rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Zugangsnachweis der Bekanntgabe eines Verwaltungsakts, wenn der empfangsbevollmächtigte Steuerberater kein Posteingangs- und Fristenkontrollbuch führt
Leitsatz (redaktionell)
- Die Unterlassung der Führung eines Posteingangs- und Fristenkontrollbuchs durch einen als Empfangsbevollmächtigten bestellten steuerlichen Berater begründet keine Beweislastumkehr für den im Zweifel der Finanzbehörde obliegenden Nachweis des Zugangs eines Verwaltungsakts.
- Ein Berater oder Rechtsanwalt ist nicht verpflichtet, ein Posteingangsbuch zu führen, um seiner Verpflichtung an eine ordnungsgemäße Büroorganisation zu genügen.
Normenkette
AO § 122 Abs. 2
Streitjahr(e)
1998
Nachgehend
Tatbestand
Die Klägerin ist eine GmbH, die auf dem Gebiet der „C” tätig ist. Weil die Klägerin die Steuererklärungen 1998 nicht abgab, schätzte der Beklagte die Besteuerungsgrundlagen, setzte am 07.06.2000 die Körperschaftsteuer für 1998 und stellte das verwendbare Eigenkapital gemäß § 47 Abs. 1 Körperschaftsteuergesetz - KStG - zum 31.12.1998 entsprechend fest. Gegen den Körperschaftsteuerbescheid 1998 legte der vormalige steuerliche Berater der Klägerin am 09.06.2000 Einspruch ein.
Während des Einspruchsverfahrens änderte der Beklagte den angefochtenen Körperschaftsteuerbescheid 1998 sowie die Feststellung des verwendbaren Eigenkapitals zum 31.12.1998. Gegen beide Änderungsbescheide legte der Prozessvertreter für die Klägerin Einspruch ein. Weil die Steuererklärungen auch im Einspruchsverfahren nicht abgegeben wurden, wies der Beklagte den Einspruch gegen den Körperschaftsteuerbescheid 1998 mit Entscheidung vom 06.02.2001 als unbegründet zurück. Diese Einspruchsentscheidung wurde am 06.02.2001 mit einfachem an die Geschäftsanschrift des Prozessvertreters adressierten Brief zur Post gegeben.
Mit Entscheidung vom 06.06.2001 wies der Beklagte auch den Einspruch gegen die Feststellung des verwendbaren Eigenkapitals zum 31.12.1998 als unbegründet zurück. Am 07.06.2001 gingen bei dem Beklagten die Steuererklärungen für 1998 ein. Am 15.06.2001 rief ein Mitarbeiter des Prozessvertreters den zuständigen Sachbearbeiter bei dem Beklagten an und wies darauf hin, dass die Steuererklärungen 1998 dem Beklagten bereits seit geraumer Zeit vorlägen. Der Mitarbeiter des Beklagten erwiderte daraufhin, dass bereits am 06.02.2001 eine Einspruchsentscheidung ergangen sei, woraufhin der Mitarbeiter des Prozessvertreters erklärte, von einer solchen Entscheidung keine Kenntnis zu haben. Mit Schreiben vom gleichen Tag erklärte der Prozessvertreter, dass ihm eine frühere Einspruchsentscheidung als die vom 06.06.2001 betreffend den Bescheid gemäß § 47 Abs. 1 KStG zum 31.12.1998 nicht vorliege. Daraufhin forderte der Beklagte den Prozessvertreter auf, das Posteingangsbuch und Fristenkontrollbuch im Original vorzulegen. Weil der Prozessvertreter die angeforderten Unterlagen nicht vorlegte, forderte der Beklagte ihn förmlich auf, das Posteingangsbuch und Fristenkontrollbuch im Original vorzulegen. Gegen diese Aufforderung legte der Prozessvertreter erfolglos Einspruch ein. In einem sich anschließenden Klageverfahren (FG Düsseldorf 18 K 6556/01 AO) erklärten zwei Mitarbeiter des Prozessvertreters schriftlich gegenüber dem Finanzgericht, dass in der Praxis des Prozessvertreters kein Posteingangsbuch und kein Fristenkontrollbuch geführt werde. Darauf hob der Beklagte die Aufforderung zur Vorlage der genannten Bücher auf.
Den Eingang der Körperschaftsteuererklärung 1998 wertete der Beklagte als Antrag auf Änderung der Steuerfestsetzung, den er mit Bescheid vom 01.03.2002 unter Hinweis auf die seiner Auffassung nach bestandskräftige Einspruchsentscheidung vom 06.02.2001 ablehnte. Der Beklagte war der Ansicht, der Prozessvertreter habe den Zugang der Einspruchsentscheidung nicht substantiiert bestritten. Es könne daher sein, dass die Einspruchsentscheidung zugegangen und dann verlegt, vernichtet oder sonst wie abhanden gekommen oder unauffindbar sei. Mit dem gegen die Ablehnung gerichteten Einspruch machte der Prozessvertreter geltend, die Einspruchsentscheidung sei bei ihm nicht eingegangen. Anstelle eines Fristenkontrollbuchs werde in seiner Praxis eine Fristenmappe geführt, wodurch die Überwachung von Terminen gewährleistet werde; allerdings auch nur dann, wenn die Schriftstücke ihm tatsächlich zugegangen seien. Mit Einspruchsentscheidung vom 18.04.2002 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er aus, zwar habe die Behörde grundsätzlich den Zugang des Verwaltungsaktes nachzuweisen. Angesichts der hohen Wahrscheinlichkeit, dass ein abgesandtes Schriftstück seinen Empfänger auch erreiche, könnten bestimmte Verhaltensweisen des Steuerpflichtigen dazu führen, dass im Wege einer freien Beweiswürdigung von einem Zugang des Verwaltungsaktes ausgegangen werden müsse. Hätte der Prozessvertreter ein Posteingangsbuch oder ein Fristenkontrollbuch geführt, wäre ihm ein s...