Entscheidungsstichwort (Thema)
kein Zufluss einer Entlassungsentschädigung durch bloße Änderung von Auszahlungsmodalitäten
Leitsatz (redaktionell)
Der Zufluss einer Entlassungsentschädigung als Einnahme aus nichtselbständiger Arbeit kann durch Auszahlung, Gutschrift oder Umwandlung des der Forderung ursprünglich zugrundeliegenden Schuldverhältnisses in ein Darlehen, nicht aber durch bloße Änderung der Auszahlungsmodalitäten (Stundung) im Interesse des Gläubigers bewirkt werden.
Normenkette
EStG § 11 Abs. 1 S. 3, § 38a Abs. 1 S. 3
Tatbestand
Streitig ist die Frage, in welchem Kalenderjahr dem Kläger eine Entlassungsentschädigung zugeflossen ist.
Der Kläger war Arbeitnehmer der Firma: K-AG. Im Dezember 1993 war er mit seiner Arbeitgeberin auf deren Veranlassung hin übereingekommen, das Dienstverhältnis zum Ende des Jahres 1994 zu beenden. Vor dem Hintergrund seiner langjährigen Dienstzeit sollte eine Entlassungsabfindung in Höhe von 300.000,00 DM gezahlt werden, und zwar "mit der Gehaltsabrechnung Dezember 1994". Wegen der weiteren Einzelheiten der Vereinbarung wird auf die Bestätigung der K-AG vom 9.12.1993 Bezug genommen (Bl. 21 ff der Gerichtsakte). Im Juni 1994 änderte man im Rahmen einer mündlichen Vereinbarung die Absprachen vom Dezember 1993 dahingehend, daß der steuerpflichtige Teil der Abfindung in Höhe von 270.000,00 DM erst im Januar des Streitjahres 1995 ausgezahlt werden sollte (Bestätigung der K-AG vom 24.6.1997 - Bl. 25a der Gerichtsakte). Entsprechend wurde verfahren. Das Gehalt für Dezember sowie der steuerfreie Betrag in Höhe von 30.000,00 wurden Ende 1994 ausgezahlt, der Rest der Entlassungsentschädigung erst im Januar 1995.
Der Kläger deklarierte in seiner Steuererklärung für das Kalenderjahr 1994 lediglich die in diesem Jahr ausgezahlten Beträge als Arbeitslohn und der Beklagte führte die Einkommensteuerveranlagung nach Maßgabe dieser Erklärung durch: Den weiteren Betrag in Höhe von 270.000,00 DM erfaßte der Kläger in der Steuererklärung für das Streitjahr, und zwar als Entschädigung, die ermäßigt zu besteuern sei.
Der Beklagte vertrat demgegenüber die Rechtsauffassung, daß auch der Restbetrag bei der Veranlagung des Kalenderjahres 1994 zu erfassen sei und kündigte an, daß er den Einkommensteuerbescheid 1994 entsprechend ändern werde. Bei der Veranlagung des Streitjahres ließ er die gezahlte Entschädigung außer Ansatz und setzte mit Bescheid vom 28.11.1996 im Hinblick auf die anderen Einkünfte des Klägers die Einkommensteuer auf 58.230,00 DM fest. Der Kläger erhob Einspruch. Zwar setzte der Beklagte daraufhin die Steuer mit Bescheid vom 7.4.1997 auf 57.096 DM herab, aber aus Gründen, die hier nicht streitig sind. Bezüglich des Zuflusses der Entlassungsentschädigung hielt der Beklagte an seiner Rechtsauffassung fest und wies den Einspruch des Klägers als unbegründet zurück.
Im Klageverfahren trägt der Kläger vor:
Der angefochtene Bescheid sei rechtswidrig. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs - BFH - könne allein das buchmäßige Festhalten einer Schuld nicht schon den Zufluß beim Gläubiger bewirken. Vielmehr müsse der auszuzahlende Betrag dem Empfänger zur eigenen Verwendung zur Verfügung stehen. Diese Situation sei im Streitfall erst im Januar 1995 eingetreten. Selbst wenn man in der Absprache über die Änderung der Auszahlungsmodalitäten eine Verfügung sehe, habe es sich um eine zulässige Vorausverfügung gehandelt, die erst im Zeitpunkt der tatsächlichen Zahlung durch die K-AG zu einem Zufluß bei ihm geführt habe.
Der Kläger beantragt,
unter Änderung des Einkommensteuerbescheides 1995 vom 28.11.1996 in der Fassung des Bescheides vom 7.4.1997 und der dazu ergangenen Einspruchsentscheidung die Einkommensteuer unter Einbeziehung der im Streitjahr ausgezahlten und ermäßigt zu besteuernden Entschädigung in Höhe von 270.000,00 DM festzusetzen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er trägt vor:
Richtig sei, daß der Geldbetrag erst im Streitjahr auf dem Bankkonto des Klägers gutgeschrieben worden sei. Richtig sei auch, daß eine Stundung regelmäßig keinen Zufluß beim Gläubiger bewirke, weil sie ihrem Charakter nach im Interesse des Schuldners liege. Das allein sei aber nicht ausreichend, das Klagebegehren zu stützen. Nach der Rechtsprechung des BFH seien nämlich auch andere Vorgänge geeignet, einen Zufluß von Einnahmen (§ 11 des Einkommensteuergesetzes - EStG -) anzunehmen.
Im Streitfall müsse davon ausgegangen werden, daß die Vereinbarung über die Änderung der Auszahlungsmodalitäten im Interesse des Klägers getroffen worden sei, denn dieser habe keinerlei Gründe dafür vorgetragen, daß die K-AG etwa wegen bestehender Zahlungsschwierigkeiten um eine Stundung der Schuld nachgesucht habe. Dann aber müsse die Vereinbarung vom Juni 1994 als eine Vorausverfügung des Klägers angesehen werden, die entgegen seiner Rechtsauffassung einen Zufluß bei ihm zum Zeitpunkt der ursprünglichen Fälligkeit im Dezember 1994 bewirkt habe.
Das Gericht hat eine Auskunft bei der ehemaligen Arbeitgeberin des Klägers zu der ...