vorläufig nicht rechtskräftig
Revision zugelassen durch das FG
Entscheidungsstichwort (Thema)
Zahlungen zur Ablösung eines Erbbaurechts – Berücksichtigung als sofort abzugsfähige Werbungskosten
Leitsatz (redaktionell)
- Zahlungen zur Ablösung eines Erbbaurechts können als sofort abzugsfähige Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung berücksichtigt werden, wenn sie nicht erbracht werden, um die Beschränkung der Eigentümerbefugnisse zu beseitigen, sondern um mittels sachlich und zeitlich miteinander verknüpfter Verträge den Erbbauberechtigten austauschen und auf diese Weise höhere Erbbauzinsen erlangen zu können.
- Wirtschaftlich betrachtet findet in diesem Fall lediglich ein Austausch der Erbbauberechtigten statt.
Normenkette
EStG § 9 Abs. 1 S. 1, § 21 S. 1 Nr. 1; HGB § 255 Abs. 1
Streitjahr(e)
2006
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob Zahlungen zur Ablösung eines Erbbaurechts zu nachträglichen Anschaffungskosten auf den Grund und Boden oder sofort abzugsfähigen Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung (§ 21 des Einkommensteuergesetzes – EStG –) führen.
Die Kläger erzielen gemeinschaftlich Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung von unbeweglichem Vermögen. Dazu gehört insbesondere der Grundbesitz „A"straße/"B"Straße in „C”, der mit Erbbaurechten belastet ist. Mit notariellem Vertrag vom 20. Dezember 2005 (UR-Nr. ...des Notars „D” in „E”) vereinbarten die Kläger und die damaligen Erbbauberechtigten der zu diesem Zeitpunkt unbebauten Grundstücke die Aufhebung des am 31. Dezember 2057 endenden Erbbaurechts gegen Zahlung einer Abfindungszahlung i.H.v. 70.000 EUR an die Erbbauberechtigten. Mit notariellem Vertrag vom selben Tage (UR-Nr. ...) haben die Kläger einer Immobilien-Projektentwicklungsgesellschaft (jeweils selbständige) Erbbaurechte an dem zuvor genannten Grundbesitz und weiterem zu erwerbenden Grundbesitz zur Errichtung von Doppelhäusern und Reiheneigenheimen bestellt.
In ihrer Feststellungserklärung für das Jahr 2006 machten die Kläger einen Werbungskostenüberschuss i.H.v. 53.000 EUR für das unbebaute Grundstück geltend, der sich durch Subtraktion der im Januar 2006 geleisteten Abstandszahlung i.H.v. 70.000 EUR von den Erbbauzinsen i.H.v. 17.000 EUR ergab. Mit Feststellungsbescheid vom 20. August 2008 stellte der Beklagte die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung ohne Berücksichtigung der Abstandszahlung als Werbungskosten fest. Zur Begründung führte er aus, es handele sich um Anschaffungskosten auf den Grund und Boden.
Dagegen legten die Kläger fristgerecht Einspruch ein und machten geltend, die Ablösezahlung stelle Werbungskosten dar. Trotz getrennter Beurkundung seien die beiden am 20. Dezember 2005 geschlossenen Verträge als Einheit anzusehen. Die Ablöse sei nur gezahlt worden, um einen neuen Erbbauvertrag abschließen und höhere Erbbauzinsen erzielen zu können. Sie stehe in unmittelbarem Zusammenhang mit der Erzielung eines höheren Erbbauzinses. Die Entscheidung des Niedersächsischen Finanzgerichts – FG – vom 12. Februar 2003 (2 K 667/00, EFG 2003, 842) stehe dem nicht entgegen. Die Ablösezahlung habe nicht der Beseitigung der Beschränkung der Eigentümerbefugnisse gedient. Es sei lediglich der Erbbauberechtigte ausgewechselt und ein höherer Erbbauzins vereinbart worden.
Der Beklagte wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 5. Oktober 2009 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er aus, Aufwendungen zur Ablösung eines Erbbaurechts seien Anschaffungskosten und könnten weder als Werbungskosten noch als negative Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung abgezogen werden. Nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs – BFH – vom 29. Juli 1997 (IX R 89/94, BFHE 184, 80, BStBl II 1997, 772) seien Zahlungen zur Ablösung eines dinglichen Rechts eines Dritten an einem Grundstück nachträgliche Anschaffungskosten, wenn durch das dingliche Recht die Befugnisse des Eigentümers im Sinne von § 903 des Bürgerlichen Gesetzbuchs – BGB – beschränkt gewesen seien und der Eigentümer durch die Ablösezahlung die Beschränkung seiner Eigentümerbefugnisse beseitige und sich die vollständige rechtliche und wirtschaftliche Verfügungsmacht an dem Grundstück verschaffe. Im Streitfall sei das Erbbaurecht zwar abgelöst worden, um ein neues Erbbaurecht mit einem höheren Erbbauzins bestellen zu können. Um einen neuen Vertrag abschließen zu können, hätten die Kläger jedoch zunächst ihre unbeschränkten Eigentümerbefugnisse zurückerlangen müssen. Daher sei die Ablösezahlung zur Erlangung der unbeschränkten Eigentümerbefugnisse aufgewendet worden.
Die Kläger haben am 28. Oktober 2009 Klage erhoben. Sie machen gelten, die Abfindung sei gezahlt worden, um einen Wechsel des Erbbauberechtigten und damit einen höheren Erbbauzins zu erreichen. Die beiden notariellen Verträge müssten als Einheit angesehen werden. Die Abfindung müsse aus dem höheren Erbbauzins finanziert werden. Im Unterschi...