vorläufig nicht rechtskräftig
Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH [IV R 22/21)]
Entscheidungsstichwort (Thema)
Zum Vorliegen einer einheitlichen, mehrgemeindlichen Betriebsstätte, zur Anwendung des Verhältnisses der Arbeitslöhne als Regelzerlegungsmaßstab und zur Anordnung der Teilnahme eines Gemeindebediensteten an einer Außenprüfung sowie zur Änderung nach § 173 Abs. 1 AO
Leitsatz (redaktionell)
- Der Regelzerlegungsmaßstab des Verhältnisses der Arbeitslöhne ist auch bei einem Unternehmen anzuwenden, das ein von der Betriebszentrale räumlich getrenntes Rohrleitungsnetz zum Transport von Gütern betreibt.
- Die für eine einheitliche, mehrgemeindliche Betriebsstätte zu fordernde besonders enge wirtschaftliche, technische und organisatorische Verbindung zwischen der Betriebszentrale und dem Leitungsnetz liegt nicht vor, wenn in der Hauptverwaltung zu einem wesentlichen Teil von dem Betrieb der Rohrleitung unabhängige Dienstleistungen gegenüber Drittunternehmen erbracht werden (Abgrenzung zur BFH-Rspr. zu Elektrizitätsunternehmen).
- Der Umstand, dass in den weiteren Belegenheitsgemeinden des Leitungsnetzes keine Arbeitslöhne angefallen sind, rechtfertigt keine offenbare Unbilligkeit des von § 29 GewStG vorgegebenen Aufteilungsmaßstabes.
Normenkette
GewStG § 28 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 2, § 29 Abs. 1 Nr. 1, § 33 Abs. 1 S. 1, Abs. 2
Nachgehend
Tatbestand
Die Klägerin betreibt eine Rohrleitung zum Transport von Gütern . Das Rohrleitungsnetz führt u.a. durch Deutschland ...
Die Geschäftsleitung und die Verwaltung der Klägerin befanden sich zunächst in der Stadt F und von…bis…in A-Stadt , wo die Klägerin im Jahr 2010 (Streitjahr) neben dem Geschäftsführer…Mitarbeiter beschäftigte, von denen wiederum…Mitarbeiter die Klägerin und die weiteren Mitarbeiter Rohrfernleitungsanlagen dritter Unternehmern betreuten. In E-Stadt , D-Stadt , B-Stadt und C-Stadt befinden sich oberirdische Absperrarmaturen zur Einspeisung und Abgabe von Gütern . In B-Stadt befindet sich zudem eine…Station.
Die Überwachung und Steuerung der Güter-Rohrleitung und der Absperrarmaturen erfolgt durch die Betriebszentrale in…Kunden der Klägerin sind ausschließlich die an die Rohrleitung angeschlossenen Unternehmen. Bei diesen handelt es sich sowohl um Einspeiser als auch Abnehmer. Daneben existieren Anschlüsse unter anderem in…Hauptkunden der Klägerin sind neben ihren Gesellschaftern insbesondere…Die Klägerin ist Eigentümerin des in Deutschland verlaufenden Teils der Rohrleitung. Das Eigentum reicht bis zur ersten Schweißnaht nach ihrer Absperrarmatur. Danach steht der weitere Teil der Rohrleitung mitsamt der betrieblichen Vorrichtungen im Eigentum des jeweils Angeschlossenen.
Hinsichtlich der Zerlegung des Gewerbesteuermessbetrages bestand eine Vereinbarung vom 22.06.1992 zwischen der Klägerin, den Beigeladenen zu 2) bis 5) und der Stadt F . Diese war zunächst bis zum 31.12.1997 befristet und verlängerte sich danach automatisch um jeweils ein weiteres Kalenderjahr. Diese Vereinbarung sah vor, dass zunächst 25 % des Gewerbesteuermessbetrages zu gleichen Anteilen auf die an der Zerlegung beteiligten Gemeinden zerlegt wurden. Die übrigen 75 % des Gewerbesteuermessbetrages wurden auf die an der Zerlegung beteiligten Gemeinden nach der anteiligen Menge…zerlegt, die in dem in der jeweiligen Gemeinde gelegenen Betriebsanteil eingespeist und/oder entnommen wurde. Nach übereinstimmendem Vortrag der Beteiligten hat die Beigeladene zu 1) dieser Vereinbarung nie zugestimmt.
In der Erklärung zur Zerlegung des Gewerbesteuermessbetrags für das Streitjahr nahm die Klägerin die Zerlegung auf der Grundlage der Vereinbarung vom 22.06.1992 vor. Wegen der Verlegung des Sitzes der Gesellschaft von F nach A-Stadt wurde in der Erklärung anstelle der Stadt F die Beigeladene zu 1) angeführt. Mit Bescheid vom 16.01.2012, der keinen Vorbehalt der Nachprüfung enthielt, zerlegte der Beklagte den Gewerbesteuermessbetrag entsprechend der von der Klägerin am 23.08.2011 eingereichten Erklärung.
Für die Jahre 2010 bis 2012 fand bei der Klägerin im Jahr 2014 eine steuerliche Außenprüfung durch die Betriebsprüfung statt, zu der die Betriebsprüfung mit Schreiben vom 10.04.2014 der Klägerin mitteilte, die Beigeladene zu1) mache von ihrem Recht auf Teilnahme an der Außenprüfung nach § 21 Abs. 3 des Finanzverwaltungsgesetzes (FVG) Gebrauch. Ein Rechtsmittel gegen die Teilnahme legte die Klägerin nicht ein. Der Prüfer der Betriebsprüfung kam im BP-Bericht vom 16.03.2016 zu dem Ergebnis, dass die Beigeladene zu 1) der Vereinbarung vom 22.06.1992 nie zugestimmt habe und auch nicht als Rechtsnachfolgerin der Stadt F angesehen werden könne. Der Prüfer vertrat weiterhin die Auffassung, dass der Beigeladenen zu 1) 100 % des Gewerbesteuermessbetrages zustünden, da nur bei der Geschäftsleitung/Verwaltung in A-Stadt Arbeitnehmer der Klägerin tätig gewesen seien.
Der Beklagte erließ am 23.06.2016 einen entsprechenden Änderungsbescheid. Ausweislich des Besc...