Entscheidungsstichwort (Thema)
Kraftfahrzeugsteuer-Ermäßigung wegen Schwerbehinderung bei Zuteilung eines sog. Oldtimer-Kennzeichens
Leitsatz (redaktionell)
Die Ermäßigung der Kraftfahrzeugsteuer wegen Schwerbehinderung kann auch für den Steuertatbestand der Zuteilung eines Oldtimer-Kennzeichens beansprucht werden.
Normenkette
KraftStG § 1 Abs. 1 Nr. 4 S. 1, § 3a Abs. 2, § 9 Abs. 4
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob die Kraftfahrzeugsteuer für ein Fahrzeug, dem ein Oldtimer-Kennzeichen zugeteilt worden ist, nach § 3a Abs. 2 des Kraftfahrzeugsteuergesetzes - KraftStG - ermäßigt werden kann.
Der Kläger ist zu 70 % schwer behindert und Inhaber eines Schwerbehindertenausweises mit dem Merkzeichen G; er nimmt nicht das Recht zur unentgeltlichen Beförderung in Anspruch. Der Kläger ist Halter eines Pkw Mercedes SL mit amtlichem Kennzeichen . . . , für das er in der Vergangenheit eine Steuerermäßigung wegen Schwerbehinderung gemäß § 3a Abs. 2 KraftStG auf 50 % in Anspruch genommen hat. Am 26.6.2000 wurde auf den Kläger darüber hinaus ein Pkw, Baujahr 1931, zugelassen; das Fahrzeug erhielt das Oldtimer-Kennzeichen . . . Der Kläger beantragte, den Pkw Mercedes SL nunmehr wieder dem vollen Steuertarif zu unterwerfen und stattdessen den Oldtimer ermäßigt (50 % von 375 DM) zu besteuern. Der Beklagte setzte jedoch mit Bescheid vom 26.7.2000 die Kraftfahrzeugsteuer für den Oldtimer auf 375 DM fest. Mit - nicht mit Rechtsmittelbelehrung versehenem - Schreiben vom gleichen Tag führte der Beklagte aus, eine Steuervergünstigung wegen Schwerbehinderung komme nicht in Betracht. Entsprechend dem Urteil des Finanzgerichts - FG - Köln vom 16.2.2000 6 K 6982/98, Umsatz- und Verkehrssteuerrecht - UVR - 2000, 232, setze § 3a Abs. 2 KraftStG eine Besteuerung des "Haltens" eines Fahrzeuges voraus; hier sei Besteuerungsgegenstand aber die "Zuteilung" des Oldtimer-Kennzeichens.
Nach erfolglosem Einspruchsverfahren gegen die Ablehnung der Gewährung der beantragten Steuervergünstigung verfolgt der Kläger sein Begehren mit der Klage weiter. Er ist der Ansicht, die gesetzliche Steuervergünstigung gelte auch für Schwerbehinderte, auf die ein Oldtimer zugelassen sei. Die vom Beklagten vorgenommene einschränkende Auslegung rechtfertige sich weder aus Wortlaut noch aus Entstehungsgeschichte, Zweck oder Gesetzeszusammenhang der Vorschrift. Der Kläger verweist hierzu auf das Urteil des FG Hamburg vom 7.12.1999 VII 147/99, Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 2000, 1098.
Der Kläger beantragt,
den ablehnenden Bescheid des Beklagten vom 26.7.2000 und die Einspruchsentscheidung vom 29.8.2000 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, den Bescheid über Kraftfahrzeugsteuer betreffend das Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen dahin zu ändern, dass die Steuer für die Zeit ab dem 26.6.2000 auf jährlich 187 DM festgesetzt wird,
hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet.
Der Beklagte ist verpflichtet, durch Erlass eines Änderungsbescheides i.S.v. § 12 Abs. 2 Nr. 2 KraftStG die beantragte Steuervergünstigung zu gewähren.
Gemäß § 9 Abs. 4 i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 4 S. 1 KraftStG beträgt die Jahressteuer bei Zuteilung eines Oldtimer-Kennzeichens 375 DM.
Nach § 3 a Abs. 2 KraftStG ermäßigt sich die Steuer um 50 v.H. für Kraftfahrzeuge, solange die Fahrzeuge für Schwerbehinderte zugelassen sind, die durch einen Ausweis i.S.d. Schwerbehindertengesetzes mit orangefarbenem Flächenaufdruck nachweisen, dass sie die Voraussetzungen des § 59 Abs. 1 S. 1 des Schwerbehindertengesetzes erfüllen. Die Steuerermäßigung wird nicht gewährt, solange der Schwerbehinderte das Recht zur unentgeltlichen Beförderung nach § 59 des Schwerbehindertengesetzes in Anspruch nimmt.
Die Voraussetzungen für diese Vergünstigungsvorschrift sind sämtlich erfüllt. Der Oldtimer ist ein Kraftfahrzeug, das auf den Kläger zugelassen ist, der über den i.S. obiger Regelung erforderlichen Schwerbehindertenausweis verfügt und nicht das Recht zur unentgeltlichen Beförderung in Anspruch nimmt.
Versteht man die Norm des § 3 a Abs. 2 KraftStG dahin, dass sie - obwohl dort nicht ausdrücklich bestimmt - wegen ihres Zusammenhangs mit der Grundnorm des § 3a Abs. 1 KraftStG ebenso wie diese darüber hinaus ein "Halten" des Fahrzeugs voraussetzt, so ist auch dieses Erfordernis erfüllt.
Der Begriff des "Haltens" (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 KraftStG) knüpft an das Recht zur Benutzung des Fahrzeugs an, bei zulassungspflichtigen Fahrzeugen an das Innehaben der Zulassung (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 13.1.1987 VII R 147 - 150/84, Bundessteuerblatt II 1987, 272). Eine Zulassung wiederum erfolgt, wenn dem Fahrzeug die Betriebserlaubnis erteilt und das amtliche Kennzeichen zugeteilt worden ist, § 18 Abs. 1 der Straßenverkehrszulassungsordnung - StVZO -. Der Kläger hat für den Oldtimer eine derartige Zulassung inne. Denn ein Oldtimer-Kennzeichen wird seit der 25. VO zur Änderung der Straßenverk...