rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Missbräuchlichkeit eines Vertagungsantrags. Befangenheit wegen Terminierung von 9 Verfahren an einem Sitzungstag. Auslegung von Massenrechtsbehelfen hinsichtlich der Person des Klägers. Statthaftigkeit von Nichtigkeitsklagen
Leitsatz (redaktionell)
1. Wird ein erst kurz vor der mündlichen Verhandlung gestellter Antrag auf Terminsverlegung allein mit der Illiquidität der Kläger begründet, die dazu führe, dass dem Prozessbevollmächtigten Verfahrens- und Terminsgebühren sowie Reisekosten nicht gezahlt werden könnten, ohne dass diese Umstände unmittelbar glaubhaft gemacht werden, so ist davon auszugehen, dass der Antrag allein der Prozessverschleppung dient.
2. Die Terminierung von 9 Verfahren, die alle die Nichtigkeitsfeststellung von Urteilen wegen desselben Grundes zum Gegenstand haben und durch im Wortlaut absolut identische Schriftsätze eingeleitet wurden, an einem Sitzungstag begründet nicht die Besorgnis der Befangenheit.
3. Es ist nicht Aufgabe des Gerichts, bei Massenrechtsbehelfen durch umfangreiche Recherchen festzustellen, welche der in der von einem Rechtsanwalt gefertigten Klageschrift angegebenen Personen in dem zu Grunde liegenden Verfahren, dessen Entscheidung mit der Nichtigkeitsklage angefochten wird, Partei gewesen ist, und welche nicht, und die Klägerbezeichnung zur Vermeidung der Unzulässigkeit einzelner Rechtsbehelfe gegen den Wortlaut der Klageschrift auszulegen.
4. Eine Nichtigkeitsklage ist nur in den in § 579 Abs. 1 ZPO genannten Fällen statthaft. Richtet sie sich gegen die nicht vorschriftsmäßige Besetzung des Gerichts bzw. gegen die Mitwirkung eines befangenen Richters, ist sie unzulässig, wenn die Nichtigkeit mittels eines Rechtsmittels gegen das Urteil geltend gemacht werden konnte. Darüber hinaus ist sie in allen in § 579 Abs. 1 ZPO genannten Fällen analog § 579 Abs. 1 Nr. 2 ZPO unzulässig, wenn ein darauf gestütztes Rechtsmittel erfolglos geblieben ist.
Normenkette
FGO §§ 155, 134, 57, 65 Abs. 1, § 51 Abs. 1; ZPO § 579 Abs. 1, § 44 Abs. 1, § 227; GG Art. 103 Abs. 1; BGB § 133
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens werden den Klägern auferlegt.
Tatbestand
Die Klägerin reichte in dem Verfahren 1 K 1462/08 Klage ein, ohne den Gegenstand des Klagebegehrens nach § 65 FGO zu bezeichnen. Das Gericht wies die Klage nach Fristsetzung durch Gerichtsbescheid vom 10. November 2008 als unzulässig ab. Der Gerichtsbescheid wurde der Klägerin am 18. November 2008 zugestellt und wurde rechtskräftig.
Die Kläger haben am 9. April 2009 Nichtigkeitsklage erhoben (Bl. 1 ff.).
In der Klageschrift beantragen sie sinngemäß,
festzustellen, dass das Urteil im Verfahren 1 K 1462/08 nichtig ist und dieses Urteil aufzuheben.
Sie hätten mit Schriftsatz vom 19. Februar 2007 gegen den damaligen Berichterstatter Dienst- und Sachaufsichtsbeschwerde und ein Ablehnungsgesuch wegen der Besorgnis der Befangenheit eingelegt. In diesem Schriftsatz seien die Gründe, die die Besorgnis der Befangenheit erregt hätten, dargelegt.
Es liege aber weder eine dienstliche Äußerung über die Befangenheitsrüge vor, wie es § 44 Abs. 3 ZPO vorschreibe, noch habe das Gericht über den Befangenheitsantrag entschieden. Die Weigerung der Fertigung der dienstlichen Äußerung stelle die Weigerung des Berichterstatters dar, den Sachvortrag zur Kenntnis zu nehmen. Dies sei eine Versagung des rechtlichen Gehörs und begründe unabhängig von den bereits dargelegten Gründen die Befangenheitsablehnung. Die Weigerung des Berichterstatters, eine dienstliche Äußerung abzugeben, sei so zu deuten, dass er die von den Klägern behaupteten Ablehnungsgründe wegen Besorgnis der Befangenheit uneingeschränkt einräume. Im Sinne des Gedankens der Beweisvereitelung sei dem Ablehnungsgesuch also stattzugeben und somit das Ablehnungsgesuch vom 19. Februar 2007 begründet.
RiFG X sei weiter als Berichterstatter tätig gewesen, obwohl das Ablehnungsgesuch begründet gewesen sei und trotzdem nicht darüber entschieden worden sei. Durch die Tätigkeit sei gegen die Wartefrist nach § 47 ZPO verstoßen und somit das Recht auf den gesetzlichen Richter in entscheidungserheblicher Weise verletzt worden (Bl. 2). Da RiFG X an den angefochtenen gerichtlichen Entscheidungen mitgewirkt habe, sei das Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt gewesen, da ein Richter mitgewirkt habe, gegen den ein Ablehnungsgesuch gestellt worden sei und über das bis heute noch nicht entschieden worden sei. Der Berichterstatter sei gem. § 47 ZPO von der Ausübung des Richteramtes bis zur Entscheidung über den Befangenheitsantrag kraft Gesetzes ausgeschlossen (§ 579 Abs. 1 Nr. 2 ZPO).
Der Beklagte hat keinen Antrag gestellt.
Der Vorsitzende hat die Kläger mit Verfügung vom 23. April 2009 (Bl. 6 f.) aufgefordert, die Entscheidungen, die sie für nichtig halten, in Kopie dem Gericht vorzulegen. Der Berichterstatter hat die Kläger mit Verfügung vom 4. Mai 2009 (Bl. 12) aufgefordert, das Schreibe...