Entscheidungsstichwort (Thema)
Widerruf der Annahme einer Zollanmeldung: Zollamtliche Überwachung der Einfuhr von Nicht-Unionswaren im Postverkehr
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Annahme der Zollanmeldung eines im Postverkehr aus einem Drittland eingeführten Solar-Ladegeräts kann widerrufen werden, wenn das Gerät wegen mangelnder Produktsicherheit und Nichterfüllung der aus dem ElektroG, der ElektroStoffV und dem ProdSG folgenden Pflichten des Herstellers oder Vertreibers weder überlassen noch in den zollrechtlich freien Verkehr übergeführt werden darf und die Annahme der Zollanmeldung daher hätte abgelehnt werden müssen.
2. Im Rahmen eines den Widerruf der Annahme einer Zollanmeldung betreffenden Rechtsstreits obliegt die Beurteilung der Vorschriften des ElektroG, der ElektroStoffV und des ProdSG dem Finanzgericht.
Normenkette
ZollVG § 7 Abs. 1 Nrn. 3, 5; UZK Art. 5 Nrn. 16, 26, Art. 22 Abs. 4, Art. 27 Abs. 1, Art. 28 Abs. 1 Buchst. a, Abs. 4 Unterabs. 1, Art. 188 Buchst. c, Art. 194 Abs. 1 Unterabs. 1, Art. 201 Abs. 1, 2 Buchst. c, Abs. 3; AO § 128 Abs. 1; ProdSG § 1 Abs. 1, § 2 Nrn. 4, 22, 26, § 3 Abs. 1, § 6 Abs. 1 Nrn. 1-3, § 7 Abs. 2 Nr. 2, § 8 Abs. 1, § 39 Abs. 1 Nrn. 3, 6, 7 Buchst. A; ElektroG § 2 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2, § 3 Nr. 1 Buchst. b, Nrn. 4, 7-8, § 9 Abs. 1-2, § 28 Abs. 2, § 40 Abs. 1 Nr. 8; ElektroStoffV § 1 Abs. 1 Nr. 3, § 2 Nr. 1, § 5 Abs. 2, § 7 Abs. 5, § 12 Abs. 1-2, § 14 Abs. 1, 2 Nr. 3; GVG § 17 Abs. 2 S. 1
Tatbestand
Am 09.02.2017 gestellte die Post beim Zollamt des Beklagten (ZA) ein an den Kläger adressiertes Einschreibepäckchen aus dem außereuropäischen Ausland, in dem nach der Ersatzzollinhaltserklärung eine Lebensretter-Batterie und nach der Auftragsbestätigung ein mit Solarzellen betriebener Akkumulator zum Aufladen elektrischer Geräte nebst Kabelbehälter und Anschlusskabeln (Solar-Ladegerät) enthalten war. Nach den Angaben auf der Verpackung ist das Solar-Ladegeräte für den Einsatz im Freien geeignet und kann bis zu vier andere Geräte (zB. Tablets, Smartphones, Action-Kameras und Smart-Uhren) über USB-Anschlüsse gleichzeitig laden. Es verfügt über vier USB-Anschlusskabel.
Die Post teilte dem Kläger die Gestellung der Ware beim ZA mit.
Das ZA nahm die Ware in Augenschein und unterrichtete nach Art. 27 Abs. 3 der Verordnung /EG) Nr. 765/2008 des Europäische Parlaments und des Rates vom 09.07.2008 über die Vorschriften für die Akkreditierung und Marktüberwachung im Zusammenhang mit der Vermarktung von Produkten und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 339/93 des Rates – VO 765/2008 – die zuständige Marktüberwachungsbehörde, die Bezirksregierung mit Fotos vom Zustand der Ware, da eine CE-Kennzeichnung und eine sonstige Kennzeichnung fehle oder zweifelhaft sei und Konformitäts- oder Herstellererklärungen fehlten oder zweifelhaft seien.
Mit Schreiben vom 21.02.2017 teilte die Bezirksregierung dem ZA daraufhin folgende Umstände mit, die der Freigabe des Solar-Ladegeräts entgegenstünden:
1. Der Ware fehlt die nach § 9 Abs. 2 des Gesetzes über das Inverkehrbringen, die Rücknahme und die umweltverträgliche Entsorgung von Elektro- und Elektronikgeräten (Elektro- und Elektronikgerätegesetz – ElektroG) in Verbindung mit Anhang 3 des Gesetzes vorgeschriebene Kennzeichnung mit dem Symbol der durchgestrichenen Abfalltonne auf dem Gerät.
2. Der Ware fehlt die nach § 9 Abs. 1 ElektroG vorgeschriebene Kennzeichnung zur Feststellung, dass das Gerät erstmals nach dem 13.08.2005 in einem Mitgliedstaat der EU in Verkehr gebracht wurde.
3. Auf der Ware fehlt die nach §§ 5 Abs. 2, 7 Abs. 5 der Verordnung zur Beschränkung der Verwendung gefährlicher Stoffe in Elektro- und Elektronikgeräten (Elektro- und Elektronikgeräte-Stoff-Verordnung – ElektroStoffV) erforderliche Angabe des Herstellers bzw. Importeurs, seiner eingetragenen Firma oder seiner Marke und seiner Anschrift bzw. einer zentralen Stelle, unter der der Hersteller bzw. Importeur kontaktiert werden kann.
4. Der Ware fehlt die nach § 12 Abs. 1 und 2 ElektroStoffV erforderliche CE-Kennzeichnung.
5. Der Ware fehlt die nach § 28 Abs. 2 ElektroG erforderliche Angabe zum Typ und chemischen System der enthaltenen Batterie bzw. des enthaltenen Akkumulators sowie zu seiner sicheren Entnahme auf dem Gerät, der Verpackung oder Bedienungsanleitung.
6. Der Ware fehlt die nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 des Gesetzes über die Bereitstellung von Produkten auf dem Markt (Produktsicherheitsgesetz – ProdSG) erforderliche Angabe des Namens und der Kontaktanschrift des Herstellers, des Bevollmächtigten oder des Einführers.
7. Der Ware fehlt die nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 ProdSG erforderliche eindeutige Kennzeichnung zur Identifikation des Verbraucherprodukts.
8. Der Ware fehlt die gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1 in Verbindung mit § 3 Abs. 4 ProdSG erforderliche Bedienungsanleitung in deutscher Sprache.
Das ZA teilte dem Kläger mit Schreiben vom 28.02.2017 unter Übersendung der Beanstandungen der Bezirksregierung mit, dass die Ware nicht in den zollrechtlich freien Verkehr überführt werden dür...