vorläufig nicht rechtskräftig

Revision zugelassen durch das FG

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Energiesteuerentlastung: Verwendung von Dieselkraftstoff zum Beheizen von Omnibussen – Voraussetzung eines besonderen wirtschaftlichen Bedürfnisses – Vereinbarkeit mit Unionsrecht

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Stellt sich der Einsatz von Dieselkraftstoff zum Verheizen als einzig sinnvolle wirtschaftliche Alternative dar, ist – ohne dass der Finanzbehörde insoweit ein Beurteilungsspielraum einzuräumen wäre - ein die Energiesteuerentlastung rechtfertigendes besonderes wirtschaftliches Bedürfnis im Sinne des § 49 Abs. 1 EnergieStG für dessen Verwendung anzunehmen.
  2. Dies ist für die Verwendung von Dieselkraftstoff in den Standheizungen der Omnibusse eines kommunalen ÖPNV-Unternehmens zu bejahen, wenn die Kosten für den Einbau gesonderter Heizöltanks in mehr als 100 Bussen völlig außerhalb eines wirtschaftlich vertretbaren Verhältnisses zu der Energiesteuerentlastung stehen.
  3. Der Energiesteuerentlastung nach § 49 Abs. 1 EnergieStG stehen keine Vorschriften des Unionsrechts entgegen.
 

Normenkette

EnergieStG § 49 Abs. 1; RL 2003/96/EG; RL 95/60 Art. 1 Abs. 1-2

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 31.05.2016; Aktenzeichen VII R 23/14)

BFH (Urteil vom 31.05.2016; Aktenzeichen VII R 23/14)

 

Tatbestand

Die Klägerin betrieb als kommunales Dienstleistungsunternehmen den öffentlichen Personennahverkehr mit Omnibussen, die mit Dieselmotoren angetrieben wurden. Für das Beheizen ihrer zahlreichen Busse mit Standheizungen verwendete sie Dieselkraftstoff (DK).

Auf Antrag der Klägerin vom 05.04.2012 vergütete ihr der Beklagte mit Bescheid vom 10.05.2012 für das Jahr 2011 nach § 49 des Energiesteuergesetzes (EnergieStG) für den zum Beheizen der Busse (75 Gelenkbusse und 41 Midi- bzw. Solobusse) eingesetzten DK die Energiesteuerdifferenz zum Steuersatz für gekennzeichnetes schwefelarmes Heizöl (HEL) in Höhe von 20.099,93 €. Die Steuerentlastung erfolgte unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.

Zur Begründung ihres auf amtlichem Vordruck gestellten Antrags hatte die Klägerin Listen ihrer Busse vorgelegt, in denen der Kraftstoffverbrauch unter Berücksichtigung der Betriebsdauer der Heizungen und deren stundenweisem Verbrauch je Bus ermittelt waren. Die Betriebsdauer der Heizungen entnahm die Klägerin den Angaben aus der elektronischen Fahrzeugsteuerung der jeweiligen Busse.

Den in gleicher Weise verfassten Antrag der Klägerin vom 26.02.2013 für das Jahr 2012 nach § 49 EnergieStG, nunmehr für 63 Midi- bzw. Solobusse und 78 Gelenkbusse über insgesamt 13.839,80 € Energiesteuer, lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 26.03.2013 ab und forderte die für 2011 ausgezahlte Entlastung in voller Höhe zurück. Dazu führte er aus: Die Entlastung nach § 49 Abs. 1 EnergieStG setze neben den sonst gegebenen Voraussetzungen ein besonderes wirtschaftliches Bedürfnis für die Verwendung ungekennzeichneten Gasöls voraus. Damit habe der Gesetzgeber die Entlastung auf besondere, außergewöhnliche Sachverhalte beschränken wollen. Diese lägen beim Omnibusverkehr nicht vor, da der Unternehmer von vornherein einen zweiten Tank für HEL zum Betrieb der Standheizungen hätte einbauen lassen können. Gerade im Nutzfahrzeugbau gebe es insoweit große Wahlmöglichkeiten. Da die Klägerin sich auf den Einsatz von DK beschränkt habe, habe sie von ihren wirtschaftlichen Wahlmöglichkeiten keinen Gebrauch gemacht. Damit entfalle auch das besondere wirtschaftliche Bedürfnis.

Dagegen legte die Klägerin fristgerecht Einspruch ein und trug zur Begründung vor, schon ihrem Entlastungsantrag für 2010 habe der Beklagte nach erster Ablehnung auf ihren Einspruch stattgegeben. Damals habe sie vorgetragen, für sie sei es zu aufwändig und wirtschaftlich unvertretbar, ihre ca. 130 Busse mit jeweils einem eigenen Heizölkreislauf (separater Tank und separate Leitungen) nachzurüsten. Zudem müsse sie ein zusätzliches Heizöllager auf ihrem Betriebsgelände aufbauen und die automatische Tankanlage modifizieren. Diese Maßnahmen könnten sich während ihrer Nutzungsdauer nicht amortisieren.

Als Unternehmen des öffentlichen Personennahverkehrs diene sie der Daseinsvorsorge und arbeite – anders als etwa kommerzielle Reisebusunternehmen – nicht kostendeckend. Sie könne daher den Umbau der Busse nicht aus ihren Gewinnen finanzieren. Vielmehr würden ihre Verluste durch Steuergelder finanziert.

Auch habe sie, nachdem ihrem Antrag für 2010 stattgegeben worden sei, auf diese Auslegung vertraut.

Mit Einspruchsentscheidung vom 05.08.2013 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück und führte dazu aus: Das für die Entlastung nach § 49 Abs. 1 und 3 EnergieStG erforderliche besondere wirtschaftliche Bedürfnis sei auf besondere, d.h. außergewöhnliche Sachverhalte begrenzt und bedinge eine von ihm zu treffende Ermessensentscheidung.

Im Rahmen dieses Ermessens gehe er davon aus, dass ein derartiges Bedürfnis nur beim Schienenverkehr gegeben sei, da die dortigen Versorgungseinrichtungen der Fahrzeuge auf DK ausgerichtet seien und eine zweite E...

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