Entscheidungsstichwort (Thema)
Übermittlung eines Gerichtsbescheides per Fax
Leitsatz (redaktionell)
Die Zustellung eines Gerichtsbescheides kann auch im Wege der Telekopie (Fax) erfolgen (§ 53 Abs. 2 FGO i.V. mit § 174 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Eine solche Zustellung löst bereits den Fristenlauf aus. Durch die anschließende Übermittlung des Gerichtsbescheides auf dem Postwege wird die frühere Übermittlung per Fax nicht gegenstandslos.
Normenkette
FGO § 53; ZPO § 174 Abs. 2 S. 1
Tenor
Es wird festgestellt, dass der Gerichtsbescheid vom 13. März 2006 als Urteil wirkt.
Tatbestand
Am 15. November 2005 reichte die Klägerin ihre Klage beim Finanzgericht ein. Sie wendet sich gegen die Umsatzsteuerfestsetzungen des Beklagten der Streitjahre 1997 und 1998 vom 13. April 2005 in Form der Einspruchsentscheidung vom 3. November 2005 (Bl. 2).
Mit Verfügung vom 21. November 2005 forderte der Senatsvorsitzende die Klägerin u.a. auf, bis spätestens 30. Dezember 2005 den Gegenstand des Klagebegehrens zu bezeichnen (Bl. 15 f.). Die Fristsetzung erfolgte nach § 65 Abs. 2 FGO.
Am 5. Dezember 2005 (Bl. 24) beantragte die Klägerin, die ihr gesetzte Frist bis 20. Februar 2006 zu verlängern. Der Berichterstatter verlängerte die Frist antragsgemäß bis 20. Februar 2006 (Bl. 26).
Innerhalb der verlängerten Frist ist eine Bezeichnung des Gegenstandes des Klagebegehrens nicht erfolgt.
Mit Gerichtsbescheid des Berichterstatters vom 13. März 2006 wurde die Klage als unzulässig abgewiesen (Bl. 31), nachdem zuvor der Berichterstatter die Klägerin mit Schreiben vom 28. Februar 2006 auf die Fristversäumnis und die hieraus resultierende Unzulässigkeit der Klage hingewiesen hatte (Bl. 30). Der Gerichtsbescheid wurde dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 21. März 2006 per Fax zugestellt (Bl. 38).
Am 26. April 2006 beantragte die Klägerin (per Fax) die Durchführung einer mündlichen Verhandlung (Bl. 40). Das Original dieses Schriftsatzes ging am 2. Mai 2006 beim Finanzgericht ein (Bl. 87). Der Berichterstatter informierte die Klägerin mit Schreiben vom 27. April 2006 darüber, dass der Gerichtsbescheid vom 13. März 2006 bereits am 21. März zugestellt worden sei (Bl. 135).
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
durch Zwischenurteil die Zulässigkeit der Klage festzustellen.
Die Klägerin trägt vor (Bl. 41), das Finanzgericht habe ihr hinsichtlich der Bezeichnung des Gegenstandes des Klagebegehrens in einer Weise Fristverlängerung gewährt, die nicht erkennen ließ, dass sich die Fristverlängerung auf eine Ausschlussfrist bezogen habe. Es sei der Angestellten ihres Prozessbevollmächtigten deshalb nicht erkennbar gewesen, dass von einer eventuellen Fristversäumnis eine Ausschlussfrist betroffen wäre. Bei dieser sei auch, da das Schreiben des Berichterstatters vom 6. Dezember 2005 inhaltsgleich mit einem Schreiben in einem Parallelverfahren vom selben Tag sei, der Eindruck entstanden, es handele sich um die Durchschrift des Fristverlängerungsschreibens. Die vermeintliche Durchschrift sei der Klägerin zugeleitet worden. Auch dort sei der Charakter der Fristverlängerung nicht erkannt worden.
Da letztlich wegen der Form des Schreibens vom 6. Dezember 2005 nicht erkennbar gewesen sei, welche Konsequenzen eine Fristversäumnis haben würde, sei der Klägerin wegen der unverschuldeten Fristversäumnis Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.
Die Klägerin macht im Übrigen geltend, sie habe fristgerecht Antrag auf mündliche Verhandlung gestellt. Der Gerichtsbescheid vom 13. März 2006 sei ihrem Prozessbevollmächtigten im Original am 27. März 2006 zugegangen. Dieser habe fristgerecht per Fax vom 26. März 2006 die Anberaumung der mündlichen Verhandlung beantragt (Bl. 205). Soweit man jedoch die Faxübermittlung des Gerichtsbescheides vom 21. März 2006 als Frist auslösendes Ereignis verstehe, sei ihr Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Denn die Faxübermittlung sei im Büro ihres Prozessbevollmächtigten nicht so verstanden worden. Zur Glaubhaftmachung legt die Klägerin mit Schriftsatz vom 20. Juni 2006 eine eidesstattliche Versicherung der Angestellten Jung aus dem Büro ihres Prozessbevollmächtigten vor (Bl. 213).
Der Beklagte beantragt,
die Klage als unzulässig abzuweisen.
Der Senat hatte durch Verfügung des Senatsvorsitzenden vom 2. Mai 2006 (Bl. 136) Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 23. Mai 2006 bestimmt. Auf Antrag des Prozessbevollmächtigten der Klägerin wurde dieser Termin wegen einer Kollision mit einem anderen Gerichtstermin durch Verfügung des Senatsvorsitzenden vom 12. Mai 2006 aufgehoben (Bl. 150). Diese Verfügung enthält eine weitere Terminbestimmung auf „Mittwoch, 21. Juni 2006, 11.30 Uhr” mit dem Zusatz „Eine Ladung zu diesem Termin wird noch gesondert ergehen”. Durch weitere Verfügung des Senatsvorsitzenden vom 24. Mai 2006 wurde Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 21. Juni 2006 um 10.00 Uhr bestimmt. Hierzu wurden die Beteiligten geladen. Dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin wurde die Ladung gegen Empfangsbekenntnis per Fax übermittelt ...