Entscheidungsstichwort (Thema)
Anordnung einer steuerlichen Außenprüfung: Abstraktes Aufklärungsbedürfnis i.S.v. § 193 Abs. 2 Nr. 2 AO bei hohen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit
Leitsatz (redaktionell)
- Allein aus dem Vorliegen außerordentlich hoher Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit kann ohne das Bestehen von weiteren Unstimmigkeiten – beispielsweise wegen des Missverhältnisses zu erklärten Kapitaleinkünften in geringer Höhe – ein abstraktes Aufklärungsbedürfnis i.S.v. § 193 Abs. 2 Nr. 2 AO nicht abgeleitet werden.
- In der Anordnung der Außenprüfung, um das Verhältnis der tatsächlich vereinnahmten Miete zur ortsüblichen Miete bei der Vermietung an nahe Angehörige zu ermitteln, liegt ein Ermessensfehlgebrauch, wenn nicht begründet wird, dass die erforderliche Aufklärung nicht wie in vergleichbaren Fällen durch Maßnahmen der Einzelermittlung im Sinne der §§ 88 ff. AO erreicht werden kann.
Normenkette
AO § 193 Abs. 2 Nr. 2
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist die Rechtmäßigkeit einer auf § 193 Abs. 2 Nr. 2 Abgabenordnung (AO) gestützten Anordnung einer steuerlichen Außenprüfung.
Der Kläger und seine Ehefrau wurden für die Veranlagungszeiträume 2003 bis 2005 vom Finanzamt A zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger war in diesen Jahren Mitglied des Vorstandes der Fa. X AG. Er erklärte in den Einkommensteuererklärungen Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit i.H.v. 978.986 EURO für 2003, 549.264 EURO für 2004 und 1.165.330 EURO für 2005 sowie gemäß den vorgelegten Jahresbescheinigungen der Banken Einkünfte aus Kapitalvermögen i. H. v. 4.641 EURO für 2003, 8.546 EURO für 2004 und 11.981 EURO für 2005. Darin enthalten waren dem Halbeinkünfteverfahren unterliegende Dividenden i.H.v. 11.160 EURO in 2003, 18.972 EURO in 2004 und 26.650 EURO in 2005. Ferner erzielte der Kläger in den Jahren 2003 bis 2005 Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung aus zwei Objekten. Im Jahr 2005 hatte er eine Vergütung für eine Beiratstätigkeit von der Y AG erhalten und entsprechend der Bescheinigung der Z AG vom 27.01.2006 vereinbarungsgemäß an diese Gesellschaft weitergeleitet.
Am 13.09.2007 ordnete der Beklagte gegenüber dem Kläger eine steuerliche Außenprüfung unter Hinweis auf § 193 Abs. 1 AO bezüglich Einkommensteuer für 2002 bis 2005 an. Außerdem forderte er mit Verfügung vom 20.12.2007 den Kläger auf, für die Jahre 2002 bis 2005 im Einzelnen bezeichnete Unterlagen einzureichen. Im Rahmen des gegen die Prüfungsanordnung gerichteten Einspruchsverfahrens hob der Beklagte diese mit Verfügung vom 16.01.2008 auf.
Am 17.01.2008 erließ der Beklagte gegenüber dem Kläger eine auf § 193 Abs. 2 Nr. 2 AO gestützte Anordnung einer steuerlichen Außenprüfung betreffend Einkommensteuer 2003 bis 2005. Zur Begründung führte der Beklagte an, dass für die Besteuerung erhebliche Verhältnisse der Aufklärung bedürften und eine Prüfung an Amtsstelle im Hinblick auf den Umfang und die Komplexität des zu prüfenden Sachverhaltes nicht zweckmäßig sei. Dem Kläger stünden erhebliche Beträge zu Anlagezwecken zur Verfügung, so dass eine Überprüfung der Verwendung der verfügbaren Mittel und ein Abgleich mit den erklärten Einkünften aus Kapitalvermögen geboten sei. Beabsichtigt sei, die Außenprüfung beim Steuerpflichtigen zu Hause durchzuführen. Außerdem wurde der Kläger gebeten, die mit Schreiben vom 20.12.2007 angeforderten Unterlagen und Belege zu Beginn der Prüfung bereit zu halten.
Den gegen die Prüfungsanordnung vom 17.01.2008 eingelegten Einspruch wies der Beklagte mit der Begründung ab, dass für die Zulässigkeit einer Außenprüfung abstrakte Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Besteuerungstatbestands ausreichten. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhof (BFH) (Urteil vom 18.10.1994 IX R 128/92, Bundessteuerblatt (BStBl) II 1995, 291) genüge es, wenn die zuständige Finanzbehörde unter Berücksichtigung ihrer Erfahrungen bei den gegebenen Umständen den Fall für aufklärungsbedürftig durch eine Außenprüfung halte. Vorliegend ergebe sich das Aufklärungsbedürfnis daraus, dass mangels substantiierter und nachprüfbarer Angaben des Klägers über die Verwendung seiner hohen Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit nicht beurteilt werden könne, ob das Verhältnis dieser Einnahmen zu den Einkünften aus Kapitalvermögen ausgewogen sei. So habe der Kläger steigende Einnahmen aus Kapitalvermögen in Form von Dividenden erklärt, die Höhe der ausgeschütteten Dividende richte sich aber nur bedingt nach der Höhe der Beteiligung. Auch müsse die Herkunft eines im Jahr 2006 an eine Privatbank zur Verwaltung übergebenen Vermögens i.H.v. 1 Mio. EURO geklärt werden. Bisher habe nicht ermittelt werden können, ob dieses Vermögen auf den bisher deklarierten Einkünften beruhe. Erforderlich sei eine Betrachtung der gesamten Vermögenssituation. Eine solch umfangreiche Aufgabe sei im Rahmen von Einzelermittlungen nicht durchführbar.
Da der Kläger eine Wohnung an eine nahe Angehörige vermietet habe, sei auch eine Übe...