Entscheidungsstichwort (Thema)
Fondsgebundene Lebensversicherung gegen Einmalbeitrag
Leitsatz (redaktionell)
Eine fondsgebundene Lebensversicherung gegen Einmalbeitrag ist ungeachtet der Auswahlmöglichkeit zwischen mehreren nicht an der Börse gelisteter versicherungsinterner Fonds kein zur transparenten Besteuerung der laufenden Kapitalerträge führender vermögensverwaltender Versicherungsvertrag i.S d. § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 5 EStG, wenn der Einmalbeitrag nicht nach Weisung des Versicherungsnehmers separat für konkrete Wertpapiere/ Anlagegüter verwendet wird und für ihn keine Dispositionsmöglichkeit über die Anlagepolitik des Fonds besteht.
Normenkette
EStG § 20 Abs. 1 Nr. 6 Sätze 1, 5-6
Tatbestand
Der Kläger ist der Alleinerbe/ Gesamtrechtsnachfolger seines im September 2013 verstorbenen Bruders (im folgenden: B), eines ledigen Diplomingenieurs. B wurde für die Jahre bis 2012 bei dem Beklagten (im folgenden: Finanzamt) einzeln zur Einkommensteuer veranlagt, regelmäßig erklärungsgemäß entsprechend den selbst erstellten Einkommensteuererklärungen.
Im Juli 2014 teilte der Kläger dem Finanzamt mit, dass er bei der Durchsicht der Unterlagen des B festgestellt habe, dass dieser erzielte Kapitalerträge aus ausländischen Bankverbindungen in erheblicher Höhe bisher steuerlich nicht erklärt habe. Daraufhin führte das Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung ein Ermittlungsverfahren zur Feststellung der steuerlichen Verhältnisse des B durch. Aus den nachgereichten Unterlagen ergab sich, dass B bei der Bank A bis April 2011 zwei Depots unterhalten hatte. Die hieraus erzielten Erträge sind unstreitig und inzwischen nachversteuert worden.
Im April 2011 hatte B sämtliche Vermögensanlagen aus beiden Depots (im Wesentlichen 2 Fonds ...) verkauft, die Depots aufgelöst und den Erlös hieraus (rund 3,4 Mio. €) anschließend --nach Abzug einer „Beitrittsgebühr” von 2,47 %-- als Einmalbetrag in einen fondsgebundenen Lebensversicherungsvertrag eingezahlt. Dabei handelte es sich um den Lebensversicherungsvertrag „L-Vertrag” bei der Lebensversicherung L . Hierzu enthalten die Allgemeinen Versicherungsbedingungen der fondsgebundenen Lebensversicherung (im folgenden: AVB) u. a. folgende Bestimmungen:
...
Mit dem von B eingezahlten Einmalbetrag wurden ausschließlich Anteile des Fonds „F”... erworben ...
Der Lebensversicherungsvertrag war auf das Lebens des B und eine Laufzeit von 20 Jahren abgeschlossen; in den Unterlagen (auf deutsche Steuerpflichtige bezogen) wurde deutlich darauf hingewiesen, dass nach einer Laufzeit von mindestens 12 Jahren und nach Vollendung des 60. Lebensjahres des Versicherungsempfängers bei Rückkauf eine Steuerbegünstigung eintrete, wonach der Ertrag nur zu 50 % einkommensteuerlich berücksichtigt werde. Im Todesfall seien die Leistungen einkommensteuerfrei. Die Rückkaufswerte der Lebensversicherung (diese entsprachen jeweils dem Wert der Fondsanteile) entwickelten sich wie folgt:
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31.12.2011 |
31.12.2012 |
31.12.2013 |
Rückkaufswert |
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Wert Fonds-Anteil |
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Im März 2014 erhielt der Kläger schließlich als Erbe des B als Versicherungsleistung € ausgezahlt.
Die Fahndungsprüferin nahm zur Kenntnis, dass es sich bei F um einen „Versicherungsfonds für interne kollektive Fonds” handele und dass seitens des B keine Transaktionen (z. B. weitere Prämienzahlungen, Rückkäufe, Umschichtungen) erfolgt waren. Sie teilte dem Klägervertreter mit, sie halte Erträge aus dem F-Fonds für steuerpflichtig, entweder in nachgewiesener tatsächlicher Höhe (bei einem transparenten Fonds) oder - falls es sich um einen intransparenten Fonds handele - jeweils in Höhe von 6 % des Wertes zum Jahrsende. Um letzteres zu prüfen, bat sie um Mitteilung der ISIN-Nummer des Fonds. Hierzu wurde ihr ein Schreiben der Lebensversicherung L übersandt, worin es heißt:
„Wir bestätigen hiermit, dass einen internen kollektiven Fonds keine offizielle ISIN-CODE hat, da es sich um einen internen Versicherungsvertrag von L handelt. Außerdem unterliegt die Todesfallleistung einer Lebensversicherung nicht der Besteuerung nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG (...).”
Hiernach ging die Prüferin davon aus (Prüfungsbericht vom 3.2.2016), im Streitfall liege ein sog. vermögensverwaltender Versicherungsvertrag i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG) vor. In dem Versicherungsvertrag sei nämlich die gesonderte Verwaltung von speziell für diesen Vertrag zusammengestellten Kapitalanlagen vereinbart; die Verwaltung sei auch nicht beschränkt auf öffentlich vertriebene Investmentfondsanteile oder Anlagen, die die Entwicklung eines veröffentlichten Index abbilden. Außerdem habe B als wirtschaftlich Berechtigter zumindest mittelbar über die Veräußerung der zugrundeliegenden Vermögensgegenstände und die Wiederanlage der Erlöse entscheiden können. Denn B habe die Bank A als Vermögensverwalterin beauftragt, mit der er bereits eine jahrelange Geschäftsbeziehung unterhalten habe. B habe außerdem einen Wechsel in der Person des Vermögensverwalters verlangen können und ein...