterungen zu beachten, gilt auch dann, wenn die Steuererklärung mit Hilfe des „Elster”-Programms der Finanzverwaltung erstellt wird.
Normenkette
AO § 173 Abs. 1 Nr. 2
Nachgehend
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Tatbestand
Streitig ist, ob der bestandskräftige Steuerbescheid für 2006 gem. § 173 Abs. 1 Nr. 2 Abgabenordnung (AO) geändert werden kann.
Der Kläger ist unverheiratet. Er lebt zusammen mit seiner Lebensgefährtin und dem gemeinsamen, am 17. Januar 2006 geborenen Kind in M. Seit 1992 erstellt der Kläger seine Steuererklärung selbst. Wie im Vorjahr erstellte der Kläger auch für das Streitjahr seine Einkommensteuererklärung mittels elektronischer Steuererklärung (Elster), einem Steuerklärungsprogramm der Finanzverwaltung. Der Beklagte (das Finanzamt – FA –) erließ daraufhin am 18. Mai 2007 einen Einkommensteuerbescheid. Dieser erwuchs in Bestandskraft.
Mit Schreiben vom 23. März 2008 beantragte der Kläger die Einkommensteuerfestsetzung 2006 zu ändern und Unterhaltsleistungen an seine Lebenspartnerin zu berücksichtigen. Er habe diese aus Unerfahrenheit nicht erklärt. Nach einem Hinweis des Beklagten trug die Prozessbevollmächtigte des Klägers nunmehr vor, der Kläger habe die Aufwendungen nicht aus Unwissenheit nicht erklärt, sondern es schlichtweg vergessen, diese zu erklären. Ihm sei der Fehler auch nach nochmaliger Durchsicht des Ausdrucks nicht aufgefallen, weil im Ausdruck nur die Felder enthalten seien, bei denen zuvor Eintragungen gemacht worden seien. Die Abziehbarkeit derartiger Aufwendungen sei ihm aufgrund der Trennung von seiner früheren Ehefrau bekannt gewesen. Das Fehlen der Angaben zum Unterhalt wäre ihm nicht unterlaufen, wenn er die Erklärung in Papierform abgegeben hätte. Dass er dies bei dem Elster-Formular nicht überblickt habe, könne ihm nicht zum Vorwurf gemacht werden. Letztlich habe die Unübersichtlichkeit des Elster-Formulars und seine fehlende Routine im Umgang mit dem Programm die Entdeckung des Fehlers verhindert. Der Fehler beruhe auf einem Versehen, welcher letztlich auf leichter Fahrlässigkeit beruhe.
Das FA lehnte den Antrag mit Bescheid vom 27. Juni 2008 ab. Zur Begründung führte es aus, den Kläger treffe grobes Verschulden am nachträglichen Bekanntwerden der Unterhaltsleistungen. In der Anleitung zur Steuererklärung und im Erklärungsvordruck werde auf den Abzug von Unterhaltsleistungen hingewiesen. Dies treffe auch auf das Elster-Formular zu. Von einer Unübersichtlichkeit könne keine Rede sein. Der Steuerpflichtige werde auf Seite 4 des Mantelbogens in Zeile 102 nach Angaben zur unterhaltenden Person gefragt. Werde eine im Steuervordruck ausdrücklich gestellte Frage nicht beantwortet, so liege grobes Verschulden vor.
Zur Begründung des hiergegen eingelegten Einspruchs trug die Prozessbevollmächtigte ergänzend vor, der Verweis auf die Anleitung zum Erklärungsvordruck sei verfehlt, da die Steuererklärungsvordrucke nicht mehr versandt würden, wenn die Steuererklärung mit dem Elster-Programm erstellt werde. Bei der Überprüfung der fertigen Steuererklärung habe der Fehler nicht mehr auffallen können, weil Kennziffern, die nicht angesprochen wurden, im Ausdruck nicht aufgeführt würden. Der Fehler sei auch nicht bei der Überprüfung des Steuerbescheides aufgefallen, da dieser mit den Angaben in der Erklärung übereingestimmt habe.
Mit Einspruchsbescheid vom 28. April 2009 wies das FA den Einspruch zurück. Es führte ergänzend aus, der Kläger habe grob fahrlässig gehandelt, denn das Elster-Programm führe den Steuerpflichtigen Schritt für Schritt durch das Programm. Es enthalte dieselben Angaben wie die Steuererklärung und die Anleitung hierzu. Die eindeutigen Fragen seien trotz der Kenntnis des Klägers über die steuerliche Abzugsfähigkeit unbeantwortet geblieben. Steuerpflichtige, die steuerlich nicht beraten seien, diene die Anleitung als Hilfe bei der Anfertigung der Steuererklärung. Da der Kläger die Steuererklärung selbst angefertigt habe und die entsprechende Anleitung nicht beachtet habe, habe er die zumutbare Sorgfaltspflicht verletzt.
Zur Begründung der hiergegen erhobenen Klage trägt der Kläger vor, ihm sei bei der Erstellung der Steuererklärung für das Jahr 2007 aufgefallen, dass die Steuererklärung um den Vordruck „Anlage U” erweitert worden sei. Daraufhin habe er die Unterlagen für das Jahr 2006 nochmals hervorgeholt und festgestellt, dass er entgegen dem ursprünglich Gewolltem vergessen hatte, den Unterhalt für die Kindesmutter ...