rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Erlass von Säumniszuschlägen
Leitsatz (redaktionell)
- Im Hinblick auf ein Hauptsacheverfahren wegen Erlass von Steuerforderungen kann zulässigerweise auf der Rechtsgrundlage des § 258 AO die einstweilige Einstellung der Vollstreckung im Wege der einstweiligen Anordnung beantragt werden. Die Dauer des auf diesem verfahrensrechtlichen Weg möglichen Vollstreckungsschutzes hängt von der Dauer des Hauptsacheverfahrens ab.
- Der Antrag ist begründet, wenn glaubhaft gemacht werden kann, dass die Finanzbehörde den Erlass ermessensfehlerhaft abgelehnt hat und der Antragsteller bei erneuter Ermessensausübung einen Rechtsanspruch auf den begehrten Erlass hätte (Anordnungsanspruch) sowie ein Anordnungsgrund besteht.
- Für den (Teil-)Erlass von Säumniszuschlägen wegen Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung muss dargelegt werden, dass diese Voraussetzungen an sämtlichen für die Verwirkung von Säumniszuschlägen maßgeblichen Zahlungszeitpunkten vorgelegen haben.
Normenkette
FGO §§ 102, 114 Abs. 1; AO §§ 227, 240, 258
Tatbestand
I.
Die Antragstellerin wendet sich im Hauptsacheverfahren gegen die Ablehnung eines Antrags auf Erlass von Säumniszuschlägen zur Körperschaftsteuer 1989 bis 1991 mit der Begründung, ein entsprechender Erlass sei ihrem geschäftsführenden Gesellschafter bei einer Besprechung an Amtsstelle in Aussicht gestellt worden. Bei der Besprechung sei es in erster Linie darum gegangen, das Finanzamt - FA - zur Rücknahme eines Konkursantrags zu bewegen. Die Antragstellerin habe ihre hierfür erforderliche Zahlungsbereitschaft u. a. davon abhängig gemacht, dass ihr nach Tilgung der Hauptschulden die hierauf entfallenden Säumniszuschläge von 10.914 DM erlassen würden. Daraufhin sei die Antragstellerin aufgefordert worden, einen entsprechenden Antrag zu stellen. In der sicheren Erwartung, dass einem solchen Antrag stattgegeben werde, habe der Geschäftsführer der Antragstellerin sich alsdann bereit erklärt, aus seinem persönlichen Vermögen einen entsprechenden Betrag zur Tilgung der Hauptschulden zur Verfügung zu stellen, weil die Antragstellerin selbst hierzu nicht in der Lage gewesen sei. Der Verzicht auf die Säumniszuschläge sei die Gegenleistung für die persönliche Übernahme der Haftung für die Steuerschulden gewesen. Hierbei habe festgestanden, dass auf jeden Fall die Hälfte der Säumniszuschläge erlassen werde. Wegen der weiteren Hälfte habe eine Abklärung innerhalb der Finanzverwaltung erfolgen sollen. Der Geschäftsführer habe demgemäß die versprochene Zahlung im Vertrauen darauf erbracht, dass die Säumniszuschläge erlassen werden. Dieses Vertrauen sei enttäuscht worden. Der Antragsgegner habe den in Aussicht gestellten Erlass mithin zu Unrecht abgelehnt. Ein Erlass der Säumniszuschläge sei darüber hinaus auch deswegen begründet gewesen, weil der Antragstellerin eine rechtzeitige Zahlung der Hauptschulden infolge Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung nicht möglich gewesen sei. Dies sei auch dem FA bekannt gewesen. Zum 31.12.1997 habe der Jahrsabschluss einen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag von 260.368,93 DM ausgewiesen. Die Ablehnung des begehrten Erlasses sei daher auch aus diesem Grunde fehlerhaft.
Im vorliegenden Verfahren begehrt die Antragstellerin den Erlass einer einstweiligen Anordnung, weil der Antragsteller wegen der Säumniszuschläge weiterhin vollstrecke und damit im Ergebnis das Insolvenzverfahren betreibe, obwohl er die Rücknahme des (seinerzeit gestellten) Konkursantrags nach Zahlung der Steuerschulden versprochen habe.
Zur Glaubhaftmachung ihres Vorbringens hat die Antragstellerin eine Vollstreckungsankündigung (Schreiben vom 21. 2. 2000) vorgelegt, die rückständige Körperschaftsteuer und Solidaritätszuschlag für das 4. Quartal 1999 nebst Säumniszuschlägen hierzu in Höhe von insgesamt 747 DM betrifft. Darüber hinaus hat sie eine Benachrichtigung, ebenfalls vom 21. 2. 2000 vorgelegt, aus der sich ergibt, dass der Antragsgegner eine Kontenpfändung bei der Stadtsparkasse , die er am 5.1.1999 wegen fälliger Säumniszuschläge zur Lohnsteuer 1992 und zur Körperschaftsteuer 1989 bis 1991 ausgebracht hat, auf einen Betrag von 6.014,19 DM beschränkt hat.
Die Antragstellerin behauptet, mit der Fortsetzung der Vollstreckungsmaßnahmen werde sie zahlungsunfähig, weil sie ohne Bankverbindung nicht bestehen könne. Es sei daher dringend gerichtliche Hilfe erforderlich. Andere Rechtsbehelfe stünden ihr nicht zur Verfügung. Sie sei der Auffassung, dass Aussetzung der Vollziehung nicht beantragt werden könne; hilfsweise stelle sie jedoch einen solchen Antrag. Es liege ein Ermessensfehlgebrauch vor, weil der Antragsgegner die Zwangsvollstreckung betreibe, ohne die Entscheidung des Gerichts in der Hauptsache abzuwarten. Der Antragsgegner versuche, die Insolvenz der Antragstellerin herbeizuführen, obwohl der geschäftsführende Gesellschafter die Gesellschaft schon einmal mit privaten Mitteln gerettet habe.
Die Antragstellerin beantragt,
im Wege der einstweiligen Anordnung die ...