Entscheidungsstichwort (Thema)
Überprüfung der Buchführung eines Unternehmens mittels Chi-Quadrat-Test und Zeitreihenvergleiches
Leitsatz (redaktionell)
- Der Chi-Quadrat-Test ist keine von der Rechtsprechung anerkannte Methode, eine Einnahmenmanipulation sicher zu belegen. Er ist daher bei summarischer Prüfung auch nicht geeignet, die Ordnungsmäßigkeit einer Buchführung zu verwerfen.
- Ein Zeitreihenvergleich muss auf repräsentativen Zeiträumen beruhen.
- Im summarischen Verfahren ist es nicht Aufgabe des Gerichts, Feststellungen aus umfangreichen Akten zu treffen, ohne dass diese zuvor von den Beteiligten hinreichend aufbereitet wurden.
Normenkette
AO §§ 158, 162; FGO § 69
Streitjahr(e)
2000
Tatbestand
I.
Streitig ist, ob der Antragsgegner zu Recht wegen nicht ordnungsgemäßer Buchführung eine Hinzuschätzung vorgenommen hat.
Der Antragsteller hat im Streitjahr einen Einzelhandel betrieben, in dem er unter anderem Lotto- und Toto- Scheine annahm, Tabakwaren und Zeitschriften verkaufte und Reisen vermittelte.
Der Antragsteller reichte für das Jahr 2000 beim Antragsgegner im Juni 2001 eine Umsatzsteuererklärung ein, in der eine festzusetzende Umsatzsteuer in Höhe von 34.639,29 DM und ein Erstattungsanspruch in Höhe von 1.181,80 DM errechnet wurde. Am 18.07.2001 stimmte der Antragsgegner der Umsatzsteuererklärung zu.
Auf Grund einer Prüfungsanordnung vom 18.06.2003 führte der Antragsgegner beim Antragsteller für die Jahre 1999 bis 2001 eine Betriebsprüfung durch, die u. a. zu folgenden Feststellungen führte: Die Buchführung im Prüfungszeitraum sei nicht ordnungsgemäß. Eine Ziffernanalyse der erklärten Einnahmen (Chi-Quadrat-Test) habe ergeben, dass bestimmte Ziffern vermehrt aufträten. Da dies nicht mit betrieblichen Gegebenheiten (z. B. Preisgestaltung) zu erklären sei, sei zu vermuten, dass der Antragsteller nur die Scheine und nicht das Kleingeld gezählt habe. Auch wiesen durchgeführte Zeitreihenvergleiche jährlich stark schwankende Rohgewinnaufschlagsätze auf, die durch ein bestimmtes Einkaufsverhalten bzw. eine Preisgestaltung nicht zu begründen seien. Wegen der nach Ansicht der Betriebsprüfung nicht ordnungsgemäßen Buchführung wurden die Einnahmen durch die Betriebsprüfung neu ermittelt. Diese Einnahmenermittlung erfolgte im Rahmen eines Zeitreihenvergleichs. Die Kalkulation ergab für das Jahr 2000 einen Betrag von 22.191,70 DM, von dem ein pauschaler Abschlag in Höhe von 7.191,70 DM vorgenommen wurde. Die Betriebseinnahmen wurden von der Betriebsprüfung um 15.000 DM erhöht, darin waren 2.068,97 DM Umsatzsteuer enthalten. Wegen der weiteren Einzelheiten des Betriebsprüfungsberichtes vom 28. November 2003 wird auf die Betriebsprüfungshandakte des Antragsgegners Bezug genommen.
Auf Grund der Feststellungen der Betriebsprüfung erließ der Antragsgegner am 07.01.2004 einen gemäß § 164 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) geänderten Umsatzsteuerbescheid für 2000 in dem die Umsatzsteuer auf 35.311 DM (18.054,23 EUR) festgesetzt wurde und der zu einer Zahllast in Höhe von 343,49 EUR führte.
Gegen den geänderten Umsatzsteuerbescheid legte der Antragsteller fristgerecht Einspruch ein, über den noch nicht entschieden wurde.
Den Antrag des Antragstellers auf Aussetzung der Vollziehung lehnte der Antragsgegner mit Bescheid von 03.02.2004 ab.
Der Antragsteller beantragte daraufhin am 06.02.2004 Aussetzung der Vollziehung durch das Finanzgericht.
Zur Begründung seines Antrags trägt der Antragsteller vor, dass die Behauptung des Antragsgegners, die Betriebseinnahmen seien nicht vollständig erklärt worden, abwegig sei und vom Antragsgegner nicht nachgewiesen werden könne. Für die angeblich nicht erklärten Betriebseinnahmen bestehe nach dem Betriebsprüfungsbericht des Antragsgegners auf Grund der Ergebnisse des Chi-Quadrat-Testes eine Vermutung. Vermutungen seien jedoch keine Tatsachen. Die Aufforderungen des Antragstellers, die Vermutung durch eine Zuschlagskalkulation oder eine andere sichere Verprobungsmethode zu belegen, habe der Antragsgegner als unnötig zurückgewiesen. An der Seriosität des durchgeführten Zeitreihenvergleichs bestünden Zweifel, da der Antragsgegner bei nicht unerheblicher Vorratshaltung den Wareneinkauf gleich dem Wareneinsatz angesetzt habe. Außerdem habe sich der Betriebsprüfer dahingehend geäußert, dass sich die festgestellten Aufschlagsätze im Rahmen der Richtwertsammlung bewegen würden.
Der Antragsteller beantragt sinngemäß,
den Umsatzsteuerbescheid für 2000 vom 07.01.2004 in Höhe vom 1.057,85 EUR bis einen Monat nach Bekanntgabe einer Entscheidung im Einspruchsverfahren von der Vollziehung auszusetzen.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Diesen Antrag begründet er damit, dass der Chi-Quadrat-Test nach der Rechtsprechung des Finanzgerichts Münster ein gewichtiges Indiz für eine nicht ordnungsgemäße Kassenführung sei (Beschluss des FG Münster vom 14.08.2003 8 V 2561/03 E, U, EFG 2004, 9). Bei einem Chi-Wert von über 30 bestehe eine so ungleichmäßige Verteilung der Ziffern, dass mit einer Wahrscheinlichk...