Entscheidungsstichwort (Thema)
Beschränkte Steuerpflicht von Zinserträgen aus Wandelanleihen – Anwendung der Ausnahmeregelung des § 49 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. c Doppelbuchst. aa S. 2 EStG bei Ausgabe von Teilschuldverschreibungen
Leitsatz (redaktionell)
- Zinserträge aus Wandelanleihen unterliegen, auch wenn sie an sich unter § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG fallen und über die Zinsen Teilschuldverschreibungen ausgegeben sind, infolge ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung nach § 49 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a EStG der beschränkten Steuerpflicht, wenn die Schuldnerin ihren Sitz und ihre Geschäftsleitung im Inland hat.
- Da die beschränkte Steuerpflicht nicht davon abhängt, dass durch eine entsprechende Sicherung des den Zinszahlungen zu Grunde liegenden Kapitalvermögens der in § 49 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. c Doppelbuchst. aa S. 1 EStG vorgesehene Inlandsbezug hergestellt sein muss, kann auch die hierauf bezogene Ausnahmeregelung des § 49 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. c Doppelbuchst. aa S. 2 EStG für den Fall der Ausgabe von Teilschuldbefreiungen nicht eingreifen.
Normenkette
EStG § 20 Abs. 1 Nr. 7, § 43 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, § 44 Abs. 1 S. 3, § 49 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a, c Doppelbuchst. aa Sätze 1-2
Nachgehend
Gründe
(Aus den Entscheidungsgründen)
1. Die Klage ist zulässig.
a) Die nach Klageerhebung ergangene Einspruchsentscheidung, mit welcher die Einsprüche der Klägerin als unbegründet zurückgewiesen wurden, wurde Gegenstand des Klageverfahrens; die Sachentscheidungsvoraussetzung des § 44 Abs. 1 FGO ist damit erfüllt (Levedag in Gräber, Kommentar zur FGO, 8. Aufl., § 46 Rz. 28, mit Rechtsprechungsnachweisen).
b) Die Klägerin ist gemäß § 40 Abs. 2 FGO klagebefugt. Als Steuerschuldnerin (Vergütungsgläubigerin) ist sie materiell betroffen und damit berechtigt, gegen die Haftungsbescheide, welche sich gegen die Haftungsschuldnerin (Vergütungsschuldnerin) richten, Klage zu erheben (vgl. BFH-Urteil vom 10.3.1971 I R 73/67, BStBl II 1971, 589).
2. Die Klage ist aber unbegründet.
Die angefochtenen Haftungsbescheide sind wirksam, rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (vgl. § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).
a) Die Haftungsbescheide sind nicht nichtig.
Nach § 125 Abs. 1 AO ist ein Verwaltungsakt nur dann nichtig, wenn er an einem besonders schweren Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommender Umstände offenkundig ist. Aus der Abgrenzung des § 125 Abs. 1 AO gegenüber §§ 118 Satz 1, 119 und 157 AO folgt, dass jeder Bescheid eine Regelung i. S. des § 118 AO enthalten muss. Außerdem muss er hinreichend bestimmt sein (§ 119 Abs. 1 AO) und die erlassende Behörde angeben (§ 119 Abs. 3 AO). Für Haftungsbescheide ist zu beachten, dass ein besonders schwerer Fehler nur dann anzunehmen ist, wenn ein Haftungsbescheid nicht die ihn erlassende Behörde, den Haftungsschuldner, die Haftungsschuld und/oder die Art der Steuer angibt, für die der Haftungsschuldner haften soll. Die Angabe des Steuerschuldners ist keine zwingende Begründungsvoraussetzung, solange die Haftungsschuld in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht in anderer Weise ausreichend konkretisiert werden kann (BFH-Beschluss vom 3.12.1996 I B 44/96, BStBl II 1997, 306).
Der Verwaltungsakt muss dabei inhaltlich so bestimmt sein, dass ihm hinreichend sicher entnommen werden kann, was von wem verlangt wird. Die Angabe des Inhaltsadressaten ist konstituierender Bestandteil jedes Verwaltungsakts, denn es muss angegeben werden, wem gegenüber der Einzelfall geregelt werden soll. Es reicht allerdings aus, wenn der Inhaltsadressat durch Auslegung anhand der dem Betroffenen bekannten Umstände hinreichend sicher bestimmt werden kann (BFH-Urteil vom 19.8.1999 IV R 34/98, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des BFH -BFH/NV- 2001, 409; Seer in Tipke/Kruse, Kommentar zur AO und FGO, Loseblattsammlung, § 119 AO Rz. 5; jeweils m.w.N.).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze sind die Haftungsbescheide hinreichend bestimmt. Auch im Hinblick auf den Schriftverkehr vor Erlass der Haftungsbescheide können die – ausdrücklich als Haftungsbescheid bezeichneten – Verwaltungsakte nur so ausgelegt werden, dass die (Beigeladene) A deren Inhaltsadressatin ist und sie die Zinserträge aus Wandelanleihen betreffende, insoweit nicht angemeldete und nicht abgeführte Kapitalertragsteuer (einschließlich Solidaritätszuschlags) in der genannten Höhe als Haftungsschuldnerin an den Beklagten zu zahlen hatte. Auf den Umstand, dass die A nur nach Erlass von Haftungsbescheiden nach § 44 Abs. 5 EStG die o. g. Abzugssteuern an den Beklagten abführen würde, hat diese vor Erlass der Haftungsbescheide hingewiesen, sodass sie die an sie gerichteten Bescheide nicht anders verstehen konnte.
b) Die Haftungsbescheide sind auch formell rechtmäßig.
Formmängel i. S. des § 126 Abs. 1 AO können durch eine Einspruchsentscheidung auch dann noch geheilt werden, wenn der Einspruchsführer zuvor eine Untätigkeitsklage erhoben hat. Die (zutreffende) Begründun...