Entscheidungsstichwort (Thema)
Verlängerung von Steuererklärungsfristen
Leitsatz (redaktionell)
- Eine Fortsetzungsfeststellungsklage wegen der Ablehnung der Verlängerung von Steuererklärungsfristen kann unter dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr statthaft und zulässig sein.
- Die in dem das sog. Kontingentierungsverfahren betreffenden Erlass des FM Nordrhein-Westfalen vom 30.11.2010 (S 0320 - 1/6 - V A 2) dargestellten Verfahrensregeln, insbesondere die Verpflichtung zur Vorlage der Mandantenliste des Steuerberaters, lassen keine Ermessensfehler erkennen.
Normenkette
AO § 109 Abs. 1 S. 1, § 149 Abs. 2 S. 1; FGO §§ 102, 100 Abs. 1 S. 4
Streitjahr(e)
2010
Nachgehend
Tatbestand
Die Kläger sind als Eheleute für 2010 zusammen zur Einkommensteuer zu veranlagen. Der Ehemann erzielt als Fahrlehrer Einkünfte aus selbständiger Arbeit, die Ehefrau als Friseurmeisterin solche aus Gewerbebetrieb. Bei ihren Einkommen- und Umsatzsteuererklärungen werden sie von ihrer Prozessvertreterin beraten - einer Steuerberatungsgesellschaft GmbH. Diese ist wie in den vorangegangenen Jahren auch zur Erstellung der Steuererklärungen für 2010 beauftragt. Die Einkommen- und die jeweiligen Umsatzsteuererklärungen für diesen Veranlagungszeitraum gingen am 24.2.2012 bei dem beklagten Finanzamt ein.
Streitig ist, ob die Steuererklärungsfristen bis zum 29.2.2012 zu verlängern gewesen wären.
Mit Schreiben vom 2.1.2012 beantragte die Prozessvertreterin eine solche Fristverlängerung unter Bezugnahme auf das sog. Kontingentierungsverfahren der Oberfinanzdirektion (OFD) Rheinland. Ihre Abgabequote zum 31.12.2011 für Steuererklärungen 2010 läge bei mindestens 75 %, so dass die Voraussetzungen des Kontingentierungsverfahrens erfüllt seien.
Das Finanzamt lehnte mit Schreiben vom 17.1.2012 eine Verlängerung der Frist zur Abgabe der Steuererklärungen ab. Es sei ein Einzelfristverlängerungsantrag abgegeben worden, der jedoch nicht ausreichend begründet worden sei. Der Einspruch hatte keinen Erfolg. In der Einspruchsentscheidung vom 3.2.2012 stellt das Finanzamt darauf ab, die Kläger - bzw. ihre Prozessvertreterin - könne sich nicht auf das Kontingentierungsverfahren berufen. Grundsätzlich sei Voraussetzung für die Teilnahme an dem Kontingentierungsverfahren, dass die Steuerberater eine Liste ihrer bei nordrhein-westfälischen Finanzämtern geführten Mandanten einreichten. Dies habe die Prozessvertreterin der Klägerin nicht getan. Ohne die Mandantenliste sei aber die vorgesehene Prüfung der Kontingente nicht möglich. Weitere Gründe für eine Fristverlängerung seinen nicht geltend gemacht worden.
Mit Erlass vom 30.11.2010 (S 0320 - 1/6 - V A 2) hat das Finanzministerium (FM) Nordrhein-Westfalen ab 2011 das sog. Kontingentierungsverfahren in Nordrhein-Westfalen eingeführt. Durch dieses Verfahren soll der zeitgerechte und kontinuierliche Eingang von Jahressteuererklärungen in den steuerlich beratenen Fällen verbessert werden. Das Verfahren wird von den drei nordrhein-westfälischen Steuerberaterkammern unterstützt.
Im Rahmen des Kontingentierungsverfahrens wird die Abgabe von Steuererklärungen durch die von Beratern vertretenen Steuerpflichtigen mit der Festlegung von zeitlich und zahlenmäßig vorgegebenen Kontingenten strukturiert. Das Verfahren bezieht sich auf die Pflichtveranlagungsfälle der Veranlagungszeiträume ab 2010 und soll zunächst als Pilotierung bis zum 28.2.2013 mit der Möglichkeit einer Verlängerung andauern. Die für die Veranlagungszeiträume vor 2010 zu erstellenden Steuererklärungen bleiben in diesem Verfahren unberücksichtigt. Die Bemessung der Kontingente jedes einzelnen teilnehmenden Steuerberaters erfolgt nach der Gesamtzahl der von ihm in Nordrhein-Westfalen zu erstellenden Steuererklärungen (Pflichtveranlagungen) E, K und F. Maßgeblich sind folgende Stichtage und Quoten, bezogen auf den jeweils aktuellen Mandantenbestand zum Stichtag:
30.9. des Folgejahres: 40 %
31.12. des Folgejahres: 75 %
28./29.2. des Folgejahres: 100 %
Bei der Bemessung der Kontingente werden Fälle nicht berücksichtigt, in denen Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft erzielt werden.
Eine erfolgreiche Teilnahme am Kontingentierungsverfahren führt danach für 25 % der von dem jeweiligen Steuerberater in Nordrhein-Westfalen abzugebenden Jahressteuererklärungen E, K und F ohne Weiteres zu einer sanktionsfreien Fristverlängerung bis zum 28./29.02. des Zweitfolgejahres, ohne dass es dazu eines Fristverlängerungsantrags bedarf.
Die Teilnahme eines Angehörigen der steuerberatenden Berufe am Kontingentierungsverfahren erfolgt auf freiwilliger Basis. Das Verfahren ist zunächst für 300 bis 500 teilnehmende Steuerberater konzipiert. Es besteht kein Rechtsanspruch auf die Teilnahme am Verfahren.
Mit der Teilnahme verbunden ist die Zustimmung zu den vorgegebenen Verfahrensregeln. Die Zustimmung beinhaltet insbesondere die Einwilligung in die Nutzung der Beraternummer zur Bestimmung der Kontingente, zur Durchführung des Verfahrens...