Entscheidungsstichwort (Thema)
Spekulationsgewinn bei Überschüssen aus Glattstellungsgeschäften; Glattstellungsgeschäft; Spekulationsgewinn; Optionseinräumung; Closing-Transaktion; Börsenterminhandel
Leitsatz (redaktionell)
- Überschüsse aus Glattstellungsgeschäften zuvor erworbener Optionen, bei denen der Optionsnehmer unter Erlöschen der gegenseitigen Rechte gegen Zahlung einer Prämie dem vorherigen Stillhalter eine Option mit identischem Basiswert und gleicher Laufzeit einräumt (Closing-Transaktion), sind bei Unterschreitung der 6-Monats-Frist des § 23 Abs. 1 Nr. 1b EStG a. F. zwischen Erwerb und Glattstellung als Spekulationsgewinn zu versteuern.
- Überschüsse aus der Glattstellung zuvor erworbener Optionen, bei denen der Stillhalter nunmehr von dem bisherigen Optionsnehmer gegen Zahlung einer Prämie eine Option erwirbt, stellen demgegenüber nach § 22 Nr. 3 EStG steuerbare Leistungen des Stillhalters dar.
- Die Besonderheiten des Optionshandels an der vollelektronischen Deutschen Terminbörse (kein Sekundärmarkt) stehen dieser Beurteilung nicht entgegen.
Normenkette
EStG 1994 § 22 Nrn. 2-3, § 23 Abs. 1 Nr. 1b
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist die Steuerpflicht von Überschüssen aus Optionsgeschäften an der Deutschen Terminbörse (DTB).
Die Kläger sind Eheleute, die zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden. Im Streitjahr 1994 tätigte die Klägerin sog. Optionsgeschäfte an der DTB. Dabei erwarb sie u.a. in drei Fällen das Recht, innerhalb einer bestimmten Frist oder zu einem bestimmten Termin Wertpapiere zu einem festgelegten Basispreis zu kaufen (sog. long call). Ferner erwarb sie siebenmal das Recht, innerhalb einer bestimmten Frist oder zu einem bestimmten Termin Wertpapiere zu einem festgelegten Basispreis zu verkaufen (sog. long put). Für die Optionsrechte zahlte sie Optionsprämien von zusammen 225.530,00 DM. In vier Fällen verpflichtete sie sich als Verkäuferin von Kaufoptionen (sog. short call) innerhalb der Laufzeit jederzeit auf Anforderung des Käufers Basiswerte zum vereinbarten Basispreis zu verkaufen. Als Verkäuferin von Verkaufsoptionen (sog. short put) verpflichtete sich die Klägerin siebenmal, auf Anforderung des Käufers zur Abnahme von Wertpapieren zum vereinbarten Basispreis. Als Verkäuferin der Kauf- und Verkaufsoptionen erhielt sie Optionsprämien i.H. von insgesamt 246.021,48 DM. Jeweils innerhalb von sechs Monaten nach Erwerb oder Einräumung der einzelnen Optionen schloss die Klägerin ein sog. Glattstellungsgeschäft ab. Dabei erhielt sie für die glattgestellten von ihr zuvor erworbenen Optionen (long-Positionen) Optionsprämien i.H. von insgesamt 321.467,00 DM und zahlte bei den Glattstellungsgeschäften hinsichtlich der eingeräumten Optionen (short-Positionen) Optionsprämien von insgesamt 215.410,35 DM.
In der Anlage KSO zur Einkommensteuererklärung 1994 gab die Klägerin einen Spekulationsgewinn in Höhe von 2.290,00 DM an, der sich aus Überschüssen von An- und Verkäufen von Wertpapieren sowie aus Optionsgeschäften an der DTB, die die Klägerin als “steuerpflichtig” einstufte, zusammensetzt. Hinsichtlich der Differenz zwischen den gezahlten und den erhaltenen Optionsprämien in Höhe von 126.548,13 DM (567.488,48 DM ./. 440.940,35 DM) vertrat die Klägerin die Ansicht, es handele sich um nichtsteuerbare Erlöse. Das beklagte Finanzamt folgte dieser Rechtsmeinung nicht, sondern erfasste den Saldo von 126.548,13 DM vermindert um Bankspesen von 31.670,00 DM und das anteilige Honorar für den Anlageberater der Klägerin sowie weitere anteilige Bankgebühren in Höhe von insgesamt 26.331,37 DM als Einkünfte aus Spekulationsgeschäften gemäß § 22 Nr. 2, § 23 des Einkommensteuergesetzes (EStG).
Mit ihrer nach erfolglosem Einspruchsverfahren am 22. Mai 1998 erhobenen Klage trägt die Klägerin vor, die im Einkommensteuerbescheid 1994 erfassten Einkünfte aus Spekulationsgeschäften seien um 68.546,00 DM zu mindern. Hierbei handele es sich um den Überschuss aus den Glattstellungen, die nicht als Spekulationsgeschäfte im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 1 b) EStG zu erfassen seien. Es fehle bei den Glattstellungstransaktionen an der DTB infolge der systemtechnischen Handelsabläufe zwischen dem Kauf des Optionsrechts und der anschließenden Glattstellung an der Identität der Wirtschaftsgüter im Sinne des § 23 EStG. Diese Vorschrift, die Veräußerungsgeschäfte erfasse, setze eine Identität zwischen angeschafften und veräußerten Wirtschaftsgütern voraus. An einer solchen Nämlichkeit fehle es bei der Glattstellung von Optionen an der DTB. Eine Glattstellung stelle den Abschluss eines zum ursprünglichen Geschäft gegenläufigen Geschäfts dar, durch das Rechte und Pflichten aus dem Optionsrecht erlöschen. Durch die Glattstellung würden eine Kauf- und eine entsprechende Verkaufsposition gegeneinander aufgehoben. Auf Grund des Computerhandels, der an der DTB erfolge, könne ein Optionsrecht nur einmal Gegenstand eines Geschäftsabschlusses sein. Im Gegensatz zum traditionellen börsenmäßigen...