vorläufig nicht rechtskräftig
Revision zugelassen durch das FG
Entscheidungsstichwort (Thema)
Kein ganzjähriger Kindergeldanspruch für einen lediglich einige Monate im Inland tätigen, polnischen Staatsangehörigen
Leitsatz (redaktionell)
Die unbeschränkte Einkommensteuerpflicht nach § 1 Abs. 3 EStG eines sozialversicherungspflichtig beschäftigten polnischen Saisonarbeiters mit Familienwohnsitz in Polen kann nur für die Monatszeiträume eine Kindergeldberechtigung nach § 62 Abs. 1 Nr. 2 b EStG begründen, in denen er die für die fiktive Einkommensteuerpflicht nach § 1 Abs. 3 EStG erforderlichen inländischen Einkünfte im Sinne des § 49 EStG erzielt.
Normenkette
EStG § 1 Abs. 3, § 62 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b; VO (EWG) Nr. 1408/71 Art. 13 Abs. 2 Buchst. a
Nachgehend
Tatbestand
Der Kläger ist der Vater des am 11. August 2002 geborenen Sohnes. Im Jahr 2007 lebte das Kind mit der Kindesmutter in Polen, wo sich auch der Familienwohnsitz des Klägers befindet.
In der Zeit vom 10. Mai bis zum 10. Juli 2007 war der Kläger unselbständig und sozialversicherungspflichtig tätig.
Unter dem 1. März 2008 beantragte der Kläger die Gewährung von Kindergeld für seinen Sohn. Dabei gab er an, dass die Kindesmutter in Polen seit 1998 unselbständig tätig sei und von Januar 2007 bis August 2007 polnisches Kindergeld für den Sohn bezogen habe.
Mit Bescheid vom 22. September 2009 setzte die Beklagte sodann Kindergeld wie folgt fest:
für Mai bis Juni 2007: 141,63 EUR monatlich und
für Juli 2007: 141,16 EUR monatlich.
Zur Begründung führte die Beklagte aus, aufgrund der Erwerbstätigkeit habe Anspruch auf Kindergeld bestanden unter Anrechnung der kindergeldähnlichen Leistungen in Polen. Das Beschäftigungsverhältnis sei danach beendet und das Bundesgebiet verlassen worden.
Der Bescheid enthielt keine Rechtsmittelbelehrung.
Mit Schreiben vom 25. Oktober 2009, der Beklagten mittels Fax vom 27. Oktober 2009 übersandt, bat der Kläger hinsichtlich der im Bescheid vom 22. September 2009 festgesetzten Leistung noch eine Entscheidung betreffend das Kind für die Zeiträume Januar 2007 bis einschließlich April 2007 sowie August 2007 bis einschließlich Dezember 2007 zu treffen.
Zur Begründung machte er geltend, er habe in seinem Antrag keine zeitliche Einschränkung vorgenommen.
Er habe nach § 66 Abs. 2 Einkommensteuergesetz –EStG einen Anspruch auf Kindergeld für den Zeitraum, in dem die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt seien und nicht allein für den Zeitraum seiner Beschäftigung im Inland. Er stütze seinen Anspruch auf eine Behandlung als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig nach § 1 Abs. 3 EStG. In einem solchen Fall bestehe der Anspruch auf Kindergeld für jedes volle Kalenderjahr, in dem die Voraussetzungen des § 1 Abs. 3 EStG vorlägen. Aufgrund dessen bitte er um Bescheidung in rechtsbehelfsfähiger Form für die über die vom Festsetzungsbescheid vom 22. September 2009 betroffenen Monate hinaus für das Jahr 2007.
Mit Einspruchsentscheidung vom 16. März 2011 wies die Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie aus, nach Art. 11 Abs. 3 lit. a VO Nr. 883/2004 bzw. Art. 13 Abs. 2 lit. b Nr. 1408/71 unterliege eine Person nur so lange den deutschen Rechtsvorschriften, als sie auch hier eine Beschäftigung ausübe. Darüber hinaus unterliege sie gemäß Art. 11 Abs. 3 lit. e VO Nr. 883/2004 bzw. Art. 13 Abs. 2 lit. f VO Nr. 1408/71 den Rechtsvorschriften des Wohnsitzstaates. Somit bestehe nur ein Kindergeldanspruch für die Monate der Beschäftigung.
Mit der am 18. April 2011 erhobenen Klage verfolgt der Kläger die Festsetzung von Kindergeld in Höhe von insgesamt 1.848,- EUR für den Zeitraum Januar 2007 bis Dezember 2007 unter Berücksichtigung bereits festgesetzter und gezahlter Leistungen.
Ergänzend macht er geltend, auch aus der DA-Fam EStG 2010 (Nr. 62.1 Abs. 3 Satz 10) ergebe sich die Verpflichtung, das Kindergeld für dasjenige Kalenderjahr festzusetzen, für das ein Vorliegen der Voraussetzungen des § 1 Abs. 3 EStG nachgewiesen sei.
Der Kläger beantragt,
unter Aufhebung des Bescheides vom 22. September 2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 16. März 2011 die Beklagte zu verpflichten, ihm Kindergeld für den Zeitraum Januar bis einschließlich Dezember 2007 in Höhe von 1.848,- EUR festzusetzen und unter Berücksichtigung bereits festgesetzter und gezahlter Leistungen zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie macht ergänzend geltend, die Klage sei im Hinblick auf die Monate Mai 2007 bis Juli 2007 unzulässig, da für diese Zeit mit dem Bescheid vom 22. September 2009 bereits Kindergeld unter Anrechnung gezahlter polnischer Familienleistungen festgesetzt worden sei.
Mit Schriftsatz vom 14. Juli 2011 hat der Kläger im Hinblick auf die „sonstige Rechtsauffassung” der Beklagten beantragt, das Verfahren bis zum Ausgang des beim BFH anhängigen Revisionsverfahrens mit dem Aktenzeichen III R 63/10 ruhend zu stellen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstande...