Entscheidungsstichwort (Thema)
Berücksichtigung erheblicher Fahrkilometer zwischen verschiedenen Wohnungen und einer nicht täglich anzufahrenden Arbeitsstätte
Leitsatz (redaktionell)
1. Das Fehlen einer Verpflichtung zur förmlichen Aufzeichnung der Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte führt nicht dazu, dass das FA die erklärten Einkünfte ungeprüft übernehmen muss.
2. Bei der Geltendmachung einer großen Anzahl von Fahrten über eine einfache Entfernung mit einer großen Gesamtkilometerzahl ist bereits im Eigeninteresse eine entsprechende Beweisfürsorge zu treffen.
3. Können die Fahrten zwischen den verschiedenen Wohnungen der Fachschulrätin einer Hochschule und ihrer Arbeitsstätte mangels Aufzeichnungen nicht exakt ermittelt werden, ist das FA berechtigt die Besteuerungsgrundlagen zu schätzen. Dies gilt vor allem, wenn der Beruf keine tägliche Präsenz an der Arbeitsstelle voraussetzt, die geltend gemachte jährliche Fahrleistung – von zunächst über 60.000 km und im Klageantrag nur noch rd. 36.000 km – erheblich divergiert und hohe Werbungskosten vor dem Hintergrund der Einkunftsgrenze des § 5 EigZulG geltend gemacht werden.
Normenkette
EStG § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4; AO § 162 Abs. 1; FGO § 96 Abs. 1
Tenor
1. Die Klage wird als unbegründet abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.
Tatbestand
Die ledige Klägerin erzielte als Fachschulrätin an der Hochschule in X X im Streitjahr 2005 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Der Rechtsstreit wird um die Höhe der Fahrtkosten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte geführt.
Die Klägerin unterhielt ab Dezember 2003 bis zum 17. Juli 2005 eine Wohnung in Y. Mit Hauptwohnsitz war sie seit ihrer Geburt bis zum 31. Juli 2005 bei ihren Eltern in A gemeldet. Zum 1. August 2005 bezog sie ein eigenes Haus in Z, das sie durch Vertrag vom 20. Juni 2005 erworben hatte und das sie seitdem bewohnt. Für dieses Haus hatte sie die Eigenheimzulage ab 2005 beantragt und durch Bescheid vom 30. Dezember 2005 auch erhalten. Ab Oktober 2005 übernachtete sie in der Vorlesungszeit als Untermieterin bei einem Bekannten in B (Nähe X).
Am 27. Juni 2006 reichte die Klägerin ihre Einkommensteuererklärung 2005 ein. Darin machte sie für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitstätte insgesamt 9.227 EUR geltend:
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193 Tage × 155 km = |
29.915 km |
× 0,30 EUR = |
8.974,50 EUR |
▸ |
35 Tage × 24 km = |
840 km |
×0,30 EUR = |
252,00 EUR |
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Summe |
30.755 km |
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9.226,50 EUR |
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Gefahrene Strecke |
61.510 km |
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Aufgrund von Angaben, die die Klägerin im Verfahren der Eigenheimzulage gemacht hatte, ließ der Beklagte 3.554 EUR für folgende Fahrten zum Werbungskostenabzug zu
▸ |
73 Tage × 23 km = |
1.679 km |
× 0,30 EUR = |
503,70 EUR |
▸ |
26 Tage × 160 km = |
4.160 km |
× 0,30 EUR = |
1.248,00 EUR |
▸ |
29 Tage × 4 km = |
116 km |
× 0,30 EUR = |
34,80 EUR |
▸ |
38 Tage × 155 km = |
5.890 km |
× 0,30 EUR = |
1.767,00 EUR |
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Summe: |
11.845 km |
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3.553,50 EUR |
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Gefahrene Strecke |
23.690 km |
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und setzte durch Bescheid vom 13. September 2006 die Einkommensteuer 2005 aufgrund eines Gesamtbetrages der Einkünfte von 38.505 EUR dementsprechend fest (Gesamtbetrag der Einkünfte 2004: 37.539 EUR; 2006: 34.895 EUR). Am selben Tage hob der Beklagte die Eigenheimzulage wegen Überschreitung der Einkunftsgrenze auf.
Die Klägerin legte am 29. September 2006 Einspruch gegen den Einkommensteuerbescheid 2005 ein und machte folgende Fahrten geltend:
Strecke insgesamt |
Anzahl Tage |
einf. Entfernung |
km |
Y – X 1.1.-31.7. |
35 |
23 |
1.610 |
A/Z – X 1.1.-31.12. |
183155 |
56.730 |
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B – X 1.8.-31.12 |
17 |
4 |
136 |
Summe |
235 |
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58.476 |
Im Zuge des Einspruchsverfahrens erließ der Beklagte Änderungsbescheide, zuletzt am 22. August 2008. Darin wurden zusätzliche Werbungskosten i.H.v. 1.528 EUR aufgrund folgender Fahrten anerkannt:
Strecke insgesamt |
Anzahl Tage |
einf. Entfernung |
km |
Y – X 1.1.-31.7. |
132 |
23 |
6.072 |
A/z – X 1.1.-31.7. |
26 |
160 |
8.320 |
B – X 1.8.-31.12. |
29 |
4 |
232 |
Mandelbachtal – X 1.8.-31.12. |
…38 |
155 |
11.780 |
Summe |
225 |
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26.404 |
Die Zahl der Fahrten von Y nach X wurde dabei von 73 auf 132 erhöht (Gesamtbetrag der Einkünfte: 36.437 EUR). Der Beklagte wies den verbliebenen Einspruch mit Entscheidung vom 26. August 2008 als unbegründet zurück. Wegen Einzelheiten der Änderungen wird auf die Einspruchsentscheidung Bezug genommen.
Am 24. September 2008 hat die Klägerin Klage erhoben. Sie beantragt,
unter Änderung des Bescheides vom 22. August 2008 in Form der Einspruchsentscheidung vom 26. August 2008 die Einkommensteuer 2005 unter Berücksichtigung weiterer Werbungskosten i.H.v. 1.463,70 EUR bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit festzusetzen.
Im gesamten Jahr 2005 habe sich der Mittelpunkt der Lebensinteressen der Klägerin im Saarland befunden. Anfang 2005 habe die Klägerin den Entschluss gefasst, eine zu eigenen Wohnzwecken genutzte Immobilie im Saarland zu erwerben. Sie sei mit dem Verkäufer im April 2005 handelseinig geworden und habe im Mai 2005 in Eigenleistung mit der Renovierung begonnen. Aufgrund des Erwerbs, der Renovierung und der Ausstattung der Immobilie sei sie häufig im Saarland gewesen. Daher seien die Fahrten von A zu ...