Entscheidungsstichwort (Thema)
Zuschläge nach § 3b EStG bei einem GmbH-Geschäftsführer. Bindung des Gerichts an eine Übergangsregelung nach BMF-Schreiben. Einkommensteuer 1995-1997
Leitsatz (amtlich)
1. Die in § 3b EStG genannten Zuschläge sind mit dem Aufgabenbild eines GmbH-Geschäftsführers nicht vereinbar. Sie sind deshalb körperschaftsteuerlich als verdeckte Gewinnausschüttung und einkommensteuerlich als Einnahmen aus Kapitalvermögen anzusehen mit der Folge, dass die Vergünstigungen des § 3b EStG nicht gewährt werden können.
2. An die Übergangsregelung des BMF-Schreibens IV B 7-S 2742-88/99 (BStBl I 1998, 1194), wonach aus obiger Rechtsprechung des BFH für vor dem 1.1.1998 endende Lohnzahlungszeiträume keine nachteiligen steuerlichen Folgen zu ziehen sind, sind die Gerichte nicht gebunden. Entgegen der Auffassung des BFH im Urteil I R 25/00 vom 8.8.2001 (BFH/NV 2002, 461) ist die Anwendung der Übergangsregelung der Verwaltung durch das Gericht auch nicht im Wege einer abweichenden Festsetzung nach § 163 AO geboten, denn dies würde im Ergebnis dazu führen, dass auch Nichtanwendungserlasse der Finanzverwaltung für die Gerichte bindend wären.
Normenkette
EStG 1990 § 3b; EStG 1997 § 3b; KStG 1991 § 8 Abs. 3 S. 2; KStG 1996 § 8 Abs. 3 S. 2; EStG 1990 § 20 Abs. 1 Nr. 1; EStG 1997 § 20 Abs. 1 Nr. 1
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird als unbegründet abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens werden den Klägern auferlegt.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Kläger werden beim Beklagten zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Sie erzielen als Geschäftsführer der R. D. GmbH Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. In den Streitjahren wurden an sie pauschale Zulagen für Nacht-, Sonntags- und Feiertagsarbeit nach § 3 b EStG in folgender Höhe ausgezahlt:
|
Kläger |
Klägerin |
1995 |
28.178 DM |
1.604 DM |
1996 |
26.680 DM |
1.704 DM |
1997 |
16.860 DM |
1.704 DM |
Im April 1998 fand eine Lohnsteueraußenprüfung statt, die die Steuerfreiheit der Zulagen verneinte, weil es am Nachweis der Voraussetzungen des § 3 b EStG gefehlt habe. Im Hinblick auf das BMF-Schreiben vom 28. September 1998, BStBl I 1998, 1194 wandte der Beklagte hierbei die Rechtsprechung des BFH zur Überstundenvergütung für Gesellschafter-Geschäftsführer nicht an. Gegen die Änderungsbescheide vom 30. August 1999 erhoben die Kläger Einspruch und sodann Klage.
Sie beantragen sinngemäß (Bl. 2),
unter Änderung der Bescheide vom 30. August 1999, alle in Form der Einspruchsentscheidung vom 5. Februar 2002, die Einkommensteuer wie folgt festzusetzen:
1995: |
14.398,00 DM |
1996: |
46.396,00 DM |
1997: |
1.012.00 DM |
Die Voraussetzungen des § 3 b EStG seien erfüllt. Sämtliche Nachweise seien erbracht und ordnungsgemäß erstellt. Die Annahme, die Aufzeichnungen seien nachträglich erstellt worden, entbehre jeder Grundlage (Bl. 2 ff.).
Der Beklagte beantragt (Bl. 103),
die Klage als unbegründet zurückzuweisen.
Zur Begründung nimmt er im Wesentlichen auf seine Einspruchsentscheidung Bezug. Die Unterlagen seien in der Lohnsteueraußenprüfung trotz Anforderung nicht vorgelegt worden. Die behaupteten Zahlungsvorgänge seien nicht belegt worden (Bl. 103 f.).
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze und die beigezogenen Akten des Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die form- und fristgerecht erhobene Klage ist zulässig, aber unbegründet.
1. Die Voraussetzungen des § 3 b EStG liegen nicht vor. Die Vorschrift ist nur auf Zuschläge anwendbar, die als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit gezahlt werden (§ 19 EStG). Nach ständiger Rechtsprechung des BFH sind jedoch die in § 3 b EStG genannten Zuschläge nicht mit dem Aufgabenbild eines GmbH-Geschäftsführers vereinbar und deshalb körperschaftsteuerlich als verdeckte Gewinnausschüttungen zu behandeln (s. z. B. BFH v. 19.3.1997 I R 75/96, BStBl. II 1997, 577). Einkommensteuerlich hat diese Rechtsprechung, der sich der Senat stets angeschlossen hat, zur Folge, dass keine Einkünfte nach § 19 EStG, sondern nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG vorliegen und damit auch nicht die Vergünstigungen des § 3 b EStG gewährt werden können.
2. Durch Schreiben vom 28. September 1998 IV B 7 – S 2742 – 88/98, BStBl. I 1998, 1194 hat der BMF die Finanzämter angewiesen, aus den Rechtsgrundsätzen der vorgenannten Rechtsprechung bei der Anwendung des § 3 b EStG „für vor dem 1. Januar 1998 endende Lohnzahlungszeiträume …. keine nachteiligen steuerlichen Folgen zu ziehen.” An diese Anweisung sind die Gerichte nicht gebunden.
Verwaltungsanweisungen über die Anwendung und Auslegung eines Gesetzes sind keine Rechtsnormen und binden deshalb die Gerichte nicht. Sie sind nicht Maßstab, sondern Gegenstand gerichtlicher Entscheidungen und für diese allenfalls insofern verbindlich, als sie ein zutreffendes Gesetzesverständnis wiedergeben. Eine Bindung der Gerichte an Verwaltungsvorschriften wird bisher nur im Bereich des Verwaltungsermessens anerkannt. Dort, wo die Verwaltungsspitze den nachgeordneten Behörden Richtlinien zu...