vorläufig nicht rechtskräftig
Revision zugelassen durch das FG
Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH ) [VI R 21/12]
Entscheidungsstichwort (Thema)
Heimunterbringungskosten als außergewöhnliche Belastung
Leitsatz (redaktionell)
Der als außergewöhnliche Belastung berücksichtigungsfähigen Betrag für Unterkunft und Verpflegung in einer Senioreneinrichtung aufgrund krankheitsbedingter Pflegebedürftigkeit ist auf den Betrag zu begrenzen, der auch bei Abschluss eines Pflege-Wohnvertrages nach Maßgabe des SGB XI dafür anfällt (lt. Auskunft der AOK: bei Pflegestufe III 26,20 EUR bis 50,43 EUR/Tag; Durchschnitt 38,47 EUR/Tag).
Normenkette
EStG § 33 Abs. 1, 2 S. 1; SGB XI § 71 Abs. 2, §§ 72, 75 Abs. 1, §§ 84-85
Streitjahr(e)
2004, 2005
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist die Berücksichtigung von Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung bei der Einkommensteuer für die Streitjahre 2004 und 2005.
Die am…Juni 1929 geborene Klägerin wurde zunächst zusammen mit ihrem am .... Februar 2005 verstorbenen Ehemann zur Einkommensteuer veranlagt. Im Dezember 1997 erlitt die Klägerin eine Gehirnblutung, die zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen führte. Infolge dessen wurden der Klägerin mit Bescheid des Versorgungsamtes A vom 24. November 1998 ein Grad der Behinderung mit 100 v. H. sowie die Merkzeichen G (Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt), aG (außergewöhnlich gehbehindert), B (Notwendigkeit ständiger Begleitung bei Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel) und H (Hilflosigkeit) zuerkannt. Zudem ist sie aufgrund ihrer Erkrankung als pflegebedürftig im Sinne der Pflegestufe III anerkannt worden. Zunächst wohnten die Klägerin und ihr Ehemann zusammen weiterhin in ihrer gemeinsamen Ehewohnung. Am 26. März 2003 schlossen die Eheleute mit der X GmbH in B (X) einen sogenannten Wohnstiftsvertrag über die Vermietung eines aus drei Zimmern bestehenden Apartments von 74,54 qm beginnend ab April 2003. Der Umzug in das Seniorenstift erfolgte im November 2003. Das monatliche Entgelt betrug zunächst 3.532,65 EUR und setzte sich aus dem Bestandteil Wohnen (2.527,00 EUR), Verpflegung (400,00 EUR) sowie Betreuung (605,65 EUR) zusammen. Pflegeleistungen sind nicht Gegenstand des Wohnstiftsvertrages. Zusätzlich schloss die Klägerin mit der X einen Pflegevertrag über die Erbringung von Pflegeleistungen durch den ambulanten Pflegedienst der X ab (Vertrag vom 2. April 2004), in dem sich die X zur Erbringung von Pflegesachleistungen nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) Elftes Buch (XI) - Soziale Pflegeversicherung - und zur häuslichen Krankenpflege nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - verpflichtete. Die Entgelte hierfür wurden nach Abzug der anzurechnenden Leistungen der Pflege- und Krankenversicherung der Klägerin gesondert in Rechnung gestellt.
In den Einkommensteuererklärungen wurden Aufwendungen, die mit dem Einzug in das Seniorenstift und der Pflegebedürftigkeit der Klägerin im Zusammenhang stehen, als außergewöhnliche Belastung geltend gemacht, und zwar insgesamt für 2006 solche von 67.889 EUR und für 2007 von 88.121 EUR. Der Beklagte erkannte außergewöhnliche Belastungen jeweils vor Abzug der zumutbaren Belastung für 2006 in Höhe von 20.390 EUR (Bescheid unter dem Vorbehalt der Nachprüfung vom 5. November 2008) und für 2007 von 37.580 EUR (Bescheid unter dem Vorbehalt der Nachprüfung vom 5. November 2008) an. Im Einspruchsverfahren änderte der Beklagte die angefochtenen Einkommensteuerbescheide zuletzt mit Einspruchsentscheidung vom 25. Juni 2010 und berücksichtigte für die Unterbringung der Klägerin in der Senioreneinrichtung einen Tagessatz von 50 EUR abzüglich einer Haushaltsersparnis von 7.680 EUR/Jahr sowie die nicht von der Pflegekasse erstatteten Pflegekosten einschließlich Notrufkosten in voller Höhe. Vor Abzug der zumutbaren Belastung ergaben sich danach Beträge von 19.196 EUR für 2006 und von 20.238 EUR für 2007.
Mit der Klage trägt die Klägerin vor:
Die vom Beklagten vorgenommene Kürzung der tatsächlichen Kosten für Wohnen, Betreuung und Pflege auf täglich 50 EUR, wobei anschließend noch die Haushaltsersparnis in Abzug gebracht worden sei, sei willkürlich und stünde im Widerspruch zur einschlägigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH). Bei der krankheitsbedingten Übersiedelung in ein Pflegeheim seien die tatsächlichen Kosten in voller Höhe unter Abzug der Haushaltsersparnis von 7.680 EUR/Jahr als außergewöhnliche Belastung anzuerkennen. Die Klägerin habe eine nach SGB XI anerkannte private Pflegeeinrichtung bezogen. Die Auffassung des Beklagten schmälere im Widerspruch zur Rechtsprechung die nach dem Gesetz anzuerkennenden krankheitsbedingten Aufwendungen.
Die Klägerin beantragt,
den Einkommensteuerbescheid für 2006 vom 10. Dezember 2008 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 25. Juni 2010 zu ändern und Krankheitskosten nach § 33 des Einkommensteuergesetzes (E...