rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorsteuerabzug. Unternehmer. Umsatzsteuerkarusell. innergemeinschaftliche Leistung. kriminelle Machenschaften. Aussetzung der Vollziehung der Umsatzsteuerbescheide 1997, 1998 vom 12. Dezember 2002
Leitsatz (redaktionell)
Ist der Geschäftspartner ein Unternehmer, der zusammen mit anderen in krimineller Weise umsatzsteuerliche Vorteile durch die Anwendung der §§ 4b, 6a UStG erschleicht, so ist Leistungserbringer nicht der förmlich handelnde Rechnungssteller, sondern die kollusiv im Hintergrund handelnde kriminelle Gruppe.
Normenkette
UStG §§ 15, 4b, 6a
Tenor
1. Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung wird als unbegründet abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens werden dem Antragsteller auferlegt.
3. Die Beschwerde wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Der Antragsteller betreibt in B einen KFZ-Handel. Am 12. Dezember 2002 hat der Antragsgegner nach § 164 Abs. 2 AO geänderte Umsatzsteuerbescheide für 1997 und 1998 erlassen, die (nebst Zinsen) zu Nachzahlungen i.H.v. 185.826,12 EUR (1997) und 34.062,63 EUR (1998) geführt haben.
Die Änderungen basierten auf dem vorläufigen Ermittlungsbericht der Steuerfahndungsstelle T vom 12. August 2002. Die Ermittlungen richteten sich gegen Umsatzsteuerverkürzungen durch den Verkauf von KFZ („Umsatzsteuerkarussell”). Die Geschäfte wurden wie folgt abgewickelt:
Die W S.a.r.l. (Sitz: Luxemburg; Gesellschaftszweck: Ankauf und Verkauf von KFZ) kaufte bei Lieferanten in der BRD (zumeist hochwertige) KFZ. Die – z.T. gutgläubigen – Lieferanten stellten Rechnungen aus, in denen der Umsatz als innergemeinschaftliche Lieferung nach § 4 Nr. 1b i.V.m. § 6a UStG steuerfrei belassen wurde, da ihnen nach der Barzahlung des Kaufpreises schriftlich bestätigt wurde, das Fahrzeug werde nach Luxemburg verbracht. Tatsächlich gingen die Fahrzeuge – ohne nach Luxemburg ausgeführt zu werden – unmittelbar vom Lieferanten zu den Kunden im Inland. Die Rechnungen wurden an den Kunden von inländischen Zwischenhändlern („Buffer Firmen”) mit Vorsteuerausweis gestellt. Die „Butter Firmen” wurden zu Verschleierungszwecken in den Kreislauf eingeschaltet und erhielten ihrerseits Scheinrechnungen mit Vorsteuerausweis von inländischen Scheinfirmen („Missing Trader”), Die „Missing Trader” haben zwar Umsatzsteuer in Rechnung gestellt, diese aber weder angemeldet noch abgeführt. In den Kreislaut (W S.a.r.l. / Missing Trader / Butter Firmen) waren eine Reihe von Personen eingeschaltet, die einvernehmlich und kollusiv zusammenwirkten. Die Fahndungsstelle hat in einer aus diesen Personen bestehenden GbR den eigentlichen Unternehmer gesehen. Der Hauptbeschuldigte, RK, ist durch Urteil der 4. großen Strafkammer des Landgerichts K vom 30. April 2002 wegen Steuerhinterziehung zu einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren und 6 Monaten verurteilt worden. Die Mitbeschuldigten sind geständig.
Zu den Beschuldigten zählt u. a. L, der als letztes Glied in der Kette („Buffer Firma”) an die Firmenkunden – u. a. auch an den Antragsteller – Rechnungen geschrieben hat. Nach den Feststellungen der Steuertahndung hat L für ein Entgelt i.H.v. 750 bis 1.200 DM pro Vorgang die Rolle des „Rechnungsschreibers” übernommen; er habe gewusst, dass über die W S.a.r.l. Umsatzsteuer hinterzogen werden sollte. Bei seiner Vernehmung am 12. Februar 1999 durch die Steuertahndung gab er zu Protokoll, er habe für den Beschuldigten RK Fahrzeuge zu den deutschen Abnehmern gebracht. Diese Fahrzeuge habe er zuvor bei Vorlieferanten in Deutschland abgeholt. Die von ihm in Rechnung gestellten Beträge habe er in bar kassiert und bis auf ca. 500,– DM je Fahrzeug an RK weitergeleitet. Von RK habe er seine eigenen Eingangsrechnungen und ebenso seine Ausgangsrechnungen gestellt bekommen. Er habe sie praktisch nur noch zu seinen Buchführungsunterlagen nehmen müssen. S. dazu auch das Schaubild auf der folgenden Seite:
Der Antragsteller legte gegen die geänderten Umsatzsteuerbescheide am 6. Januar 2003 Einspruch ein und beantragte die Aussetzung der Vollziehung. Am 13. Januar 2003 wurde der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung abgelehnt. Über den Einspruch gegen die geänderten Umsatzsteuerbescheide ist noch nicht entschieden.
Am 27. Januar 2003 stellte der Antragsteller bei Gericht sinngemäß den Antrag,
die Vollziehung der Änderungsbescheide vom 12. Dezember 2002 bis einen Monat nach Abschluss des Einspruchsverfahrens auszusetzen.
Der Antragsteller habe von der Firma X, dem Unternehmen des L, vom 20. Oktober 1997 bis zum 25. Februar 1998 84 Kraftfahrzeuge erworben. Die Rechnungen seien in den Geschäftsräumen des Antragstellers beschlagnahmt und trotz intensiver Bemühungen weder an den Steuerberater noch an den Antragsteller versandt worden.
Der Antragsteller habe mit der Fa. X die einzelnen im vorläufigen Ermittlungsbericht angeführten KFZ-Kaufverträge geschlossen. L sei ihm gegenüber als Unternehmer aufgetreten. L habe nicht nur an den Antragsteller selbst, sondern auch an andere Unternehmen in großem Umfang Fahrzeuge geliefert. Die Rechnungen i.S.d...