Entscheidungsstichwort (Thema)

Berücksichtigung von Tilgungen von Lohnsteuer-Verbindlichkeiten bei Ermittlung der durchschnittlichen Haftungsquote

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Tilgungen von Lohnsteuer-Verbindlichkeiten sind bei der Ermittlung der durchschnittlichen Haftungsquote zu berücksichtigen. Die so ermittelte durchschnittliche Haftungsquote ist aber nicht auf die Lohnsteuer -Verbindlichkeiten anzuwenden.
  2. Der Haftungsschuldner kann auch nach Ergehen des Umsatzsteuer-Jahresbescheids gegenüber dem Steuerschuldner noch durch Haftungsbescheid für rückständige Umsatzsteuer -Vorauszahlungen in Anspruch genommen werden.
  3. Das endgültige Schicksal der Umsatzsteuer -Vorauszahlungsschuld als Haftungsgrundlage hängt von der Höhe der Steuerschuld nach dem Jahressteuerbescheid ab.
  4. § 166 AO führt bei der Inhaftungnahme des gesetzlichen Vertreters einer GmbH für Umsatzsteuer -Vorauszahlungen zum Ausschluss von Einwendungen gegen die Steuerfestsetzung, wenn dessen Vertretungsmacht bis zur Unanfechtbarkeit der die Vorauszahlungsschuld bestätigenden und ohne Vorbehalt der Nachprüfung ergangenen Jahressteuerbescheide bestanden hat.
 

Normenkette

AO §§ 34, 69 S. 1, §§ 166, 191 Abs. 1

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 10.01.2008; Aktenzeichen VII R 29/07)

BFH (Beschluss vom 21.08.2007; Aktenzeichen VII B 127/06)

 

Tatbestand

Der Kläger war Mitgesellschafter und alleiniger Geschäftsführer der A GmbH. Das Amtsgericht (AG) Z-Stadt bestellte mit Beschluss vom 10.9.2002 63 IN 160/02 einen vorläufigen Insolvenzverwalter über das Vermögen der A GmbH und ordnete einen Zustimmungsvorbehalt an; diese Sicherungsmaßnahmen wurden bereits mit Beschluss vom 18.9.2002 63 IN 160/02 wieder aufgehoben. Mit Beschluss vom 22.5.2003 63 IN 10/03 wurde ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der GmbH mangels Masse abgelehnt. Dementsprechend wurde die A GmbH am 19.3.2004 im Handelsregister gemäß § 141a des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG) wegen Vermögenslosigkeit von Amts wegen gelöscht.

Der Beklagte (das Finanzamt – FA –) nahm den Kläger mit Haftungsbescheid vom 18.9.2003 in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer der A GmbH wegen rückständiger Umsatzsteuer (USt) sowie steuerlicher Nebenleistungen zur USt und zur Lohnsteuer(LSt)/Solidaritätszuschlag(SolZ) in Höhe eines Gesamtbetrags von 37.806,05 EUR in Haftung (lt. Zahlungsaufforderung 37.806,15 EUR). Der Gesamtbetrag lt. Deckblatt des Bescheids sowie der Bescheidanlage (Kontoauszug mit Stand Erhebung 16.9.2003) betraf überwiegend USt-Vorauszahlungen 2001 und 2002, und zwar Folgendes (Beträge in EUR; Monate = 01 -12):

Steuerart/Zeitraum

Hauptschuld

Säumniszuschlag

Verspätungszuschlag

LSt 03/2002

35,00

LSt 11/2002

34,50

SolZ LSt 11/2002

1,50

USt 06/2001

992,83

203,92

USt 07/2001

61,36

USt 08/2001

1.008,28

USt 09/2001

1.040,27

USt 10/2001

7.345,69

1.643,16

USt 11/2001

4.487,25

934,50

USt 01/2002

5,88

55,00

USt 02/2002

12,00

USt 03/2002

180,00

USt 04/2002

58,00

USt 06/2002

114,00

100,00

USt 07/2002

81,00

USt 08/2002

56,00

USt 09/2002

35,50

USt 10/2002

6.781,42

675,00

USt 11/2002

4.000,00

280,00

USt 12/2002

531,00

30,00

USt 2002

5.901,99

1.121,00

Summen

29.053,23

8.848,90

303,92

Dagegen richtete sich der fristgerecht eingelegte Einspruch. Wegen der Einzelheiten des Vorbringens im Vorverfahren wird auf die Schreiben vom 9.12.2003 und 27.2.2004 verwiesen. Der Kläger machte zunächst (s. Schreiben vom 9.12.2003) im Wesentlichen geltend: Im Haftungszeitraum hätten insges. Verbindlichkeiten von 1.106.832,51 EUR vorgelegen. Diese seien zu rd. 22% (249.532,27 EUR) nicht bedient worden. Im Gegensatz dazu seien die Forderungen des FA (einschl. der LSt) zu 29% nicht bedient worden. Mithin komme insges. lediglich eine Haftung i.H. von (Rückstände LSt 9.594,94 EUR + USt 37.806,15 EUR = 47.401,09 EUR x 7% =) 3.318,08 EUR in Betracht. In Bezug auf das vom FA nachzuweisende Verschulden komme hinzu, dass er, der Kläger, noch im Jahre 2002 einen Betrag von 20.000 EUR aus seinem Privatvermögen an das FA gezahlt habe und diesen als Einlage in die GmbH eingebracht habe.

Das FA erklärte sich mit Schreiben vom 12.2.2004 aufgrund der Ausführungen im Schreiben vom 9.12.2003 damit einverstanden, den Haftungsbescheid gegen Zahlung des ermittelten Betrages von 3.318,08 EUR sowie Abgabe der noch ausstehenden USt-Erklärungen 2001 bis 2003 auf 3.318,08 EUR zu ändern.

Der Kläger machte nunmehr geltend (Schreiben vom 27.2.2004): Bei Berücksichtigung der Quote würde eine „Gesamtabrechnung” (USt und LSt) zuungunsten des FA ausfallen. Er, der Kläger, könne die USt-Erklärungen nicht erstellen, da sich die erforderlichen Unterlagen/Belege noch beim vorläufigen Insolvenzverwalter befänden.

Das FA vertrat im Schreiben vom 9.3.2004 nunmehr die Ansicht, dass der Haftungsbescheid nur auf eine Haftungssumme von (Rückstände ohne Nebenleistungen 15.140 EUR + Nebenleistungen 3.277,25 EUR =) 18.417,25 EUR zurückgenommen werden könne. Bei der Ermittlung der Tilgungs- bzw. Haftungsquote sei gezahlte L...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Steuer Office Excellence enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge