rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsweg und Klageart bei finanzamtlichem Insolvenzantrag. maßgebender Zeitpunkt für die gerichtliche Entscheidung über den in das finanzamtliche Ermessen gestellten Insolvenzantrag. Insolvenzantrag
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Rücknahme eines finanzamtlichen Insolvenzantrages ist im Finanzrechtsweg zu verfolgen.
2. Zulässige Klageart ist nicht die Feststellungs-, sondern die allgemeine Leistungsklage, in welche deshalb ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Feststellungsantrag umzudeuten ist.
3. Die gerichtliche Entscheidung über die Leistungsklage auf Rücknahme des Insolvenzantrages bestimmt sich nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung.
4. Maßgebend für die Rechtmäßigkeit eines finanzamtlichen Insolvenzantrages ist daher nicht, ob sich die Stellung, sondern die Aufrechterhaltung des Antrages in der mündlichen Verhandlung als fehlerfreie Ermessensausübung darstellt.
Normenkette
FGO § 33 Abs. 1 Nr. 1, § 40 Abs. 1, § 41 Abs. 2 S. 1, §§ 44, 102; AO § 251 Abs. 2 S. 1, § 5; InsO §§ 13, 16-17, 133 Abs. 1 S. 2, § 1 S. 1, § 156 Abschn. 1; InSO § 157
Tenor
Die Klage wird als unbegründet abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden dem Kläger auferlegt.
Tatbestand
Der verheiratete Kläger ist seit 2001 selbständiger Orgelbaumeister (Bl. 17 FG, 157 VollstrA; ESt-Erklärungen 2001 u. 2002). Seit 1990 sind die Eheleute bzw. der Kläger konstant mit erheblichen Einkommen- und Umsatzsteuerbeträgen rückständig (Vorakte zur VollstrA). Mehrere Sach- und Forderungspfändungen blieben erfolglos (Bl. 6 ff., 9 ff., 16 f. mit 25 ff., 29 ff., 47 ff. VollstrA). Die Ehefrau des Klägers gab am 14. Februar 2000 vor einem Gerichtsvollzieher die eidesstattlichen Versicherung ab (Bl. 71 ff. VollstrA), ebenso später der Kläger am 13. Juli 2001 (Bl. 156 ff. VollstrA), nachdem er zuvor am 18. Juni 2001 mit dem Beklagten eine Zahlungsvereinbarung getroffen hatte (Bl. 64 VollstrA).
Nach dieser Vereinbarung sollten bei einem Abgabenrückstand in Höhe von rd. 114.000 DM die noch ausstehenden Steuererklärungen eingereicht, die laufenden Steuern bezahlt, eine sofortige Einmalzahlung über 4.000 DM entrichtet sowie am 10. Juli, 10. August und 10. September 2001 jeweils 1.000 DM geleistet werden. Nach Ablauf dieser drei Monate sollte der Kläger wegen einer weiteren Rückführung der Rückstände erneut auf den Beklagten zukommen. Die vereinbarten Beträge sind mit teilweiser Verspätung im Wesentlichen gezahlt worden (Bl. 38 FG, 97 VollstrA). Die Zahlungsvereinbarung wurde durch zwei weitere Vereinbarungen vom 22. November 2001 und 21. Juni 2002, mit zuletzt einer Laufzeit bis 31. Dezember 2002 sowie der Auflage von Zusatz- und Nachzahlungen, modifiziert (Bl. 97, 114 VollstrA).
Im Wesentlichen mit der Begründung, die Zahlungsvereinbarungen seien wiederholt nicht eingehalten worden, und weil am 10. Januar 2003 immer noch Einkommen-, Umsatzsteuer- und sonstige Abgabenrückstände für die Jahre 1990 ff. in Höhe von insgesamt 60.912,66 EUR – davon 16.050,46 EUR Säumniszuschläge – bestünden, beantragte der Beklagte mit Schreiben von diesem Tage beim AG S, das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Klägers zu eröffnen (Bl. 120-125 VollstrA).
Über den Eröffnungsantrag ist im amtsgerichtlichen Verfahren noch nicht entschieden, nachdem der Kläger gegen den Insolvenzantrag des Beklagten am 17. März 2003 beim FG Klage erhoben hat.
Nach Erhebung der finanzgerichtlichen Klage hat der Kläger beim Beklagten am 10. Juli bzw. 1. Oktober 2003 die Einkommen-, Gewerbe- und Umsatzsteuererklärungen für 2001 und 2002 eingereicht. Darin werden für diese Jahre Gewerbegewinne in Höhe von 16.113,85 DM bzw. 9.675,20 EUR sowie Umsatzsteuerüberschüsse in Höhe von 3.587,90 DM und 2.280,74 EUR erklärt.
Der Kläger beantragt,
festzustellen, dass der Insolvenzantrag unzulässig ist.
Die Begründung des Insolvenzantrages sei falsch. Er habe seine Zahlungen nicht im Oktober 2002 eingestellt, vielmehr noch am 3. Dezember 2002 500 EUR an den Beklagten überwiesen. Auch sonst habe er – per Bankbeleg nachweisbar – alle vereinbarten Raten bezahlt, ebenso alle Steuern seit dem Jahr 2000, so dass seine Steuerschuld nicht weiter angewachsen sei (Bl. 2, 34). Bisher habe das Finanzamt die ordnungsgemäße Verbuchung seiner geleisteten Zahlungen zudem nicht völlig nachgewiesen (Bl. 55, 57).
Nicht er, sondern der Beklagte habe die Zahlungsvereinbarung vom Juni 2001 nicht eingehalten, indem das Finanzamt immer wieder auf höhere und zusätzliche Zahlungen gedrängt habe (Bl. 1). Hätte er sich nicht an die Zahlungsvereinbarung gehalten, hätte der Beklagte ihm weder immer wieder neue Besprechungstermine eingeräumt, noch keine Säumniszuschläge mehr berechnet, um ihm eine reelle Abzahlungsmöglichkeit zu eröffnen (Bl. 16 f.).
Die hohen Steuerschulden resultierten aus Fehlern seiner früheren Auftraggeberin, die infolge eigener Zahlungsschwierigkeiten mit anschließender Insolvenz die für ihn übernommenen Umsatzsteuerdirektzahlungen an den Beklagten wohl ins...