Entscheidungsstichwort (Thema)

In zweigeschossiger Massivbauweise errichteter Lebensmittelmarkt ist bei Sachwertverfahren in Gebäudeklasse 4 (Warenhäuser) einzuordnen

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Bei der Einheitsbewertung eines Grundstücks im Sachwertverfahren ist ein in zweigeschossiger Massivbauweise errichteter Lebensmittelmarkt nicht in die Gebäudeklasse 9.21. (Markthallen), sondern in die Gebäudeklassse 4 (Warenhäuser) einzuordnen.

2. Dem Fehlen des für innerstädtische Warenhäuser zum 01.01.1964 typischen Ausstattungsstandards ist dadurch Rechnung zu tragen, dass bei der Bewertung der einzelnen Ausstatttungsmerkmale (Vordruck EW 106/75) der jeweils geringste Wert zugrundegelegt wird.

 

Normenkette

BewG § 76 Abs. 3 Nr. 2, § 85 Sätze 1-2, § 90 Abs. 1; BewRGr Abschn. 16 Abs. 7 S. 7; BewRGr Anlage 13 zu Abschn. 38; BewRGr Anlage 15 zu Abschn. 38

 

Streitjahr(e)

1990

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 12.06.2002; Aktenzeichen II R 15/99)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob das Gebäude des Klägers in B in die Gebäudeklasse 4 "Warenhäuser" oder 9.21 "Markthallen, Messehallen und dergleichen" einzuordnen ist.

Der Kläger ist Alleineigentümer des Grundstücks A-Straße in B. Auf dem Grundstück wurde im Jahr 1990 ein Lebensmittelladen (C) in massiver Bauweise errichtet. Das Gebäude verfügt sowohl über ein Flachdach, über Pultdächer sowie ein zum Teil ausgebautes, teils nicht ausgebautes Satteldach., Die Außenwände sind überwiegend verputzt und angestrichen, die Nordseite und der nördliche Teil der Westseite sind klinkerverblendet. Im Erdgeschoß sind vom Verkaufsraum Sozialräume, Kontrollraum, Metzgerei und Bäckerei abgeteilt. Im Verkaufsraum ist der Fußboden mit Kunststeinplatten belegt, die Decke mit Akkustikplatten in Metallrahmen abgehängt. Ferner befinden sich im Verkaufsraum Stützen. Die Verkaufsfläche umfaßt 718 m². In der oberen Etage befinden sich neben einem Sozialraum, ein Lager mit Tiefkühlraum und Kühlraum, ein Lastenaufzug und ein Abstellraum sowie die Lüftung. Die Gesamtfläche des Erdgeschosses beträgt 895,56 qm und die des Dachgeschosses 157,97 qm.

Mit Bescheid vom 23.06.1993 führte der Beklagte eine Wert-, Art- und Zurechnungsfortschreibung auf den 01.01.1991 durch. Den Einheitswert stellte er in Höhe von 793.400,00 DM fest. Hierbei ordnete er den Lebensmittelladen nach Anlage 15 zu Abschnitt 38 Bewertungsrichtlinien Grundvermögen (BewRGr) in die Gebäudeklasse 4.3 für Warenhäuser (gute Ausstattung) ein und bewertete ihn mit einem Raummeterpreis in Höhe von 125,00 DM pro m³. Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt des Einheitswertbescheides vom 23.06.1993 Bezug genommen. Ein Grundsteuermeßbescheid auf Grundlage dieses Einheitswertbescheides wurde nicht bekanntgegeben.

Mit Bescheid vom 05.11.1993 änderte der Beklagte den ursprünglichen Bescheid gemäß § 129 Abgabenordnung (AO) dahingehend, daß er bei der Ermittlung des Gebäudewertes anstelle des irrtümlich angesetzten Zuschlags aus sonstigen gründen in Höhe von 8 % einen Abschlag wegen der Lage des Grundstücks in der Fluglärmzone I gemäß § 88 Bewertungsgesetz (BewG) in Höhe von 8 % berücksichtigte. Der Beklagte ermittelte nunmehr einen Einheitswert in Höhe von 691.700,-- DM. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt des Bescheides vom 05.11.1993 Bezug genommen.

Gegen diesen Bescheid legte der Kläger mit Schreiben vom 02.12.1993 Einspruch ein. Er wendete sich gegen die Einstufung des Lebensmittelladens in die Gebäudeklasse 4 (Warenhäuser). Nach seiner Auffassung sei das Objekt in die Gebäudeklasse 9.21 einzuordnen, da es nicht als Warenhaus, sondern als Markt- und Messehalle anzusehen sei. Bei Warenhäusern handele es sich grundsätzlich um innerstädtische Gebäude mit entsprechender besonderer Ausstattung, d.h. mit Schaufensterfronten, repräsentativen Eingängen und Fassadengestaltung, innerer Aufgliederung und speziellen Kundendiensteinrichtungen.

Am 17.03.1994 führte der Bausachverständige des Beklagten eine Ortsbesichtigung auf dem Grundstück des Klägers durch. In seiner Stellungnahme vom 21.03.1994 bestätigte der Bausachverständige, daß von einer Gebäudeklasse 4 auszugehen sei. Zwar sei nach dem Erlaß des FinMin NW vom 19.02.1976, S 3208-33-VC 1/S 3212-1-VC 1 (Bew-Kartei NW Karte C 37 zu § 85 BewG) bei C & C-Großmärkten (Cash & Carry) auch eine Bewertung mit den Preisen der Gebäudeklasse 9.21 möglich, dies sei jedoch auf hallenartige Gebäude beschränkt. Markt- und Messehallen seien gewöhnlich eingeschossige großvolumige Bauteile in Stahl- oder Stahlbetonskelettbauweise mit einfacher Ausstattung ohne oder mit sehr geringem Anteil an Nebenräumen (in der Regel weniger als 10 % der Nutzfläche). Das betroffene Gebäude vermittele weder vom äußeren Erscheinungsbild noch von der inneren Gestaltung her einen hallenartigen Eindruck. Der Verkaufsraum sei durch die abgehängte Decke eingeengt und nicht stützenfrei. Dazu komme der relative hohe Anteil an Neben- und Zubehörräumen, der gemessen an der Gesamtnutzfläche ca. 32 % ausmachte. Untypisch für Markt- und Messehallen sei außerdem...

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