Entscheidungsstichwort (Thema)

Abgrenzung Pkw zu Lkw bei sog. Pick-ups"

 

Leitsatz (redaktionell)

Ein Kfz des Typs Opel Campo R mit einer Länge von 4980 mm, einem zulässigen Gesamtgewicht von 2550 kg, einer viersitzigen Mannschaftskabine und einer offenen Kastenladefläche von 1510 mm ist ungeachtet seiner Eignung zur Personenbeförderung nach Herstellerkonzeption, straßenverkehrsrechtlicher Einstufung und äußerem Erscheinungsbild kraftfahrzeugsteuerlich als LKW einzustufen.

 

Normenkette

KraftStG § 2 Abs. 2, § 8

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 27.03.2001; Aktenzeichen VII R 70/00)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob das Fahrzeug der Klägerin kraftfahrzeugsteuerrechtlich als Pkw oder als Lkw einzuordnen ist.

Die Klägerin ist seit der Erstzulassung am 23.04.1997 Halterin des Fahrzeuges Opel Campo-R mit Mannschaftskabine. Das Fahrzeug hat einen Dieselmotor; der Schadstoffschlüssel lautet "19". Die weiteren technischen Daten sind folgende:

Hubraum 2499 ccm

Nutzlast 985 kg

zulässiges Gesamtgewicht 2550 kg

Länge: gesamt 4980 mm; Ladefläche 1510 mm; Mannschaftskabine 2140 mm.

Zudem ist das 4-türige Fahrzeug mit einem Hardtop sowie einem abnehmbaren blauen Blinklicht ausgestattet. Das Straßenverkehrsamt stufte den Wagen als "Lkw offener Kasten" ein.

Mit Bescheid vom 20.05.1997 behandelte der Beklagte das Fahrzeug als Lkw und setzte die Jahressteuer auf 290 DM fest. Nachdem ihm die Zulassungsstelle die Fahrzeugdaten mitgeteilt hatte, stufte er den Wagen als Pkw ein und setzte mit auf § 12 Abs. 2 Nr. 4 des Kraftfahrzeugsteuergesetzes - KraftStG - gestütztem Änderungsbescheid vom 19.11.1999 die Kraftfahrzeugsteuer vom 01.01.2000 an auf 1.137 DM (45,50 DM je angefangene 100 ccm) fest.

Nach erfolglosem Einspruchsverfahren, in dessen Verlauf die Klägerin Fotos des Fahrzeugs zu den Akten gereicht hat, macht die Klägerin mit der Klage geltend, das Fahrzeug sei entsprechend der Zulassung durch das Straßenverkehrsamt weiterhin als Lkw zu besteuern. Die technischen Fahrzeugdaten seien seit dem Erstbescheid unverändert. Es handele sich um ein Einsatzfahrzeug . . . (Mechanik). Es diene dem Transport von Werkzeugen und . . ., die entlang der . . . Trasse hin und her zu transportieren seien. Außerdem müsse das Fahrzeug geländegängig sein, um in Feld und Wald gelegene . . . erreichen zu können. Der Wagen sei grundsätzlich höchstens mit ein bis zwei Personen besetzt.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

den angefochtenen Änderungsbescheid ersatzlos aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte wendet ein, die aus den Fahrzeugprospekten ersichtliche Herstellerkonzeption stelle bei den Fahrzeugen des streitigen Typs den Personentransport in den Vordergrund. Bei derartigen Fahrzeugen mit großer 4-türiger Doppelkabine und verhältnismäßig kleiner Ladefläche handele es sich um einen Pkw, der lediglich die Besonderheit aufweise, dass der Koffer- bzw. Gepäckraum grundsätzlich offen sei; ob ein Hardtop auf der Ladefläche befestigt sei, sei unerheblich. Auch die tatsächliche Verwendung eines solchen Fahrzeugs sei für die kraftfahrzeugsteuerrechtliche Einordnung unbeachtlich.

Der Senat hat den Fahrzeugprospekt des Herstellers beigezogen.

Das Gericht ist gem. § 94a der Finanzgerichtsordnung - FGO - befugt, sein Verfahren nach billigem Ermessen zu bestimmen, da der Streitwert der Klage nicht 1.000 DM übersteigt. Das Gericht macht von dieser Befugnis Gebrauch und entscheidet im schriftlichen Verfahren, weil eine mündliche Verhandlung nicht beantragt worden ist und eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung nach Aktenlage angebracht erscheint.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet.

Gem. § 12 Abs. 2 Nr. 4 KraftStG ist, wenn eine Steuerfestsetzung fehlerhaft ist, die Steuer zur Beseitigung des Fehlers neu festzusetzen. Diese Voraussetzung ist hier nicht erfüllt, da das Fahrzeug kraftfahrzeugsteuerrechtlich nicht als Pkw, sondern als Lkw einzuordnen ist.

Die verkehrsrechtliche Einstufung des Fahrzeugs durch die Zulassungsbehörde hat - anders als die Beurteilung von Besteuerungsgrundlagen technischer Art, vgl. § 2 Abs. 2 S. 2 KraftStG - keine kraftfahrzeugsteuerrechtlich bindende Wirkung (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 26.06.1997 VII R 12/97, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des BFH - BFH/NV - 1997, 810). Entscheidend für die kraftfahrzeugsteuerrechtliche Zuordnung ist vielmehr, ob das Fahrzeug ein mindestens überwiegend für die Güterbeförderung konzipiertes Fahrzeug mit vorrangiger Verwendbarkeit zur Güterbeförderung ist oder ob es seiner Bauart nach mindestens gleichrangig auch der Beförderung von Personen (einschließlich des von diesen ggf. mitgeführten Gepäcks) zu dienen geeignet und bestimmt ist (Beschluss des BFH vom 09.09.1999 VII B 9/99, BFH/NV 2000, 227). Die Abgrenzung ist unter Berücksichtigung von Bauart und Einrichtung des Fahrzeugs zu beurteilen; dabei spielen insbesondere die ursprüngliche Konzeption des Herstellers und das äußere Erscheinungsbild des Fahrzeugs eine wichtige Rolle (Urteil des BFH vom 05.05.1998 VII...

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