Entscheidungsstichwort (Thema)
Freiwillige Nachentrichtung von Rentenbeiträgen für Angehörige keine außergewöhnliche Belastung, sondern Sonderausgabe (Vorsorgeaufwendungen)
Leitsatz (redaktionell)
1. Bei der freiwilligen Nachentrichtung von Rentenbeiträgen handelt es sich der Natur der Sache nach um Sonderausgaben (Vorsorgeaufwendungen), die nach ausdrücklicher gesetzlicher Regelung vom Abzug als außergewöhnliche Belastung ausgeschlossen sind. Der Umstand, dass die Zahlung für einen Angehörigen (Mutter) geleistet wird, ändert an dieser Zuordnung nichts.
2. Derartige Vorsorgeaufwendungen könnten im übrigen deswegen nicht als außergewöhnliche Belastung abgezogen werden, weil sie nicht durch eine gegenwärtige Notlage veranlasst sind, weder aus rechtlichen noch aus sittlichen Gründen zwangsläufig erfolgen und bei dem begünstigten Angehörigen zum Erwerb eines bleibenden Gegenwerts führen.
Normenkette
EStG § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a, § 33 Abs. 2 Sätze 1-2; BGB § 1612 Abs. 1
Nachgehend
Tatbestand
Die Mutter der Klägerin, die seit 1991 verwitwet ist, erhielt im Streitjahr 1994 von der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) nach Abzug des Krankenversicherungsanteils bis Juni eine Rente von 1.288,79 DM und ab Juli eine Rente von 1.332,53 DM ausbezahlt. Mit Bescheid vom 03.02.1994 hatte die BfA der Mutter mitgeteilt, daß sie gemäß § 282 Sozialgesetzbuch berechtigt sei, als freiwillige Beiträge bei Heiratserstattung 16.012,50 DM zur Angestelltenversicherung nachzuzahlen. Diesen Betrag zahlte die Klägerin am 28.04.1994 für ihre Mutter bei der BfA ein. Wegen dieser Nachzahlung erhält die Mutter von der BfA seit September 1995 eine zusätzliche eigene Rente von 848 DM.
In ihrer Einkommensteuererklärung für 1994 beantragte die Klägerin, die Zahlung von 16.012,50 DM an die BfA als außergewöhnliche Belastung (§ 33 Einkommensteuergesetz -EStG-) zu berücksichtigen. Mit der Begründung, diese Zahlung sei nicht zwangsläufig gewesen, lehnte der Beklagte im Einkommensteuerbescheid für 1994 vom 19.04.1995 die Anerkennung dieser Zahlung als außergewöhnliche Belastung ab.
Nachdem der Beklagte den Einspruch mit Entscheidung vom 05.02.1996 zurückgewiesen hatte, hat die Klägerin mit im wesentlichen folgender Begründung Klage erhoben:
Entgegen der Ansicht des Beklagten sei die Zahlung der 16.012,50 DM an die BfA zwangsläufig im Sinne von § 33 EStG gewesen. Das Finanzgericht Hamburg habe in seinem Urteil vom 02.02.1976 III 73/75, Entscheidungen der Finanzgerichte -EFG- 1976, 234, das nahezu die gleichen Voraussetzungen habe wie der vorliegende Streitfall, entschieden, daß eine sittliche Verpflichtung zur Zahlung einer solchen Nachzahlung bestehe, wenn die Altersversorgung des Unterstützten ohne Nachzahlung der Rentenversicherungsbeiträge unter dem Existenzminimum gelegen hätte, d.h., wenn durch die Nachzahlung der Rentenversicherungsbeiträge die unterstützte Person in die Lage versetzt werde, ohne finanzielle Hilfe von dritter Seite ihre zukünftige Existenz zu sichern. Mit der Nachzahlung werde letztlich auch zukünftig eine Entlastung der Allgemeinheit herbeigeführt. Diese vom Finanzgericht Hamburg genannten Voraussetzungen lägen im Streitfall vor. Denn die monatlichen Rentenbezüge von durchschnittlich 1.310 DM im Jahre 1994 hätten es bei einem damaligen Sozialhilfesatz von ca. 850 DM pro Person ihrer Mutter schwerlich ermöglicht, eine selbständige Existenz ohne finanzielle Hilfe Dritter zu führen. Auch aus der Sicht der Sozialträger und der Krankenkassen könne mit einer Rente von 1.300 DM im Monat dauerhaft keine Lebensführung ohne Unterstützungsleistungen staatlicher oder sozialer Einrichtungen erwartet werden. So sei z. B. für 1994 die Grenze für die sog. freie Heilfürsorge in der Krankenkasse auf 1.500 DM festgelegt worden. Im Streitjahr habe ihre Mutter vom Grunde her Ansprüche auf Wohngeld, Telefongebühren und Fernsehgebühren gehabt, keine dieser Leistungen seien von ihrer Mutter bisher beantragt oder in Anspruch genommen worden. Entgegen der Ansicht des Beklagten, wonach auch bei § 33 EStG aus Gründen der Gleichmäßigkeit der Besteuerung die Einkunftsgrenzen des § 33a EStG (im Jahr 1994: 6.000 DM) zu berücksichtigen seien, sei eine Übertragung dieser Betragsgrenzen auf § 33 EStG unzulässig. Denn die Übertragung der Betragsgrenzen von § 33a EStG auf § 33 EStG bedeutete für den Zahlenden eine vom Gesetz nicht vorgesehene zweifache Begrenzung. Einerseits müsse er die steuerliche Berücksichtigung unter Kürzung der ihm anzurechnenden zumutbaren Belastung hinnehmen; andererseits würden darüber hinaus dann noch aus einer anderen gesetzlichen Vorschrift einschränkende Höchstbeträge herangezogen. Der Bundesfinanzhof habe im Urteil vom 11.07.1990 III R 111/86, Bundessteuerblatt II 1991, 62 bestätigt, daß auch bei Zahlungen durch unterhaltsverpflichtete Dritte bei der Anwendung des § 33 EStG für die Frage, ob die unterstützte Person die Aufwendungen nicht hätte selbst leisten können, die E...