Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine erbschaftsteuerliche Schenkung bei rückwirkender Vereinbarung der Zugewinngemeinschaft
Leitsatz (redaktionell)
Wird mit einem nicht als Erbe oder Vermächtnisnehmer eingesetzten Ehegatten mit Wirkung für die Vergangenheit ab dem Zeitpunkt der Eheschließung der Güterstand der Zugewinngemeinschaft vereinbart, so unterliegt die Zugewinnausgleichsforderung nicht als Erwerb von Todes wegen der Erbschaftsteuer.
Normenkette
ErbStG § 1 Abs. 1, § 3 Abs. 1, §§ 5, 10 Abs. 2; BGB § 1371 Abs. 2, § 1378 Abs. 3 Satz 1, § 1408 Abs. 1; ErbStR 2003 R 12 Abs. 2 Satz 3
Streitjahr(e)
1993
Tatbestand
Die Klägerin schloss mit dem Erblasser am 27. Dezember 1984 die Ehe. Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 21. Dezember 1984 hatten die Klägerin und der Erblasser für ihre Ehe den Güterstand der Zugewinngemeinschaft ausgeschlossen und Gütertrennung vereinbart. Am 4. August 1993 ließen sie folgende Vereinbarung notariell beurkunden:
„Wir heben den Güterstand der Gütertrennung rückwirkend für unsere Ehe von Anfang an auf und vereinbaren, dass für unsere Ehe der Güterstand der Zugewinngemeinschaft gelten soll. Unter grundsätzlicher Beibehaltung des gesetzlichen Güterstandes der Zugewinngemeinschaft vereinbaren wir den Ausschluss des Zugewinnausgleichs für den Fall, dass unsere Ehe anders als durch den Tod eines Ehegatten, insbesondere durch Scheidung, beendet werden sollte.”
Der Erblasser setzte in seinem am 11. Juli 1994 errichteten Testament seine Schwester sowie seinen Bruder zu Erben ein und bedachte seine beiden Söhne mit Vermächtnissen. Er verstarb zwischen dem 3. und 4. August 1994 und wurde ausweislich des Erbscheins des Amtsgerichts A vom 9. September 1994 von seinen Geschwistern beerbt.
Die Versicherung X zeigte dem Finanzamt M mit Schreiben vom 28. und 31. Oktober 1994 an, dass Versicherungsleistungen von 127.581,20 DM sowie 19.375,48 DM an die Klägerin als Begünstigte ausgezahlt würden. Ferner zeigte die Versicherung Y dem Finanzamt M mit Schreiben vom 15. Dezember 1994 an, dass eine Versicherungsleistung von 488.137,32 DM an die Klägerin als Begünstigte ausgezahlt worden sei. In seiner am 4. April 1995 abgegebenen Erbschaftsteuererklärung gab der Bruder des Erblassers an, dass der Klägerin Hinterbliebenenbezüge gegenüber der Z-GmbH mit einem Wert von 261.505 DM zustünden. Die Klägerin traf am 16. Juli 1997 mit den Erben und dem vom Erblasser ernannten Testamentsvollstrecker eine notariell beurkundete Vereinbarung, in der festgehalten wurde, dass sie zur teilweisen Erfüllung ihrer Zugewinnausgleichsforderung bereits Nachlassgegenstände im Gesamtwert von 411.745,49 DM erhalten habe. Darüber hinaus einigten sich die Beteiligten darauf, dass an die Klägerin 5.000.000 DM zur Abgeltung ihrer Zugewinnausgleichsforderung zu zahlen seien. Die Erben stellten die Klägerin von der Zahlung eines etwaigen Steuerbetrags für die nach deutschem Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht auf die in Abgeltung ihrer Zugewinnausgleichsansprüche gezahlten Beträge und vollzogenen Übertragungen frei. Die Geschwister des Erblassers teilten dem Finanzamt M mit Schreiben vom 9. März 1998 die Ermittlung der Zugewinnausgleichsforderung der Klägerin mit 6.173.586 DM mit.
Nachdem die Klägerin auf Aufforderung des Finanzamts M am 4. Mai 1998 eine Erbschaftsteuererklärung abgegeben hatte, setzte dieses gegen sie mit Bescheid vom 13. Mai 1998 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung 27.755 DM Erbschaftsteuer fest. Dabei unterwarf es die Versicherungsleistungen von insgesamt 635.093 DM und die Hinterbliebenenbezüge mit 261.505 DM der Besteuerung.
Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin Einspruch ein, mit dem sie sich gegen den Ansatz der Hinterbliebenenbezüge wandte. Nachdem das beklagte Finanzamt die Klägerin mit Schreiben vom 15. November 2001 darauf hingewiesen hatte, dass in der rückwirkenden Vereinbarung der Zugewinngemeinschaft eine Schenkung des Erblassers auf den Todesfall zu sehen sei, setzte es die Erbschaftsteuer gegen sie mit Bescheid vom 14. Dezember 2001 auf 829.598 DM neu fest. Dabei nahm es die Zugewinnausgleichsforderung der Klägerin mit 6.173.586 DM an und zog hiervon einen Betrag von 644.476 DM ab, der als Zugewinn auf den Zeitraum vom 4. August 1993 bis zum 4. August 1994 entfalle.
Die Klägerin machte daraufhin geltend, die Zugewinnausgleichsforderung sei nach § 5 Abs. 1 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) grundsätzlich steuerfrei. Die zivilrechtlich zulässige rückwirkende Vereinbarung der Zugewinngemeinschaft sei auch erbschaftsteuerrechtlich anzuerkennen.
Das beklagte Finanzamt wies den Einspruch mit Entscheidung vom 20. November 2002 zurück und führte aus: Soweit einem Ehegatten durch Ehevertrag eine erhöhte Zugewinnausgleichsforderung verschafft werde, liege eine steuerpflichtige Schenkung auf den Todesfall vor. Eine erhöhte Ausgleichsforderung sei anzunehmen, soweit die tatsächliche Ausgleichsforderung durch die Vereinbarung eines vor dem Zeitpunkt des Vertragsabschlusses liegenden Beginns d...